> > > Beethoven, Ludwig van: Sinfonien Nr. 3 und Nr. 8 (Eroica): Enoch zu Guttenberg
Montag, 20. März 2023

Beethoven, Ludwig van: Sinfonien Nr. 3 und Nr. 8 (Eroica) - Enoch zu Guttenberg

Berstender Beethoven


Label/Verlag: Farao Classics
Detailinformationen zum besprochenen Titel


Man hat gelegentlich den Eindruck, als stehe primär das ‘vor allem anders’ im Vordergrund.

Da meint man, beinahe alle Interpretationsmöglichkeiten der ‘Eroica’ seien mittlerweile ausgeschöpft, und dann kommt da ein Orchester mit dem staubtrockenen Namen ‘KlangVerwaltung’ unter ihrem Dirigenten Enoch zu Guttenberg daher und belehrt uns eines Besseren. Denn so gegen den Streich gebürstet wurde die 3. Sinfonie op. 55 von Beethoven wahrlich noch nie, nicht mal von den sogenannten Originalklang-Aposteln. Die Interpretation dieser Sinfonie durch die KlangVerwaltung mag beim ersten Hören verstörend wirken; es scheint das Konzept Enoch zu Guttenbergs gewesen zu sein, den Hörer aus gewohnten Bahnen zu reißen und mit einer radikal anderen Lösung zu konfrontieren. Das scheint einleuchtend und vielleicht auch angebracht. Nur leider kann dieser Zugang nicht gänzlich überzeugen.

Mit ungeheuerem Biss

Schon die Einleitungsakkorde zum ersten Satz der 3. Sinfonie zeigen deutlich, wo es langgeht: Mit ungeheuerer Wucht und aggressivem Biss werden die beiden Akkorde vom Orchester herausgeschleudert. Und doch zeigen allein schon diese beiden Takte, dass es Enoch zu Guttenberg fabelhaft gelingt, auch im größten Fortissimo die Mittelstimmen nicht untergehen zu lassen. Im Gegenteil: Diese Aufnahme könnte beinahe als ‘Mittelstimmen-Interpretation’ bezeichnet werden, denn so deutlich wie hier hört man diese selten. Überhaupt ist es eine große Leistung des Orchesters, bisher nur undeutlich Gehörtes hervorzukehren. Allerdings geschieht das oft auf eine etwas eigentümliche Weise. Es wird stellenweise nicht recht deutlich, wieso eine Phrase beispielsweise der Bratschen so sehr hervorgeholt wird – nicht nur in Bezug auf die Klangbalance, sondern auch was die Phrasierung betrifft. Gerade in letzterem Punkt wählt Enoch zu Guttenberg Wege, die scheinbar bewusst abseits des Bekannten und Gewohnten liegen. Vor allem bezüglich der Phrasierung bürstet der Dirigent fast alles gegen den Strich, was an manchen Stellen durchaus einsehbar ist und eine überzeugende Alternativlösung bietet; an einigen Stellen wirkt es dann aber doch zu gewollt, nach einer Interpretation, bei der der Dirigent nicht hinter dem Werk verschwindet, sondern seine eigene Lösung mit Leuchtstift unter- bzw. anstreicht.

Gegen die Erwartung

Man hat gelegentlich den Eindruck, als stehe primär das ‘vor allem anders’ im Vordergrund. Diese Interpretationshaltung zeitigt z.B. im zweiten Satz der Es-Dur-Sinfonie Wirkungen, die den musikalischen Fluss unnatürlich unterbrechen. Auch einige Akzente, die in ihrer brachialen Wucht des Guten ein wenig zu viel sind, gehören in diese Sparte. Was bei älteren Aufnahmen oft ein wenig eingeebnet wurde, wird hier über die Maßen betont. Ein weiterer Aspekt, der in seiner Betonung äußerst ambivalent wird, ist die Spielweise des Ensembles. Dass in diesem Projektorchester die ersten Musiker bekannter Opern- und Sinfonie-Orchester versammelt sind, merkt man schnell: Tadellos die Intonation, die Phrasierung scheint dem von Guttenberg Gewünschten genau zu entsprechen und auch im rasend schnell genommenen ‘Scherzo’ der ‘Eroica’ stoßen die Musiker nicht an ihre Grenzen, was bei dem Tempo schon erstaunt. Nicht nur die reduzierte Besetzung lässt eine kammermusikalische Herangehensweise deutlich werden, sondern auch das subtile Beleuchten der Satzfaktur. Allerdings erscheint Guttenbergs Klangvorstellung etwas eigenartig: Die Streicher, meist sehr vibratoarm agierend, klingen an einigen Stellen doch zu engagiert; man meint, sie rissen an ihren Saiten. Auch werden Staccati enorm kurz genommen und mit größter Intensität versehen, so dass man zuweilen einen fast Geräuschhaften Endruck bekommt, denn nach dem Anspielvorgang wird der Klang schon wieder abgebrochen, das Timbre der Einzelinstrumente kann sich somit gar nicht entfalten. Das Blech, strahlend und blitzsauber in der Intonation, wirkt jedoch an einigen Stellen zu laut und bestimmend. Auch hier wieder ein Übermaß dessen, was in geringerer Dosierung sehr verdienstlich erschiene.

