
Wagner, Richard - Der fliegende Holländer
Schätze
Label/Verlag: Berlin Classics
Detailinformationen zum besprochenen Titel
1965 spielte ein Spitzenensemble, von dem man heute nur noch träumen kann.
Das Label Berlin Classics vermarktet seit der Wende ein breites Repertoire an Aufnahmen, die zu DDR-Zeiten produziert wurden. Darunter sind wahre Schätze und Opernfreunde können unter vielen erstklassigen Aufnahmen wählen, die zumal auch noch zu erschwinglichen Preisen zu haben sind.
Im schmalen Pappgehäuse und Nostalgie-Ausstattung bringt Berlin Classics nun eine Serie seiner Opernaufnahmen, die seit Jahren schon Standards auf dem CD-Markt setzten, wieder neu in die Läden. Zwei besonders spektakuläre Aufnahmen verdienen angesichts ihrer Bedeutung zu dieser Gelegenheit noch einmal unsere Aufmerksamkeit.
Spitzenensemble
1960 spielte ein Spitzenensemble, von dem man heute nur noch träumen kann, Wagners ‚Der fliegende Holländer’ ein. Unter dem Stab des glänzenden Wagnerdirigenten Franz Konwitschny leuchtet und entfaltet sich die Partitur und steuert mit zielgenauer Akribie auf wohlberechnete Ausbrüche zu. Tosende Naturbeschreibung, sehrende Gefühlsmomente, fahler Geisterspuk, Wahnsinn und Erfüllung – all das liegt Konwitschny gerade mal so im Handgelenk und die Staatskappelle Berlin folgt ihm auf dem Fuße. Nur Spitzensänger sind dazu befähigt, solch eine Vorgabe mit Klang und vor allem Sinn zu füllen. Um ein passendes Ensemble zusammenzustellen, wurden dazu in den 60ern sogar Systemgrenzen überschritten und Sänger aus Ost und West eingesetzt.
Offenbarung
Dietrich Fischer-Dieskau singt den Holländer so differenziert und wortgenau wie kein anderer. Sein intellektueller Ansatz durchleuchtet mit dem Mikroskop, verzichtet aber nicht auf wirkungsvolle und tief empfundene Dramatik. Ein Musterbeispiel für den Wagnergesang des Baritons und Meilenstein in der Interpretationsgeschichte der Rolle. Gottlob Frick präsentiert einen tadellosen Daland, der sich vor allem in den Duettszenen mit Dieskau als klangschön, genau phrasiert und intelligent erweist. Marianne Schech ist ein Beweis dafür, dass Wagner nicht immer mit schwergewichtigen Stimmen gesungen werden muss. Ihre Senta ist flexibel und zart, ohne an Durchschlagskraft einzubüssen, ganz anders als etwa Rysanek oder Varnay. Und dann die kleineren Rollen: Rudolf Schock beweißt als Erik erneut, wie ein Tenor in den lyrischen Rollen Wagners singen sollte. Fritz Wunderlich ist als Steuermann schlichtweg eine Offenbarung.
Schlüssig
Eugen d’Alberts veristische Oper ‚Tiefland’ hat kaum noch etwas mit Àngel Guimeràs düster-naturhaftem Werk ‚Terra baixa’, einem der wichtigsten katalanischen Theaterstücke des 19. Jahrhunderts zu tun. Selbst die katalanischen Namen der Figuren mussten hispanisierten Formen weichen und der kulturelle Hintergrund spielt auch in der Musik keine Rolle mehr. Trotzdem wurde Tiefland eine der erfolgreichsten deutschsprachigen Opern des 20. Jahrhunderts. Die Aufnahme aus dem Jahre 1963 mit der Staatskapelle Dresden unter Paul Schmitz eine der Schlüssigsten auf dem Markt. Sie lebt vom unmittelbaren Zugriff Schmitz’, der die wirkungsvolle Ton- und Gefühlsprache d’Alberts ernst nimmt und ausfüllt. Ernst Gutstein als Sebastiano, Theo Adam als Tommaso und Günter Leib als Moruccio singen ihre Rollen auf höchstem Niveau.
Abgefangen
Hanne-Lore Kuhse, deren Einladungen an die MET von der SED abgefangen wurden, zeigt mit der Marta, was für eine erstklassige Künstlerin sie gewesen ist. Hätten es den Machthabern gepasst, so wäre Kuhse heute eine der bekanntesten Sängerinnen ihrer Zeit. So muss man sich auf dem Plattenmarkt umsehen, um einen Eindruck dieser Ausnahmekünstlerin zu erhalten. Mit Comprimarii wie Rosemarie Rönisch als Nuri und Heinz Hoppe als Pedro ist diese Aufnahme eine herrliche Gelegenheit dazu.
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Wagner, Richard: Der fliegende Holländer |
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Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
Berlin Classics 2 16.06.2005 |
Medium:
EAN: |
CD
0782124329228 |
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Wagner, Richard |
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Berlin Classics Berlin Classics (BC) ist das Klassik-Label der Edel Germany GmbH. Es ist das Forum für zahlreiche bedeutende historische Aufnahmen, wichtige Beiträge der musikalischen Zentren Leipzig, Dresden und Berlin sowie maßgebliche Neuproduktionen mit etablierten und aufstrebenden jungen Klassik-Künstlern. Dazu zählen etablierte Stars, wie z.B. die Klarinettistin Sharon Kam, die Pianisten Ragna Schirmer, Sebastian Knauer, Matthias Kirschnereit, Anna Gourari und Lars Vogt, die Sopranistin Christiane Karg oder auch die Ensembles Concerto Köln, Pera Ensemble, sowie der Dresdner Kreuzchor und das Vocal Concert Dresden. Mehrfach wurden Produktionen mit einem Echo-Preis ausgezeichnet. Im Katalog von Berlin Classics befinden sich Aufnahmen mit Kurt Masur, Herbert Blomstedt, Kurt Sanderling, Franz Konwitschny, Hermann Abendroth, Günther Ramin, Peter Schreier, Ludwig Güttler, Dietrich Fischer-Dieskau, die Staatskapellen Dresden und Berlin, das Gewandhausorchester Leipzig, die Dresdner Philharmonie, die Rundfunkchöre Leipzig und Berlin, der Dresdner Kreuzchor und der Thomanerchor Leipzig. Sukzesssive wird dieses historische Repertoire für den interessierten Hörer auf CD wieder zugänglich gemacht, wobei die künstlerisch hochrangigen Analogaufnamen mit größter Sorgfalt unter Anwendung der Sonic Solutions NoNoise-Technik bearbeitet werden, um sie an digitalen Klangstandard anzugleichen. Mehr Info... |
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