> > > Gadenstätter, Clemens: Comic Sense
Montag, 2. Oktober 2023

Gadenstätter, Clemens - Comic Sense

Breitgetreten


Label/Verlag: Kairos
Detailinformationen zum besprochenen Titel


,Comic sense’ nannte Clemens Gadenstätter seine im Auftrag einer österreichischen Bank verfasste einstündige Komposition. Damit bezieht er sich auf ,Comics’, Bildergeschichten, die ursprünglich komische Inhalte hatten, doch ist diese Grenze längst gesprengt. Gadenstätter geht es ausdrücklich um Witz und Komik.

Comic ohne Geschichte

Sind Comics Kunst? Eine notwendige Bedingung für Kunst ist das ,Ins-Werk-Setzen von Wahrheit’ (Heidegger). Also kann ein Comic Kunst sein, wenn der Autor eine Wahrheit zeigt. Gadenstätter orientiert sich am Comic, versucht mit ,Comic sense’ die Ästhetik eines Comics in Klang umzusetzen. Das in drei ,Staffeln’ unterteilte Stück, das in der Großform irgendwo zwischen Klavierkonzert und Suite liegt, hat den Formrhythmus eines Comics. Kurzatmig folgen Klangbilder aufeinander. Die ,Bilder’ sind wie mit einem ,Rahmen’ getrennt. Innerhalb eines Bildes passieren diverse, gern wiederholte Klangereignisse (,Boing’). Im Gegensatz zu Comics, die, selbst wenn sie nur aus drei Bildern gezeichnet sind, noch eine Geschichte erzählen, kann ich hier nichts Stringentes erkennen, weder im Ganzen, noch innerhalb einer Staffel. Stringent ist lediglich die monotone Abfolge der Bilder.

Was ist komisch?

Auch der Ausdruck ist monoton. In den ersten zwei Minuten kann man die schrägen (auch elektronischen) Klänge noch komisch nennen, nach drei Minuten hat man das Prinzip verstanden und nach fünf Minuten weiß man, dass nichts Neues mehr kommt. Die übrigen fünfundfünfzig Minuten sind ein unbeabsichtigter Hinweis auf die Relativität der musikalischen Zeit. Wann ist etwas komisch? Ich kenne dieses große Geheimnis nicht, aber es muss einen Gegenstand geben. Jedenfalls sind die großen Komödien eigentlich Tragödien, etwa ,Der zerbrochene Krug’ von Kleist oder ,Der Menschenfeind’ von Moliere. Dieses Prinzip gilt auch im Comic. Donald Duck ist ebenso wie Ritter Runkel eine immer scheiternde Gestalt. ,Comic sense’ ist absolute Musik. Was ist Gegenstand des Stückes? ,Ich wollte es anders machen und die musikalischen Zusammenhänge gegen den Strich bürsten.’, so Gadenstätter. Das ganze Stück ist gegen den eigenen Strich gebürstet. Da ist nichts mehr, gegen das gebürstet werden kann.

Wo ist die Wahrheit?

Welche Wahrheit zeigt uns ,Comic sense’? Nun ist es, ganz besonders in der Musik, schwierig, diese Frage zu beantworten. Aber die Wahrheit zeigt sich im Werk. Ist es die Erkenntnis, dass zeitgenössische Musik nicht komisch ist? Ist es die Bürste? Das sind reine Negationen, sonst nichts. Darauf kann man kein einstündiges Stück bauen. Wenn sich Gadenstätter zeitlich etwas eingeschränkt hätte, wäre es ein gut instrumentiertes, kleines, komisches Stück geworden, quirlig interpretiert von Klangforum Wien unter Mark Forster, aufgenommen, vielleicht neben anderen Stücken, in der von Kairos gewohnten ausgezeichneten Qualität.

Interpretation:
Klangqualität:
Repertoirewert: 
Booklet:




Patrick Beck Kritik von Patrick Beck,


Dieser Beitrag hat Ihnen gefallen? Empfehlen Sie ihn weiter!

Ihre Meinung? Kommentieren Sie diesen Artikel

Jetzt einloggen, um zu kommentieren.
Sind Sie bei klassik.com noch nicht als Nutzer angemeldet, können Sie sich hier registrieren.



Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:



Cover vergrößern

    Gadenstätter, Clemens: Comic Sense

Label:
Anzahl Medien:
Veröffentlichung:
Spielzeit:
Aufnahmejahr:
Kairos
1
19.01.2005
59:16
2004
Medium:
EAN:
BestellNr.:

CD
9120010280184
KAI0012452


Cover vergössern

Gadenstätter, Clemens


Cover vergössern

Dirigent(en):Foster, Mark
Orchester/Ensemble:Klangforum Wien
Interpret(en):Müller, Florian


Cover vergössern

Kairos

Der unwiderstehliche Klang der Neuen Musik.


Mehr Info...


Cover vergössern
Jetzt kaufen bei...

Titel bei JPC kaufen


Weitere Besprechungen zum Label/Verlag Kairos:

blättern

Alle Kritiken von Kairos...

Weitere CD-Besprechungen von Patrick Beck:

  • Zur Kritik... Quartett trifft Human Beatboxing: Zweite CD des polnischen Quartetts Kwartludium. Kwartludium spielt die hier vorgestellten Kompositionen genau, sorgfältig, mit viel Liebe, atmosphärisch und vor allem überaus lebendig. Weiter...
    (Patrick Beck, )
  • Zur Kritik... Unsuk Chin wieder aufgelegt: Das Ensemble Intercontemporain spielt Werke von Unsuk Chin - auch in Wiederauflage eine tolle Aufnahme. Weiter...
    (Patrick Beck, )
  • Zur Kritik... Edgar Varèse in Salzburg: Ein kostbares Dokument der Salzburger Festspiele 2009 mit Kompositionen Edgar Varèses. Weiter...
    (Patrick Beck, )
blättern

Alle Kritiken von Patrick Beck...

Weitere Kritiken interessanter Labels:

  • Zur Kritik... Kollaboratives Komponieren: Das Label Kairos präsentiert facettenreiche Ensemblemusik des schwedischen Komponisten Jesper Nordin. Weiter...
    (Dr. Kai Marius Schabram, )
  • Zur Kritik... Klangprächtig: Ein äußerst ansprechendes Plädoyer für die Musik Friedrich Gernsheims. Weiter...
    (Dr. Jürgen Schaarwächter, )
  • Zur Kritik... Hoher Abstraktionsgrad: Marco Fusi beeindruckt mit Violin-'Werken' Giacinto Scelsis. Weiter...
    (Dr. Kai Marius Schabram, )
blättern

Alle CD-Kritiken...

Magazine zum Downloaden

NOTE 1 - Mitteilungen (3/2023) herunterladen (4400 KByte)

Anzeige

Jetzt im klassik.com Radio

Georg Philipp Telemann: Ouverture Suite in A major TWV 55:A4 - Tempo di Giga

CD kaufen


Empfehlungen der Redaktion

Die Empfehlungen der klassik.com Redaktion...

Diese Einspielungen sollten in keiner Plattensammlung fehlen

weiter...


Portrait

Der Pianist und Organist Aurel Davidiuk im Gespräch mit klassik.com.

"Man muss das Ziel kennen, bevor man zur ersten Probe erscheint."
Der Pianist und Organist Aurel Davidiuk im Gespräch mit klassik.com.

weiter...
Alle Interviews...


Hinweis:

Mit Namen oder Initialen gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung des Verfassers, nicht aber unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.

Die Bewertung der klassik.com-Autoren:

Überragend
Sehr gut
Gut
Durchschnittlich
Unterdurchschnittlich