Direkter Klang

Was die klangliche Seite dieser Aufnahme betrifft, so besticht ein sehr direkter, packender Klang. Vor allem die Holzbläser sind in ihren Solo-Passagen sehr präsent. Auch dynamisch genügt diese Produktion höchsten Ansprüchen; vom pianissimo bis zur äußersten Lautstärke wird das Spektrum ausgereizt.

Allein – diese CD will auf ganzer Linie nicht so recht überzeugen. Es werden hier zwar die einzelnen Stimmen weitestgehend transparent hörbar gemacht und vor allem durch plastische Phrasierung mit Eigenleben versehen; auch die kontrapunktische Struktur im Finale der 3. Sinfonie wird deutlich herausgemeißelt, doch irgendwie fügen sich diese vielen kleinen guten interpretatorischen Einfälle nicht zu einem Ganzen. Gerade an einigen Stellen, in denen das motorische Element vorherrscht, scheint die Musik – paradoxerweise – still zu stehen. Akzente sind so überspitzt, dass der Zug nach vorne gelegentlich verloren geht.

Allerdings ist der Grundgedanke Enoch zu Guttenbergs durchaus zu loben. So vertraute Musik einmal ungeschönt individuell darstellen zu wollen, dies ist unserem Musikleben, in dem oft auf Authentizität gepocht wird, eher eine Seltenheit. Und auch das Resultat kann durchaus mit einigen Höhepunkten trumpfen: Scheinbare Nebenstimmen sind hier deutlich zu vernehmen, das Ganze ist erfüllt von einem fulminanten Impetus. Wenn auch die Gesamtwirkung nicht gänzlich überzeugend ist, so sind doch Einzelmomente höchster Intensität überaus hörenswert. Und bevor man sich eine weitere Aufnahme mit bekannten Dirigenten zulegt (deren Herangehensweise sich oft nur marginal voneinander unterscheidet), sollte man sich lieber mit dieser Produktion auseinander setzen. Es lohnt sich!

Interpretation:
Klangqualität:
Repertoirewert: 
Booklet:





Dieser Beitrag hat Ihnen gefallen? Empfehlen Sie ihn weiter!

Ihre Meinung? Kommentieren Sie diesen Artikel

Jetzt einloggen, um zu kommentieren.
Sind Sie bei klassik.com noch nicht als Nutzer angemeldet, können Sie sich hier registrieren.



Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:



Cover vergrößern

    Beethoven, Ludwig van: Sinfonien Nr. 3 und Nr. 8 (Eroica): Enoch zu Guttenberg

Label:
Anzahl Medien:
Veröffentlichung:
Spielzeit:
Aufnahmejahr:
Farao Classics
1
08.01.2003
69:49
1999
Medium:
EAN:
BestellNr.:

CD
4025438080260
108026


Cover vergössern

Beethoven, Ludwig van
 - Symphonie Nr. 3, Es-Dur op. 55 -
 - Symphonie Nr. 8, F-Dur op. 93 - Eroica -


Cover vergössern

Dirigent(en):Guttenberg, Enoch zu
Orchester/Ensemble:Orchester der KlangVerwaltung


