
Edward H. Tarr - Trompeten für den Kaiser
Tu felix Austria
Label/Verlag: Christophorus
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Wer eine Aufnahme barocker Trompetenkunst sucht, ist mit dieser Einspielung bestens bedient.
An Veröffentlichungen barocker Trompetenkonzerte mangelt es nun wirklich nicht. Dennoch werden immer wieder Neuauflagen auf den scheinbar immer noch nicht übersättigten Markt geworfen. Jedoch: Die vorliegende Produktion 'Trompeten für den Kaiser' aus dem Christophorus-Verlag hebt sich wohltuend von der amorphen Masse der 'Glanz-der-Trompeten'-Silberlinge ab. Ist der Hörer sonst einem scheinbar beliebig angeordneten Sammelsurium mehr oder weniger virtuoser Werke aus der Barockzeit ausgeliefert, zieht sich hier ein roter Faden durch die gesamte Aufnahme: Edward Tarr, bekannt als nimmermüder Entdecker und Pionier auf dem Gebiet der Alten Musik, versammelt Werke des Wiener Kaiserhofes, ein Zentrum der barocken Trompetenkunst, nicht nur historisch fundiert aufbereitet, sondern auch meisterhaft gespielt.
Der historische Bogen führt dabei von Ferdinand Tobias Richter über Antonio Caldara und Georg von Reutter zu Johannes Sperger und deckt so beinah den gesamten Bereich barocker Trompetenkomposition ab, mit den Spergerkonzerten auch Werke einer Epoche, in der Zeitgenossen wie Mozart die Trompeten schon längst ausrangiert hatten. Seine beiden Clarino-Konzerte stammen aus den Jahren 1778 und 1779 und zählen zu den spätesten Werken für dieses Instrument. Sperger ist heute vor allem als Kontrabassist bekannt, als Komponist höchstens durch seine 18 Kontrabasskonzerte. Umso wertvoller die beispielhafte Einspielung dieser selten gehörten Werke auf der vorliegenden CD.
Highlight der Aufnahme sind jedoch die beiden – ebenfalls selten gespielten – Concerti von Georg von Reutter. Gerade das erste Konzert stellt höchste Anforderungen an den Solisten: Reutter lässt das Soloinstrument mehrfach bis zum 24. Naturton (g’’’) aufsteigen, in dieser Form und Virtuosität in keinem anderen Werk dieser Zeit wieder zu finden.
Das 2. Trompetenkonzert – bei dem der Schlusssatz von Tarr selbst rekonstruiert wurde – stellt ähnlich hohe Anforderungen an den Solisten, und ist daneben in einem sehr modernen Stil gehalten. Kongenial zu Hilfe eilen dem hervorragenden Solisten Edward Tarr dabei die Musiker des Franz Liszt Chamber Orchestra, das sich auf vielen Aufnahmen als dezenter und technisch sicherer Begleiter ausweist.
Stellen die vier Trompetenkonzerte besonders die Virtuosität des Solisten heraus – ohne jedoch kompositorisch rückständig oder simpel zu wirken – sind die anderen Werke eher zu Repräsentationszwecken gedacht, was auch die erweiterte Besetzung mit bis zu 6 Trompeten und Pauken belegt. Zumeist handelt es sich um Tafelmusiken oder kirchliche Anlässe der Größenordnung 'Gala grande', meisterhafte Inszenierung des höfischen Zeremoniells. Trotz des Gebrauchscharakters der Musik wird die Handschrift eines jeden Komponisten deulich: bei Ferdinand Tobias Richter ist es ein Hang zu musikdramatische Entwicklungen, bei Caldara eine weltmännische Schreibweise, die am ehesten mit Händel verwandt scheint.
Wer eine Aufnahme barocker Trompetenkunst sucht, ist mit dieser Einspielung bestens bedient: Sie genügt musikwissenschaftlich-historisch jedem Anspruch (auch sehr gut dokumentiert im allerdings etwas lieblos gestalteten Booklet) und ist eine meisterhaft gespielte Interpretation technisch höchst anspruchsvoller Werke, die wohl nicht ohne Grund eher selten zu hören sind.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() |
Dieser Beitrag hat Ihnen gefallen? Empfehlen Sie ihn weiter!
