
Furrer, Beat - Drei Klavierstücke
Der absolute Geist quietscht nicht
Label/Verlag: Kairos
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Einzig das ältere, tonale und sehr poetische Stück ,Voicelessness - The snow has no voice’ ist wirklich gelungen
In den vorliegend von Nicolas Hodges eingespielten Stücken experimentiert Beat Furrer mit Obertönen und Resonanzen. Hierzu regt er Saiten stumm gedrückter Tasten mit normal erzeugten Tönen an. Oder er dämpft nachklingende Akkorde zeitlich versetzt. Diese Klänge sind wesentlich filigraner als Sofortklänge und stellen, wie auch die Flageoletts von Saiteninstrumenten, kaum erfüllbare Ansprüche an die Tontechnik. Unmittelbar auf Forte-Anschläge folgendes pianissimo ist bereits dynamisch ein kaum zu lösender Widerspruch. Eine Aufnahme, der es gelänge, die vielschichtigen Klänge wirklichkeitsgetreu wiederzugeben, wäre ein Meilenstein der Klangtechnik. Um es vorwegzunehmen, auch die vorliegende Aufnahme ist kein Meilenstein. Zu dem hat der Klangtechniker statt eines klaren, brillanten Klanges, der solchen Anforderungen angemessener wäre, einen etwas dumpfen, unräumlichen Klang gewählt. Das hat den Vorteil, dass man einen eventuell quietschenden Klavierhocker nicht hört, aber eben auch nicht die feinen Nachklänge.
Besser ein Aufsatz?
Die Konzentration auf Nachklänge ist auch auf Seiten des Komponisten nicht hundertprozentig überzeugend. Eine Nachklangharmonie kann noch so raffiniert ausgearbeitet sein – sie steht im Schatten der Sofortklänge. Wenig überzeugend ist auch Furrers Konzeption der ,Drei Klavierstücke’ und von ,Phasma’. Phase bezeichnet sowohl den Schwingungszustand einer Welle an einer bestimmten Stelle und zu einem bestimmten Zeitpunkt (womit der Begriff auf die Resonanzen verweist) als auch den Abschnitt einer zeitlichen Ablaufs. Hört man erst ,Phasma’, dann die ,Drei Klavierstücke’ denkt man eher an ein einziges Klavierstück. In der Großform bestehen die Werke aus der Aneinanderreihung von Abschnitten, wobei jeder Abschnitt auf einer Grundidee basiert. Besser noch, auf einer Klangtheorie, und Furrer testet die möglichen Varianten durch. Ein Zitat von Furrer: ,etüdenartige Kompositionen, die jeweils einem anderen Klangphänomen auf der Spur sind’. Hier stellt sich tatsächlich die Frage, welche Berechtigung solche Stücke in einem Konzertsaal geschweige denn auf einer CD haben. Vielleicht hätte Furrer besser einen Aufsatz geschrieben? Hier bekommt Hegel recht: die sinnliche Kunst ist nichts gegen den absoluten Geist.
Ein Lichtblick
Einzig das ältere, tonale und sehr poetische Stück ,Voicelessness – The snow has no voice’ ist wirklich gelungen, auch wenn man zunächst nicht glauben will, dass es von Furrer ist. Tatsächlich ist es eine Reminiszenz an Debussys ,Des pas sur la neige’. Hier arbeitet Furrer mit der auch an Morton Feldman gemahnenden Technik der kleinen Veränderung eines sich wiederholendes Abschnitts. Zumindest 1986 war Furrer noch kein Anhänger von Hegel – die Kunst ist gerettet.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() |
Dieser Beitrag hat Ihnen gefallen? Empfehlen Sie ihn weiter!
Ihre Meinung? Kommentieren Sie diesen Artikel
Jetzt einloggen, um zu kommentieren.
Sind Sie bei klassik.com noch nicht als Nutzer angemeldet, können Sie sich hier registrieren.
Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
![]() Cover vergrößern |
Furrer, Beat: Drei Klavierstücke |
|||
Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
Kairos 1 24.08.2005 |
Medium:
EAN: |
CD
9120010281013 |
![]() Cover vergössern |
Furrer, Beat |
![]() Cover vergössern |
|
![]() Cover vergössern |
Kairos Der unwiderstehliche Klang der Neuen Musik. Mehr Info... |
![]() Cover vergössern |
Jetzt kaufen bei...![]() |
Weitere Besprechungen zum Label/Verlag Kairos:
-
Kollaboratives Komponieren: Das Label Kairos präsentiert facettenreiche Ensemblemusik des schwedischen Komponisten Jesper Nordin. Weiter...
(Dr. Kai Marius Schabram, )
-
Hoher Abstraktionsgrad: Marco Fusi beeindruckt mit Violin-'Werken' Giacinto Scelsis. Weiter...
(Dr. Kai Marius Schabram, )
-
Again and again …: Das Label Kairos bietet (ästhetisch interessante) Wiederholungskunst von Bernhard Lang. Weiter...
(Dr. Kai Marius Schabram, )
Weitere CD-Besprechungen von Patrick Beck:
-
Quartett trifft Human Beatboxing: Zweite CD des polnischen Quartetts Kwartludium. Kwartludium spielt die hier vorgestellten Kompositionen genau, sorgfältig, mit viel Liebe, atmosphärisch und vor allem überaus lebendig. Weiter...
(Patrick Beck, )
-
Unsuk Chin wieder aufgelegt: Das Ensemble Intercontemporain spielt Werke von Unsuk Chin - auch in Wiederauflage eine tolle Aufnahme. Weiter...
(Patrick Beck, )
-
Edgar Varèse in Salzburg: Ein kostbares Dokument der Salzburger Festspiele 2009 mit Kompositionen Edgar Varèses. Weiter...
(Patrick Beck, )
Weitere Kritiken interessanter Labels:
-
Kollaboratives Komponieren: Das Label Kairos präsentiert facettenreiche Ensemblemusik des schwedischen Komponisten Jesper Nordin. Weiter...
(Dr. Kai Marius Schabram, )
-
Klangprächtig: Ein äußerst ansprechendes Plädoyer für die Musik Friedrich Gernsheims. Weiter...
(Dr. Jürgen Schaarwächter, )
-
Hoher Abstraktionsgrad: Marco Fusi beeindruckt mit Violin-'Werken' Giacinto Scelsis. Weiter...
(Dr. Kai Marius Schabram, )
Jetzt im klassik.com Radio


Portrait

"Schumann ist so tiefgreifend, dass er den Herzensgrund erreicht."
Die Pianistin Jimin-Oh Havenith im Gespräch mit klassik.com.
Sponsored Links
- klassik.com Radio
- Urlaub im Schwarzwald
- Neue Musikzeitung
- StageKit - Websites für Musiker, Veranstalter und Konzertagenturen
Hinweis:
Mit Namen oder Initialen gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung des Verfassers,
nicht aber unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.
Die Bewertung der klassik.com-Autoren:
Überragend
Sehr gut
Gut
Durchschnittlich
Unterdurchschnittlich