Cover vergössern

Farao Classics

Ein Idee wird zum Erfolg

FARAO classics wurde vor über einem Jahrzehnt mit der Vision gegründet, den künstlerischen Prozess einer Musikproduktion von der Planung über die Aufnahme, den Schnitt und die Mischung bis zur Veröffentlichung maßgeblich in die Hände von Musikern zu legen. Mit dem Ziel eine einzigartige Aufnahme mit künstlerischer Persönlichkeit zu schaffen, finden bei uns kurzlebige kommerzielle Erfolgsaussichten und marketingtechnisches Kalkül keine Berücksichtigung. Vielmehr stellt sich vor jeder neuen Produktion die Kernfrage: Gibt es einen zwingenden künstlerischen Grund, warum die Aufnahme erscheinen soll? Auch in den Bereichen Vertrieb und Öffentlichkeitsarbeit zeigen sich die Vorteile einer unabhängigen Plattenfirma - kurze Wege, persönliches Engagement und Liebe zum Produkt.

In München zu Hause, international anerkannt

Erstklassige Künstler, spannende Projekte und Interpretationen, hervorragende Klangqualität und eine aufwändige Produktausstattung sorgen bei Presse und Publikum immer wieder für Furore. So konnten sich unsere Veröffentlichungen auch weltweit im Tonträgerhandel etablieren und sind in allen wichtigen Märkten erhältlich.

Hörgenuss in Surround - Pure Audio Blu-ray Disc | SACD

Eine außergewöhnliche Klangqualität unserer Aufnahmen ist seit jeher eines der wichtigsten Ziele von FARAO classics. Musik außerhalb des Opernhauses oder Konzertsaales hören und dennoch ein Höchstmaß an musikalischer Authentizität und klanglicher Brillanz zu genießen, war und ist bei uns Standard. Der Traum aber, den Zuhörer zuhause in ein verblüffend reales Hörerlebnis zu versetzen ist Realität geworden - 5.0 Surround!

Die hochauflösenden Tonträger Pure Audio Blu-ray Disc und SACD mit ihrer Fähigkeit Musik dreidimensional wiederzugeben, stellen eine neue Dimension des Hörens dar. Eine geeignete Surround-Anlage vorausgesetzt, "befindet" sich der Zuhörer inmitten des Klangeschehens und kann so die Musik viel plastischer miterleben, als dies jemals zuvor möglich gewesen wäre! Auch wird die Klangqualität der CD, bedingt durch die höhere digitale Auflösung, um ein Vielfaches übertroffen.

Pure Audio Blu-ray Disc

Resultierend aus der hohen Speicherkapazität der Blu-ray Disc (kurz BD) ist es erstmals möglich den Ton absolut verlustfrei zu speichern und die Aufnahme somit in voller, hochauflösender Studioqualität wiederzugegeben - was man hört entspricht der Qualität der Masteraufnahme!

Die Blu-ray Disc unterstützt die Tonformate der nächsten Generation: Dolby TrueHD, DTS-HD und originäres LPCM. FARAO classics produziert in Stereo (LPCM 96 kHz/24bit) und im Surround Format 5.0 (DTS-HD).

Ein weiterer wesentlicher Vorteil der erheblich höheren Kapazität der Blu-ray Disc: neben vielen Stunden Spielzeit im hochauflösenden Stereo- bzw. 5.0 Surround Format können auch Filme mit Interviews und Portraits der Künstler in HD-Qualität als Bonusmaterial enthalten sein.

Wie der Name Pure Audio Blu-ray Disc aber schon sagt, das eigentliche Programm enthält kein Bildmaterial des Konzerts oder der Studioaufnahme. Die Pure Audio Blu-ray Disc kann genau wie eine CD abgespielt werden, ohne das TV-Gerät einschalten zu müssen. Die Tonspuren, wahlweise Stereo LPCM oder 5.0 DTS-HD, werden über die Farbtasten der Fernbedienung des Blu-ray Players ausgewählt. Die einzelnen Titel lassen sich auch mit den Zifferntasten direkt ansteuern. Die visuellen Optionen (Bildschirm-Menü) können, müssen aber nicht benutzt werden. Um die Aufnahmen auch im Auto, auf herkömmlichen CD-Playern oder anderen Geräten abspielen zu können, liefern wir die Pure Audio Blu-ray Disc zusammen mit einer zusätzlichen CD aus - ohne Aufpreis!

Eine SACD-Hybrid kann sowohl auf CD-Playern (in CD-Qualität), als auch auf SACD-Playern (hochauflösend in Stereo oder Mehrkanal) abgespielt werden. Durch diese Kompatibilität macht der Kauf einer SACD auch dann Sinn, wenn die entsprechende Anlage erst in der Zukunft angeschafft werden soll.