Ihre Meinung? Kommentieren Sie diesen Artikel
Jetzt einloggen, um zu kommentieren.
Sind Sie bei klassik.com noch nicht als Nutzer angemeldet, können Sie sich hier registrieren.
Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
![]() Cover vergrößern |
Edward H. Tarr: Trompeten für den Kaiser |
|||
Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
Christophorus 1 01.03.2006 |
Medium:
EAN: |
CD
4010072012227 |
![]() Cover vergössern |
Christophorus Christophorus ist das älteste deutsche Plattenlabel mit dem Schwerpunkt "Geistliche Musik". Es wurde 1935 gegründet, um religiöse Inhalte mittels Schallplatten und Bücher auch während des Nazi-Regimes zu verbreiten. Heute - mehr als 75 Jahre später - stehen spirituelle Themen weiterhin im Mittelpunkt des Labels, mit besonderem Interesse für unbekannte Werke und historische Interpretation. Gregorianische Gesänge, geistliche Vokalmusik, Musik der christlichen Kirchen und die Gesänge aus Taizé sind im Katalog ebenso vertreten wie Musik des Mittelalters und der Renaissance. Mit diesem Repertoire gilt Christophorus heute als eines der wichtigsten unabhängigen Labels auf dem internationalen Klassikmarkt. Mehr Info... |
![]() Cover vergössern |
Jetzt kaufen bei...![]() |
Weitere Besprechungen zum Label/Verlag Christophorus:
-
Ein Franke in London: Wiederauflage eines wichtigen Oratorienwerks jenseits von Händel. Weiter...
(Dr. Jürgen Schaarwächter, )
-
Der lateinische Telemann: Ein ungewohnter Werkkorpus des produktiven Meisters. Weiter...
(Dr. Jürgen Schaarwächter, )
-
Romantische Dichtung in Musik: Der Countertenor Franz Vitzthum und die Pianistin Katharina Olivia Brandt spielen bekannte und unbekannte romantische Kunstlieder ein. Weiter...
(Anneke Link, )
Weitere CD-Besprechungen von Paul Hübner:
-
Klangräume 2010: Im Jahr 2010 stand das Streichquartett im Zentrum der Donaueschinger Musiktage, folglich rückt es auch in der von NEOS veröffentlichten Dokumentation dieser Veranstaltung ins Zentrum. Daneben gibt es auch Orchesterstücke zu hören. Weiter...
(Paul Hübner, )
-
Klangschach: Zug um Zug: Mark Andrés 'Musiktheater-Passion' ist ein faszinierendes Klangerlebnis, nicht zuletzt dank der exzellenten klanglichen Umsetzung. Weiter...
(Paul Hübner, )
-
Klangrealistische Referenzen: Zu Helmut Lachenmanns 75. Geburtstag legt WERGO drei Referenzaufnahmen neu auf. Weiter...
(Paul Hübner, )
Weitere Kritiken interessanter Labels:
-
Federleicht wie Träume: Aufbruch in die Klangwelten Salvatore Sciarrinos. Weiter...
(Michael Pitz-Grewenig, )
-
Transzendentales Spiel: Manuel Cini meistert Liszts große Etüden (mit kleinen Abstrichen). Weiter...
(Dr. Kai Marius Schabram, )
-
Zeitlose Klavierkunst : Wilhelm Backhaus spielt Beethoven und Brahms in Aufnahmen von 1927–1939, Weiter...
(Dr. Kai Marius Schabram, )
Portrait

"Man muss das Ziel kennen, bevor man zur ersten Probe erscheint."
Der Pianist und Organist Aurel Davidiuk im Gespräch mit klassik.com.
Sponsored Links
- Opernreisen und Musikreisen bei klassikreisen.de
- Konzertpublikum
- Musikunterricht
- klassik.com Radio
- Urlaub im Schwarzwald
- Neue Musikzeitung
- StageKit - Websites für Musiker, Veranstalter und Konzertagenturen
Hinweis:
Mit Namen oder Initialen gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung des Verfassers,
nicht aber unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.
Die Bewertung der klassik.com-Autoren:
Überragend
Sehr gut
Gut
Durchschnittlich
Unterdurchschnittlich