
Kraus, Joseph Martin - Sonate in E-Dur
Kraus' Bereicherungen
Label/Verlag: BIS Records
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Die Klaviermusik von Joseph Martin Kraus bietet eine interessante Abwechslung zur Wiener Klassik, die vorliegende Einspielung kann aber neben zwei hervorragenden Sonaten nicht gänzlich überzeugen.
Wenn das gesamte pianistische Schaffen eines Komponisten auf einen einzigen Silberling passt, so kann es kein Mozart sein. Doch ganz so weit sind wir nicht davon entfernt, der ’schwedische Mozart’, ist sein etwas überholter und musikalisch größtenteils auch unangebrachter Spitzname, die Rede ist von Joseph Martin Kraus – in den Lebensjahren 1756-1792 Mozart näher als in weiten Teilen seiner Kompositionen.
Nun liegt also die gesamte Klaviermusik Kraus’ vor mit dem niederländischen Pianisten Ronald Brautigam, der beispielsweise mit seinen Einspielungen der Beethoven’schen Klaviersonaten hohes Interesse auf sich zog. Ein wenig mehr Nische des Repertoires und immer noch auf dem wohlklingenden Hammerflügel widmet sich Brautigam den selten gespielten Werken und wie bei vielen Werken Kraus’ muss man sich fragen, warum vor allem die beiden Hauptwerke, die Sonaten in E-Dur (VB 196) und Es-Dur (VB 195), ein derartiges Schattendasein fristen. In ihren Anlagen sind sie eine gewaltige Mischung aus Barock-Erinnerungen, Gedankengut der Klassik und romantischem Fortschritt, insbesondere jene in E-Dur mit der die CD beginnt.
Flexibel den musikalischen Gedanken Kraus’ folgend lässt sich Brautigam auf die nicht immer den klassischen Formen gehorchenden Melodien ein und präsentiert mit seinem historisch angehauchten Hammerflügelklang eine ansehnliche, durchweg logisch aufgebaute Interpretation. Auftrumpfend und voller Spielwitz entwickeln sich die Schlusssätze der beiden Sonaten, insbesondere die sich kreativ verstrickenden Variationen gehören zusammen mit dem ’Scherzo con variazoni’ (VB 193) zu den tänzerisch gehaltvollen Seiten dieser Einspielung.
Der Komplettierung zu einer Gesamteinspielung der Klavierwerke fehlen dann noch neben einem zurückhaltenden, sensiblen, aber auch etwas monotonen Rondo in F-Dur (VB 191) einige kleinere Werke, namentlich die etwas gehaltlosen Schwedischen Tänze VB 192, sowie ein 40sekündiges, aber in seinem Mollcharakter berührendes Larghetto VB 194 und die ’Zwey neuen Kuriosen Menuette fürs Clavier’ (VB 190). Von angekündigter Kuriosität ist hier plakativ nichts zu spüren, das informative Booklet verrät aber, dass sich Kraus hier auf Kosten eines unliebsamen Kritikers lustig macht und die banalen Entwicklungen des knappen Stückes auf ihn gemünzt sind. Nichtsdestotrotz kein humorvolles, sondern langweilendes kurzes Stück, welches auch Ronald Brautigam nicht retten kann, da er zu subtil kleine Schärfen hervorzukehren sucht.
Insgesamt besonders dank der beiden Sonaten eine interessante Entdeckung, die so manches Ungehörte für den Mozartfan (und andere) mit sich bringen dürfte, wenn auch die restlichen Werke zur Rechtfertigung als ’Gesamteinspielung’ mehr Biss, Innovation oder eindringlicher Gestaltung bedurft hätten.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Kraus, Joseph Martin: Sonate in E-Dur |
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Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
BIS Records 1 24.03.2006 |
Medium:
EAN: |
CD
7318590013199 |
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BIS Records Most record labels begin with a need to fill a niche. When Robert von Bahr founded BIS in 1973, he seems to have found any number of musical niches to fill. The first year's releases included music from the renaissance, Telemann on period instruments, Birgit Nilsson singing Sibelius and works by 29 living composers - Ligeti and Britten as well as Rautavaara and Sallinen - next to Purcell, Mussorgsky and Richard Strauss. A musical chameleon was born, a label that meant different things to different - and usually passionate - devotees. Mehr Info... |
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