
Sullivan, Arthur - In memoriam
Sphärenhaft und feinfühlig
Label/Verlag: Chandos
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Diese Musik macht in dieser Interpretation riesigen Spaß!
Sir Arthur Sullivan ist heute nur noch einigen wenigen Spezialisten bekannt. Seine ‚Savoy Operas' HMS Pinafore, Der Mikado oder Die Piraten von Penzance dürften - was den Bekanntheitsgrad angeht - die erste Stelle einnehmen. Dabei war Sullivan auch ein ‚ernsthafter' Komponist, der ab 1858 immerhin am Leipziger Konservatorium studiert und dort den Geist Mendelssohns noch durch die Gänge wehen ‚gehört' hatte. Am Ende seines Lebens wurde er von Zweifeln geplagt, ob er sein Leben nicht doch sinnvoller hätte füllen können. Die zahlreichen Operetten hatten ihn davon abgehalten, auf den Gebieten der Oper, der Sinfonie und der Kammermusik ein umfangreiches Oeuvre zu hinterlassen. So würde es Sullivan heute sicher freuen, dass seine ‚ernsthaften' Werke nun wieder Interesse wecken und immerhin so renommierte Musiker wie Richard Hickox an das Dirigentenpult locken. Der hat mit dem BBC Philharmonic Orchestra bei dem Label Chandos Sullivans E-Dur Sinfonie - die sogenannte Irische -, die Ouvertüre In Memoriam und die Suite Der Sturm eingespielt. Was gleich zu Beginn erwähnt werden soll, ist etwas, das eigentlich nebensächlich erscheint, hier jedoch sofort ins Auge sticht: Die Verarbeitung der CD und die graphische Gestaltung sind überaus gelungen. Das ist eine Platte, die es sich lohnt, mit ganzer Breitseite ins Regal zu stellen, um sich immer wieder an dem liebevollen und stilistisch einwandfreien Design zu erfreuen. Was in der hübschen Hülle steckt, ist nicht minder gut: Das BBC Philharmonic - ein mit perfektem Marketing und Imagepflege versorgtes Orchester - spielt süffig, leidenschaftlich und präzise; eben so, wie es man von ihm gewohnt ist. Hickox schafft es, interessante Klangeffekte zu erreichen und die nicht selten etwas stereoptype Musik spannend klingen zu lassen. Kantable Melodien wechseln sich mit schmissigen Rhythmen ab, auf die wiederum kantable Melodien folgen; ebenso, wie es in Sullivans Operetten der Fall ist. So mitreißend, wie etwa seine begnadete Ouvertüre zu Die Piraten von Penzance ist die Musik indes nicht. Vieles ist abseh' - nein: abhörbar - aber doch erfrischend. Langweilig wird einem hier nur selten. Shakespeares Der Sturm wurde von Purcell bis Sibelius immer wieder gerne vertont. In Sullivans Musik lebt der Geist Mendelssohns wieder auf. Der Geist des Sommernachtstraums klingt hier durch: flirrende Geigen, aufschäumende Crescendi mit darüberliegenden Holzbläsern: Elfen werden vom Sturm durch eine laue Sommernacht geweht. Hier klingt nach, was Sullivan in den Gängen des Leipziger Konservatoriums nachklingen gehört hatte; aber ohne Epigone zu sein.
Im Allegro des Kopfsatzes der E-Dur-Sinfonie klingt es dann aber noch deutlicher nach Mendelssohn: Die Staccati des Holzes über den Streicher könnten aus der Schottischenstammen. Das Finale der Sinfonie erinnert überaus deutlich an den zweiten Satz - das Scherzo - aus Mendelssohns Reformations-Sinfonie.
Das BBC Philharmonic musiziert sphärenhaft, feinfühlig und - wenn es angebracht ist - wuchtig. Die einzelnen Stimmen werden von Hickox wunderschön differenziert. Eine absolut runde Sache, die die Entdeckung mehr als Wert ist. Diese Musik macht in dieser Interpretation riesigen Spaß!
Die Aufnahmequalität ist ebenfalls ganz hervorragend. So ist diese CD für alle Musikfreunde entdeckenswert, die Interesse haben an den Nebenpfaden der Musikgeschichte; abseits der schon so häufig beschrittenen Wege - aber dafür mit Überraschungen, die Beethoven, Mozart, Schubert und Brahms uns in der heutigen diskographisierten Welt leider nur noch selten bieten können.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: |
![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() |
Dieser Beitrag hat Ihnen gefallen? Empfehlen Sie ihn weiter!
