
Bach, Johann Sebastian - Triosonaten
Barocke Harmoniemusik
Label/Verlag: Coviello Classics
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Jedenfalls bieten sie dem Zuhörer eine tiefgründige, hochkomplexe und dennoch das Ohr vergnügende ‘barocke Harmoniemusik’, die zum wiederholten Hören einlädt.
Nein, ein Mangel an Aufnahmen der Bachschen Triosonaten gibt es wahrlich nicht. Ungezählt sind die Einspielungen auf dem ‘Originalinstrument’, der Orgel. Johann Sebastian Bach hat diese sechs Sonaten nämlich 1730 in Leipzig für dieses Instrument geschrieben. Schon bald fehlte es nicht an Bewunderern. So schrieb der erste Bach-Biograph, Nikolaus Forkel, in seinem 1802 erschienenen Buch:
‘Bach hat sie für seinen ältesten Sohn, Wilhelm Friedemann, aufgesetzt, welcher sich damit zu dem großen Orgelspieler vorbereiten musste, der er ja nachher geworden ist. Man kann von ihrer Schönheit nicht genug sagen. Sie sind in dem reifsten Alter des Verfassers gemacht und können als das Hauptwerk desselben in dieser Art angesehen werden.’
Für die Orgel oder für Instrumentalbesetzung?
In der handschriftlichen Überlieferungen werden die Trios als Sonaten ‘a 2 clav. e pedal’ bezeichnet, was eindeutig auf ein Tasteninstrument – die Orgel oder das Pedalclavier für das häusliche Musizieren – hindeutet.
Freilich stellt die barocke Triosonate eine Gattung dar, die in der Kammermusik wurzelt. Bach hat mit seinen Sonaten BWV 525–530 diese spezielle Gattung auf das Tasteninstrument übertragen. Dieser Weg kann natürlich auch wieder rückgängig gemacht werden: Statt der Orgel spielen Soloinstrumente auf, begleitet von einem Generalbass-Instrument.
Seltsamerweise hat es lange Zeit gedauert, bis sich ein Ensemble den Bachschen Triosonaten in dieser Weise annahm. Zumindest wirkungsgeschichtlich dürfte die Einspielung mit dem Oboisten Heinz Holliger, der famosen Bratschistin Tabea Zimmermann, dem Cellisten Thomas Demenga sowie der Cembalistin Christiane Jaccottet den Anfang gemacht haben. Das war 1989. Mittlerweile gibt es eine ganze Reihe von Aufnahmen, die mehr oder weniger von der ‘historischen Aufführungspraxis’ inspiriert sind. Zu nennen sind etwa Wilbert Hazelzet und Jacques Ogg, die eine Aneignung für Traversflöte und Cembalo vorgelegt haben. Beachtenswert ist ferner die Einspielung der sechs Sonaten von dem Barock-Emsemble ‘Le Parlement de Musique’. Diese Musiker betrachten die Stücke – in Ahnlehnung an den französischsprachigen Titel der Brandenburgischen Konzerte – als ‘Six concerts en trio pour divers instruments’. Warum auch nicht?
Durchsichtig und leicht
Die nun vorgelegte Einspielung mit dem Trio Lézard geht einen Schritt weiter – und zugleich auch wieder einen zurück. Scheinbar unberührt von den Gepflogenheiten der historischen Aufführungspraxis wagen sie eine Aneignung für die drei Holzblasinstrumente Klarinette (Jan Creutz), Englischhorn (Stéphan Egeling) und Fagott (Stefan Hoffmann). Die Interpreten spielen dabei moderne Instrumente und verzichten – wie beim Spiel der Sonaten auf einem Tasteninstrument – auf die akkordische Ergänzung des Generalbasses. Und dieses Experiment des 1989 in Saarbrücken gegründeten Trio Lézard geht auf. Durch die Holzblasinstrumente und das sensible, differenzierte Spiel gelingt eine Interpretation, die genauso durchsichtig wie leicht wirkt. Hier entsteht aus dem Notentext ein wirklicher ‘textus’, ein klangsinnliches Gewebe von drei obligaten Stimmen.
Warme Klangfarbe
Wie geschaffen für die Sonaten scheint das Instrumentarium zu sein: Die Farbe ist warm, fast so, als ob ein sanfter melancholischer Schleier über der Musik läge. Bezaubernd ist die tiefe Lage der Klarinette in der Einleitung der e-moll-Sonate, genauso wie das Instrument in der C-Dur-Sonate fanfarenartig aufspielen darf.
Die Interpreten sind in der Alten Musik zuhause: Um diese Feststellung treffen zu können, genügt ein Blick auf das breite Repertoire des Ensembles, das nicht nur das 18. und 19. Jahrhundert umfasst, sondern auch die Musik der Renaissance und des Barock. Die Vertrautheit mit Alter Musik wird aber auch unmittelbar sinnlich erfahrbar. Insofern stehen die Interpreten der historischen Aufführungspraxis doch näher, als es die Wahl der Instrumente zunächst vermuten lässt.
Und so gelingt dem Trio Lézard eine Interpretation der Sonaten, die möglicherweise originaler als das überlieferte Original ist, historisch ‘richtiger’ als manche Aufnahme der zuweilen etwas überdrehten Alten-Musik-Szene. Jedenfalls bieten sie dem Zuhörer eine tiefgründige, hochkomplexe und dennoch das Ohr vergnügende ‘barocke Harmoniemusik’, die zum wiederholten Hören einlädt. Und das kann man nicht von jeder Compact Disc mit barocker Kammermusik sagen.
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Bach, Johann Sebastian: Triosonaten |
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Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: Spielzeit: Aufnahmejahr: |
Coviello Classics 1 01.06.2005 64:29 2004 |
Medium:
EAN: BestellNr.: |
CD
4039956505013 COV 50501 |
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Bach, Johann Sebastian |
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