
Cherubini, Luigi - Requiem
Facettenreiche Dynamik
Label/Verlag: Naxos
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Diese CD ist aufgrund ihrer profunden Interpretation ein guter Einstieg in das Werk.
Es ist ein bisschen, als hätte Beethoven unter Mozarts Anleitung ein Requiem geschrieben und die Chorpartien dafür beim jungen Brahms in Auftrag gegeben. Aber das ist auch nur ein verlegener Näherungswert um Luigi Cherubinis (1760-1842) wunderschönes Requiem für gemischten Chor und Orchester in c-moll zu beschreiben, das jetzt in einer neuen Aufnahme bei Naxos erschienen ist. Es singt der Coro della Svizzera Italiana verstärkt durch die Gruppo Vocale Cantemus und begleitet durch das Orchestra della Radio Svizzera Italiana unter der Leitung ihres Chefdirigenten Diego Fasolis.
Komponiert und uraufgeführt wurde das Requiem 1816 anlässlich der Trauerfeier für den in der Französischen Revolution enthaupteten König Ludwig XVI. Man kann sagen, dass es unter seinen Zeitgenossen das berühmteste Werk des schon früh nach Paris ausgewanderten Florentiners war, der Napoleons Ungnade zu nicht geringem Teil mit seinem musikalischen Ruhm bezahlte. Das Requiem beispielsweise ist heute kaum noch bekannt, obwohl man es durchaus als Verbindungslinie zwischen den berühmten Werken von Mozart und Brahms sehen muss. Beethoven, der Cherubini sehr schätzte, sagte sogar, dass er - wenn er mal ein Requiem schreiben wolle - dieses zum Vorbild nehmen würde. So wurde es 1827 zu seinen eigenen Exequien gespielt. Dass Cherubini Zeit seines Lebens vor allem ein ausgewiesener (wenngleich nicht sehr erfolgreicher) Opernkomponist war, ist in seiner tiefempfundenen und dramatischen Auslegung des Requiemtextes deutlich herauszuhören; nicht zuletzt durch den äußerst theatralischen Tam-Tam-Schlag.
Die Einspielung, die in Kooperation mit dem Radio Svizzera di Lingua Italiana in Lugano entstand, wird dem Notentext in allen Punkten gerecht. Fasolis' Dirigat ist exakt und ausgewogen, die Tempi sind klug gewählt und die Dynamik facettenreich. Der Chor ist in ordentlicher Verfassung, wohl intonierend und klangtechnisch transparent eingefangen worden, so dass man dem filigranen Maßwerk kontrapunktischer Verflechtungen - das in der Tat schon auf die ausdruckstarken Chöre bei Brahms verweist - gut folgen kann. Das Orchester ist nicht immer ganz so klar zu hören, was aber bei der recht klassischen Behandlung durch den Komponisten nur bedingt stört, da dem Chor eindeutig die dominantere Partie zugedacht ist.
Die Dies irae-Sequenz, die auf Thomas von Celano zurückgehende Schilderung des Jüngsten Gerichtes und seiner Qualen, war von jeher die Visitenkarte und meistens der längste Satz einer jeden Neuvertonung der Totenmesse; nicht zuletzt wegen der vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten. So finden sich auch bei Cherubini diverse plastische Einfälle: die himmlischen Posaunen zu Beginn des Satzes, die die Toten zum Gericht rufen, mit dem folgenden Tamtamschlag auf Generalpause, die hastenden Streicherfiguren, der flehentlich stufenweise einsetzende Chor beim Salva me, die zitternd abgezogenen Seufzerfiguren beim Recordare Jesu Pie und nicht zuletzt das bewegende Lacrymosa über aufsteigenden Akkordbrechungen der Streicher - und das alles wird von den Interpreten sauber und abwechslungsreich umgesetzt.
Selten habe ich die nachfolgenden Generationen so zahlreich und frisch aus der Fuge des Quam olim Abrahae promisisti herauspurzeln hören (bei Cherubini eine Tripelfuge, die ungewöhnlicherweise mit dem Zusammenklingen der drei Themen beginnt und die Einzelvorstellung gleichsam nachliefert) wie in dieser Interpretation.
Vervollständigt wird die CD in sehr sinnfälliger Weise mit Cherubinis Marche funèbre von 1820, der der Totenmesse quasi als instrumentaler Prolog und Einstimmung vorangestellt ist.
Diese CD ist aufgrund ihrer profunden Interpretation, nicht zuletzt aber auch im Hinblick auf das Preis-Leistungs-Verhältnis sehr zu empfehlen und ein guter Einstieg in das Werk. Angesichts der wenigen Aufnahmen und der guten Qualität fällt der Repertoirewert entsprechend hoch aus.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Cherubini, Luigi: Requiem |
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Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: Spielzeit: Aufnahmejahr: Veröffentlichung: |
Naxos 1 07.08.2000 55:35 1996 2000 |
Medium:
EAN: BestellNr.: |
CD
0636943474921 8.554749 |
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Cherubini, Luigi |
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Naxos Als der Unternehmer Klaus Heymann 1982 für seine Frau, die Geigerin Takako Nishizaki in Hongkong das Plattenlabel Marco Polo gründete, war dies der Beginn einer beispiellosen Erfolgsgeschichte. Fünf Jahre später rief Heymann das Label NAXOS ins Leben, das in der Klassikwelt längst zur festen Größe geworden ist und es bis heute versteht, hohe Qualität zu günstigen Preisen anzubieten. Der einzigartige und sich ständig erweiternde Katalog des Labels umfasst mittlerweile über 8.000 CDs mit mehr als 130.000 Titeln - von Kostbarkeiten der Alten Musik über sämtliche berühmten "Klassiker" bis hin zu Schlüsselwerken des 21. Jahrhunderts. Dabei wird der Klassik-Neuling ebenso fündig wie der Klassikliebhaber oder -sammler. International bekannte Künstler wie das Kodály Quartet, die Geigerin Tianwa Yang, der Pianist Eldar Nebolsin und die Dirigenten Marin Alsop, Antoni Wit, Leonard Slatkin und Jun Märkl werden von NAXOS betreut. Darüber hinaus setzt NAXOS modernste Aufnahmetechniken ein, um höchste Klangqualität bei seinen Produktionen zu erreichen und ist Vorreiter in der Produktion von hochauflösenden Blu-ray Audios - Grund genug für das renommierte britische Fachmagazin "Gramophone", NAXOS zum "Label of the Year" 2005 zu küren. Auch im digitalen Bereich nimmt NAXOS eine Vorreiterrolle ein: Bereits seit 2004 bietet das Label mit der NAXOS MUSIC LIBRARY ein eigenes Streamingportal mit inzwischen über 1 Million Titel an und unterhält mit ClassicsOnline zudem einen eigenen Download-Shop. Mehr Info... |
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