Ihre Meinung? Kommentieren Sie diesen Artikel
Jetzt einloggen, um zu kommentieren.
Sind Sie bei klassik.com noch nicht als Nutzer angemeldet, können Sie sich hier registrieren.
Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
![]() Cover vergrößern |
Sullivan, Arthur: In memoriam |
|||
Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: Spielzeit: Aufnahmejahr: Veröffentlichung: |
Chandos 1 16.11.2000 75:11 2000 2000 |
Medium:
EAN: BestellNr.: |
CD
0095115985922 CHAN 9859 |
![]() Cover vergössern |
Sullivan, Arthur |
![]() Cover vergössern |
|
![]() Cover vergössern |
Chandos Chandos Records was founded in 1979 by Brian Couzens and quickly established itself as one of the world's leading classical labels. Prior to forming the label, Brian Couzens, along with his son Ralph, worked for 8 years running a mobile recording unit recording for major labels (including RCA, Polydor, CFP, etc.) with many of the world's leading artists.
Mehr Info... |
![]() Cover vergössern |
Jetzt kaufen bei...![]() |
Weitere Besprechungen zum Label/Verlag Chandos:
-
Weinberg für den Mainstream: Fulminante, aber emotional wenig involvierte erste Folge einer neuen Gesamteinspielung von Mieczyslaw Weinbergs Streichquartetten. Weiter...
(Dr. Jürgen Schaarwächter, )
-
Harmonisches Echo: Abseits der gängigen und hierzulande viel zu selten gespielten Operetten Arthur Sullivans bietet dieses Doppelalbum die Chance, den 'anderen', nämlich den ernsteren Sullivan zu entdecken. Weiter...
(Benjamin Künzel, )
-
Die Schöne und der Wolf : Der Dirigent John Wilson lässt mit der Sinfonia of London Orchesterwerke von Henri Dutilleux in schönstem Glanz erstrahlen. Weiter...
(Karin Coper, )
Weitere CD-Besprechungen von :
-
Süffiges Bouquet: Die fast vor Süße triefende Melodik entfaltet durch den voluminösen Klang ein süffiges Bouquet. Weiter...
( , )
-
Auch mal als nudelholzschwingende Überfrau: Eine Interpretation, die durch direkten Zugriff und das Gespür für Linien und Klangfarben besticht. Weiter...
( , )
-
Mit einem Touch royaler Noblesse: Die Klangfarben, die dieses Orchester zu malen im Stande ist, sind wirklich grandios. Weiter...
( , )
Weitere Kritiken interessanter Labels:
-
Halbfinale: Ein Projekt auf der Zielgeraden: Gregor Meyer steuert mit dem siebten Teil des geistlichen Gesamtwerks von Johann Kuhnau auf das Finale zu. Weiter...
(Dr. Matthias Lange, )
-
Abschiedsgabe: Wolfgang Carl Briegel ist sicher einer jener Komponisten, die zu unterschätzen aus heutiger, auf wenige Größen verengter Perspektive, mancher Gefahr laufen könnte. Das Ensemble Polyharmonique setzt dem ein entschiedenes Plädoyer entgegen. Weiter...
(Dr. Matthias Lange, )
-
Um den jüngsten Sohn: Varvara Manukyan ringt mit historischen Ästhetiken in aufnahmetechnisch problematischer Umgebung. Weiter...
(Dr. Jürgen Schaarwächter, )
Portrait

Das Klavierduo Silver-Garburg über Leben und Konzertieren im Hier und Heute und eine neue CD mit Werken von Johannes Brahms
Sponsored Links
- Opernreisen und Musikreisen bei klassikreisen.de
- Konzertpublikum
- Musikunterricht
- klassik.com Radio
- Urlaub im Schwarzwald
- Neue Musikzeitung
- StageKit - Websites für Musiker, Veranstalter und Konzertagenturen
Hinweis:
Mit Namen oder Initialen gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung des Verfassers,
nicht aber unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.
Die Bewertung der klassik.com-Autoren:
Überragend
Sehr gut
Gut
Durchschnittlich
Unterdurchschnittlich