Musik in Klang und Bild - DVD-Video

Mit den DVD-Videos "Orphée et Eurydice" und "Rodelinda" haben wir Neuland betreten - bewegtes Bild. Während man auf dem Bildschirm der Inszenierung und den Künstlern optisch folgen kann, erfährt das Ohr dank des auf das Bild abgestimmten Surroundklangs die Illusion, sich tatsächlich im Opernhaus oder Konzertsaal zu befinden. Für "Rodelinda" wurden wir 2005 mit dem Preis der deutschen Schallplattenkritik ausgezeichnet.

Wir hoffen, Ihnen mit unseren Produktionen musikalische Freude zu bereiten!


Mehr Info...


Cover vergössern
Jetzt kaufen bei...

Titel bei JPC kaufen


Weitere Besprechungen zum Label/Verlag Farao Classics:

  • Zur Kritik... Klarinetten-Fantasien: Georg Arzberger und Julia Riem spielen bekannte und seltene Werke für Klarinette und Klavier von Schumann, Gade, Reinecke, Winding und Eschmann. Weiter...
    (Dr. Jan Kampmeier, )
  • Zur Kritik... Humorvoll: Das Hamburger Ensemble Arabesques gestaltet eine klanglich vielfältige Hommage an Jacques Ibert. Weiter...
    (Dr. Jürgen Schaarwächter, )
  • Zur Kritik... Im selbstgeschneiderten Korsett: Eine szenisch missglückte 'Zauberflöte' überzeugt vor allem durch den Aufnahmeklang. Weiter...
    (Dr. Jürgen Schaarwächter, )
blättern

Alle Kritiken von Farao Classics...

Weitere CD-Besprechungen von Dr. Tobias Pfleger:

  • Zur Kritik... Tiefe persönliche Betroffenheit: Das Atos Trio nimmt mit einer glühend intensiven Aufnahme zweier tschechischer Klaviertrio-Meisterwerke für sich ein. Weiter...
    (Dr. Tobias Pfleger, )
  • Zur Kritik... Durchdringung: Das Wiener Klaviertrio eröffnete mit gewohnter Klasse eine neue Reihe der Brahms-Klaviertrios. Weiter...
    (Dr. Tobias Pfleger, )
  • Zur Kritik... Geist der Vergangenheit: Masaaki Suzuki nähert sich Strawinskys Neoklassizismus im Geist der Alten Musik. Weiter...
    (Dr. Tobias Pfleger, )
blättern

Alle Kritiken von Dr. Tobias Pfleger...

Weitere Kritiken interessanter Labels:

  • Zur Kritik... Routiniert: Weder von der Aufnahmetechnik noch von der Wiedergabe wird diese Einspielung zwei Klaviertriowerken Carl Reineckes gerecht. Weiter...
    (Dr. Jürgen Schaarwächter, )
  • Zur Kritik... Lesenswerter Beitrag: Ein spannender Sammelband zum Thema Musik und Lebensphilosophie. Weiter...
    (Michael Pitz-Grewenig, )
  • Zur Kritik... Nüchterner Balakirew: Die Niederrheinischen Sinfoniker unter Mihkel Kütson und die Pianistin Dinara Klinton haben Musik von Milij Balakirew aufgenommen. Weiter...
    (Dr. Jan Kampmeier, )
blättern

Alle CD-Kritiken...

Magazine zum Downloaden

NOTE 1 - Mitteilungen (3/2023) herunterladen (5000 KByte)

Anzeige

Empfehlungen der Redaktion

Die Empfehlungen der klassik.com Redaktion...

Diese Einspielungen sollten in keiner Plattensammlung fehlen

weiter...


Portrait

Der Klarinettist Nicolai Pfeffer im Gespräch mit klassik.com.

"Auf der Klarinette den Sänger spielen, das ist einfach cool!"
Der Klarinettist Nicolai Pfeffer im Gespräch mit klassik.com.

weiter...
Alle Interviews...


Sponsored Links

Hinweis:

Mit Namen oder Initialen gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung des Verfassers, nicht aber unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.

Die Bewertung der klassik.com-Autoren:

Überragend
Sehr gut
Gut
Durchschnittlich
Unterdurchschnittlich