
Stokowskis, Leopold - Symphonische Transkriptionen
Stokowski Sound aus Bournemouth
Label/Verlag: Naxos
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Trotzdem: Es lohnt, diese Orchesterfassungen in dieser Neueinspielung zu kennen, und es lohnt auch, sie andernorts öfter in Konzertprogramme aufzunehmen.
Für Mussorgsky Fans ist diese CD ein Fest – seine ‚Bilder einer Ausstellung’ in einer alternativen Orchesterfassung, und noch dazu einer sehr besonderen. 1939 schrieb der legendäre amerikanische Dirigent Leopold Stokowski eine neue Partitur auf Basis der Originalklavierfassung von Mussorgsky, weil ihm die Version von Ravel aus dem Jahr 1922 ‚zu französisch’ klang. Ob der berühmte Stokowski-Sound nun so viel russischer klingt, sei dahingestellt. Mich persönlich erinnert der Klang eher an Hollywood, im klassischen und edelsten Sinn des Wortes.
Stokowskis ‚Bilder einer Ausstellung’ sind weniger parodistisch überdreht als bei Ravel. Wuchtiger. Massiver. Grandioser. Sie setzen das schwere Blech anders ein und lassen die Streichen greller dazwischen fahren. Die Effekte sind extremer. Weniger verfeinert und parfümiert. Aber dennoch niemals grobschlächtig. Alles klingt nach Psycho-Thriller. Nicht nach Spielzeugladen.
Es wäre müßig urteilen zu wollen, welche Fassung nun besser sei. Beide haben ihre Reize, und es ist gut, die Stokowski-Alternative nun auf CD zu haben. (Dank der großzügigen finanziellen Unterstützung der Leopold Stokowski Society, wie man dem CD-Booklet entnehmen kann.)
Der Stokowski-Experte José Serebrier dirigiert das Bournemouth Symphony Orchestra mit großer Ruhe und Souveränität. Erhitzte Klangekstasen sind seine Sache nicht – womit er sich deutlich unterscheidet vom großen Vorbild aus Philadelphia. Denn der Maestro mit der markanten Frisur verstand es dann doch besser – auf seine unnachahmliche Weise – Musik zum triumphierenden Erlebnis werden zu lassen. Jeder, der den Disney-Film ‚Fantasia’ kennt, weiß, was gemeint ist. (Aber auch die vielen anderen Aufnahmen Stokowskis geben davon ein beredtes Zeugnis.)
Aus ‚Fantasia’ übernommen für diese Naxos-CD ist ‚A Night on Bare Mountain’. Der Hang zum düster Grandiosen, der Stokowskis eigene Wiedergabe nach wie vor so unwiderstehlich macht, ist hier stark reduziert. Serebrier ist kein charismatischer Klangmagier von Weltformat. Trotzdem ist seine Wiedergabe eindrucksvoll. Was viel über die Kraft dieser Orchesterfassungen sagt.
Hübsch sind die Tschaikowski-Extras: seine ‚Humoreske’ op. 10 (von Stokowski 1941 instrumentiert) und ‚Solitude’(von 1936). Besonders letztere ist von erlesener Schönheit. Man merkt hier aber auch deutlich, dass die Streicher in Bournemouth nicht den Glamour haben, den Stokowski seinen Streichern beim Philadelphia Orchestra andressierte. Besonders in den hohen Lagen fehlt den britischen Geigern jener gleißende Schmelz, jenes Funkeln, das das Markenzeichen von Stokowski und dem Philadelphia Orchestra war.
Trotzdem: Es lohnt, diese Orchesterfassungen in dieser Neueinspielung zu kennen, und es lohnt auch, sie andernorts öfter in Konzertprogramme aufzunehmen. Denn natürlich war Stokowski (1882-1977) ein genialer Musiker und Orchesterdompteur, der wusste, wie man Stücke zur optimalen Entfaltung bringt. Seine hier zusammengestellten brillanten Instrumentationen von Mussorgsky und Tschaikowski spiegeln das wider. Sie verdienen es, von der klassischen Musikwelt ernst genommen und nicht als ‚Kapellmeisterarbeit’ oder ‚Kunsthandwerk’ abgetan zu werden. Denn sie zeugen auch von einer hohen Kreativität im Umgang mit Musik – eine Kreativität, die seither leider etwas verloren gegangen ist.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() |
Dieser Beitrag hat Ihnen gefallen? Empfehlen Sie ihn weiter!
Ihre Meinung? Kommentieren Sie diesen Artikel
Jetzt einloggen, um zu kommentieren.
Sind Sie bei klassik.com noch nicht als Nutzer angemeldet, können Sie sich hier registrieren.
Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
![]() Cover vergrößern |
Stokowskis, Leopold: Symphonische Transkriptionen |
|||
Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
Naxos 1 01.08.2005 |
Medium:
EAN: |
CD
0747313264520 |
![]() Cover vergössern |
Naxos Als der Unternehmer Klaus Heymann 1982 für seine Frau, die Geigerin Takako Nishizaki in Hongkong das Plattenlabel Marco Polo gründete, war dies der Beginn einer beispiellosen Erfolgsgeschichte. Fünf Jahre später rief Heymann das Label NAXOS ins Leben, das in der Klassikwelt längst zur festen Größe geworden ist und es bis heute versteht, hohe Qualität zu günstigen Preisen anzubieten. Der einzigartige und sich ständig erweiternde Katalog des Labels umfasst mittlerweile über 8.000 CDs mit mehr als 130.000 Titeln - von Kostbarkeiten der Alten Musik über sämtliche berühmten "Klassiker" bis hin zu Schlüsselwerken des 21. Jahrhunderts. Dabei wird der Klassik-Neuling ebenso fündig wie der Klassikliebhaber oder -sammler. International bekannte Künstler wie das Kodály Quartet, die Geigerin Tianwa Yang, der Pianist Eldar Nebolsin und die Dirigenten Marin Alsop, Antoni Wit, Leonard Slatkin und Jun Märkl werden von NAXOS betreut. Darüber hinaus setzt NAXOS modernste Aufnahmetechniken ein, um höchste Klangqualität bei seinen Produktionen zu erreichen und ist Vorreiter in der Produktion von hochauflösenden Blu-ray Audios - Grund genug für das renommierte britische Fachmagazin "Gramophone", NAXOS zum "Label of the Year" 2005 zu küren. Auch im digitalen Bereich nimmt NAXOS eine Vorreiterrolle ein: Bereits seit 2004 bietet das Label mit der NAXOS MUSIC LIBRARY ein eigenes Streamingportal mit inzwischen über 1 Million Titel an und unterhält mit ClassicsOnline zudem einen eigenen Download-Shop. Mehr Info... |
![]() Cover vergössern |
Jetzt kaufen bei...![]() |
Weitere Besprechungen zum Label/Verlag Naxos:
-
Belcanto-Oper für Arbeiter: Im Rahmen einer Tournee für die Arbeiterkammer Wien spielte das Ensemble der Wiener Staatsoper 1977 'Don Pasquale' in einer Mehrzweckhalle in der Steiermark. Mit dabei: die junge Edita Gruberova neben Tenor Luigi Alva. Weiter...
(Dr. Kevin Clarke, )
-
Für Sammler und Liebhaber: Die vollständige Ersteineinspielung von Beethovens 'König Stephan' neben anderen patriotischen Werken. Weiter...
(Michael Pitz-Grewenig, )
-
Wien statt Hollywood: Das Ensemble Spectrum Concerts Berlin spielt expressive Kammermusik von Erich Wolfgang Korngold. Weiter...
(Jan Kampmeier, )
Weitere CD-Besprechungen von Dr. Kevin Clarke:
-
Belcanto-Oper für Arbeiter: Im Rahmen einer Tournee für die Arbeiterkammer Wien spielte das Ensemble der Wiener Staatsoper 1977 'Don Pasquale' in einer Mehrzweckhalle in der Steiermark. Mit dabei: die junge Edita Gruberova neben Tenor Luigi Alva. Weiter...
(Dr. Kevin Clarke, )
-
Swarovski-Genitalien auf der Suche nach der Hölle: Zum Offenbach-Jubiläum 2019 spielten die Salzburger Festspiele erstmals eine Offenbach-Operette und übertrugen die Regie Barrie Kosky. Leider gaben sie ihm keine Besetzung, mit der dieser ein Wunder hätte vollbringen können. Weiter...
(Dr. Kevin Clarke, )
-
Zu erhaben: Eine neue Live-Aufnahme der 'Meistersinger von Nürnberg' von den Osterfestspielen Salzburg mit Christian Thielemann am Pult der Sächsischen Staatskapelle zelebriert Wagner in epischer Breite – und verliert dabei den Blick für Komödiantische. Weiter...
(Dr. Kevin Clarke, )
Weitere Kritiken interessanter Labels:
-
Belcanto-Oper für Arbeiter: Im Rahmen einer Tournee für die Arbeiterkammer Wien spielte das Ensemble der Wiener Staatsoper 1977 'Don Pasquale' in einer Mehrzweckhalle in der Steiermark. Mit dabei: die junge Edita Gruberova neben Tenor Luigi Alva. Weiter...
(Dr. Kevin Clarke, )
-
Bildgewaltige Erzählung: Schönbergs episches Oratorium ist in den Händen von Christian Thielemann und der Staatskapelle Dresden gut aufgehoben. Weiter...
(Thomas Gehrig, )
-
'Meine Liebe ist euer Tod': Eine fulminante Katharina Thalbach macht diese Einspielung von Bendas 'Medea'-Melodram zum Ereignis. Weiter...
(Benjamin Künzel, )
Portrait

Das Klavierduo Silver-Garburg über Leben und Konzertieren im Hier und Heute und eine neue CD mit Werken von Johannes Brahms
Sponsored Links
- klassik.com Radio
- Urlaub im Schwarzwald
- Neue Musikzeitung
- StageKit - Websites für Musiker, Veranstalter und Konzertagenturen
Hinweis:
Mit Namen oder Initialen gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung des Verfassers,
nicht aber unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.
Die Bewertung der klassik.com-Autoren:
Überragend
Sehr gut
Gut
Durchschnittlich
Unterdurchschnittlich