
Minnesang - Die Blütezeit
Mehr Licht
Label/Verlag: Christophorus
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Im besten Fall bedeutet ‘kritisieren’ ein Ausleuchten von etwas; eines Gegenstandes, eines Themas, einer Problemstellung. Oft stößt Kritik auf Widerspruch und das ist gar nicht einmal so schlecht.
Soviel der Vorrede, denn in diesem konkreten Fall geht es um einen Briefwechsel zwischen einem Repräsentanten des Labels Christopherus und mir selbst. Auslöser ist eine vor einiger Zeit erschienene CD-Besprechung über das Album ‘Minnesang – die Spätzeit’, das bei mir nicht unbedingt glimpflich davongekommen ist. So habe ich nun während unseres Austauschs einiges über die Hintergründe zu diesem Projekt erfahren können, und hiermit die mir angetragene Bitte angenommen, eine weitere Platte zum Thema ‘Minnesang’ zu besprechen.
So sei diese der ‘Blütezeit’ des Minnesangs gewidmete Zusammenstellung der erste Teil einer Anthologie, die ihre Fortsetzung in der von mir bereits besprochenen Darstellung der ‘Spätzeit’ findet. Beide Platten seien damit also als Einheit zu betrachten, so das Label Christopherus.
Interessanterweise wurden unter diesem Gesichtspunkt einige Beobachtungen klarer und ich möchte versuchen, im Lichte des ‘ersten’ Teils meine Meinung zu präzisieren.
Denn – zwei hin, eins im Sinn: Nirgends werden diese beiden Alben als zwingend zusammengehörig gekennzeichnet. Es gibt hier kein Vol. I und II, lediglich einen Hinweis auf der Rückseite des Booklets auf die Existenz der anderen Kompilation. Das bedeutet, dass sich so beide Platten unabhängig von einander als gelungen beweisen müssen - und das tun sie nicht.
Erstaunlich ist gerade, dass die ‘Blütezeit’ durch ihr Bekenntnis zur Vielheit – die unterschiedlichen Komponisten und Interpreten betreffend, aber auch durch den klarer und kleiner abgesteckten Zeitraum von hier etwa hundert Jahren Musikgeschichte, vielmehr anthologischen Charakter ausbildet als ihr Pendant, dass sich irgendwie zwischen 13. und 15. Jahrhundert verzettelt und so tut, als ob das alles ‘Spätzeit’ sei. Zugegeben – die Literaturgeschichte hat es sich einfach gemacht und diese Periode als solche umrissen. Doch was sich musikalisch in diesem Zeitraum verändert ist immens. Es genüg also nicht, hier nur Anthologie, nur Kompilation, zu sein. Das ‘Spätzeit’ - Album krankt an der mangelnden künstlerischen Linie und ist in der Tat auf den ersten Blick ein Aufguss bisheriger Arbeiten.
Hierzu sei erwähnt, dass es wahrscheinlich wirklich unrealistisch und zu kostenaufwendig wäre, ein derart geartetes Album mit ein oder zwei Ensembles ganz neu zu erarbeiten.
Aber das wäre auch gar nicht notwendig denn die ‘Blütezeit’ beweist, wie gut eine neue Zusammenstellung von bereits Erarbeitetem funktionieren kann ohne dabei als Aufguss zu wirken.
Hier sind die Ensembles durchmischter und dabei doch klarer. Was in der ‘Spätzeit’ verwirrend, willkürlich in der Kombination wirkt, leuchtet in der ‘Blütezeit’ unterschiedlichste Aspekte einer Themenstellung aus. Und ist es nicht gerade das, was die Qualität einer Anthologie ausmacht? Sie soll unterschiedliche Facetten beleuchten und dabei doch eine klare Linie verfolgen. Da verzeiht man sogar, dass die Künstler wegen Platzmangel durch das ausführliche Textheft mit Übersetzung keine Erwähnung finden.
Deutlich wird – hält man die beiden Platten nebeneinander, dass die ‘Spätzeit’ nur als Anhängsel der anderen lebensfähig ist. Daher auch die niedrige Bewertung im Repertoirewert. Natürlich ist auf diesem Gebiet noch zuwenig gearbeitet worden. Aber nur, weil etwas als eines der einzigen Dinge auf den Markt kommt, macht es das noch nicht unbedingt künstlerisch wertvoll.
Soviel zu dieser neuen Runde um den Zirkel; vielleicht kommt beim nächsten Mal noch etwas mehr Licht dazu.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Minnesang: Die Blütezeit |
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Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: |
Christophorus 1 01.09.2001 |
Medium:
EAN: |
CD
4010072772428 |
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Ventadorn, |
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Christophorus Christophorus ist das älteste deutsche Plattenlabel mit dem Schwerpunkt "Geistliche Musik". Es wurde 1935 gegründet, um religiöse Inhalte mittels Schallplatten und Bücher auch während des Nazi-Regimes zu verbreiten. Heute - mehr als 75 Jahre später - stehen spirituelle Themen weiterhin im Mittelpunkt des Labels, mit besonderem Interesse für unbekannte Werke und historische Interpretation. Gregorianische Gesänge, geistliche Vokalmusik, Musik der christlichen Kirchen und die Gesänge aus Taizé sind im Katalog ebenso vertreten wie Musik des Mittelalters und der Renaissance. Mit diesem Repertoire gilt Christophorus heute als eines der wichtigsten unabhängigen Labels auf dem internationalen Klassikmarkt. Mehr Info... |
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