
La Leoná - Stefano Grondona plays Julián Arcas
Der Mythos lebt
Label/Verlag: Stradivarius
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Legenden gibt es überall, sogar im Instrumentenbau. Dazu gehört zum Beispiel die sagenhafte, weltberühmte Gitarre des spanischen Gitarrenbauers Antonio Torres, die er 1856 baute und die er ‘La Leona’ nannte, die Löwin. Das Instrument war ein Einzelstück, das Torres für den berühmten Gitarristen Julián Arcas anfertigte und dessen Klang für die damaligen Hörgewohnheiten eine kleine Revolution darstellte: warm und weich, dabei voller Kraft und Tragfähigkeit. Schnell adaptierten zahlreiche Instrumentenbauer Torres Konzept und ‘La Leona’ wurde zum Vorbild für die spanische Gitarre schlechthin, bis heute.
Es ist nahezu ein Wunder, dass die Gitarre noch existiert und vor allem spielbar ist. Das ging natürlich nicht ohne die eine oder andere Restauration und Modifikation, aber der Grundcharakter des Instruments ist noch immer erhalten. Auf seiner neuesten CD, präsentiert Stefano Grondona nun den Klang der ‘besten Gitarre der Welt’.
Grondona hat sich dazu Werke von Julián Arcas ausgesucht, jenen Gitarristen, für den ‘La Leona’ einst konzipiert wurde – hier passen Stückauswahl und Instrument hervorragend zusammen.
Arcas Werk umfasst neben klassischer altspanischer Gitarrenmusik des 19. Jahrhunderts, bereits südamerikanische Anleihen, wie Bolero- und Tango-Adaptionen, sowie kammermusikalische Elemente, die man zum Beispiel in seinem streng und schlicht gehaltenen ‘Rondo’ hören kann. Welch ein grandioser Musiker Arcas gewesen sein muss, erschließt sich schon bei oberflächlichem Hinhören. Die technischen Anforderungen seiner Kompositionen sind enorm und erfordern zudem ein hohes Maß an musikalischem Verständnis, will man in den verhaltenen Passagen nicht sofort in Beliebigkeit abdriften.
Gerade vor diesem Hintergrund ist es eine wahre Freude, Stefano Grondona beim Spielen zuzuhören. Der ehemalige Segovia Schüler erweckt jede einzelne Komposition zum Leben mit seiner kontrollierten und dabei doch ungemein expressiven Spielweise. Jede Note wird sauber artikuliert, wirkt dabei doch nie steril. Wunderschöne Arpeggien perlen gleichförmig durch den Raum, wobei die Artikulation vor allem in den hohen Lagen eine Perfektion an den Tag legt, die von einer solchen Sauberkeit und Klarheit beherrscht wird, dass man sich als Hörer nur freuen kann. Gordonas Flaggeoettes kommen klar und definiert, so dass klanglich nur eine minimale Differenz zu gegriffenen Tönen besteht. Seine technische Sicherheit lässt die handwerkliche Seite der Kompositionen in den Hintergrund treten und bringt das Musikalische in ihnen zum Vorschein. Nicht auf die Bewältigung der großen Linien muss man hier achten, sondern auf ihren Ausdruck.
Dabei ist es das tatsächlich einzigartige Klangverhalten der ‘La Leona’, das einen entscheidenden Anteil am Hörerlebnis dieser CD hat: ein romantisch weicher Klang, zu keiner Zeit aggressiv, mit definierten Bässen und Höhen aber ohne kratzende Präsenzen. Stefano Grondona arbeitet vorzüglich den polyphonen Charakter der einzelnen Stücke heraus und bleibt in seiner Anschlagstechnik nicht dem harten Barockspiel verbunden, sondern bedient sich einer weichen Tongebung.
Die Aufnahmetechnik tut ihr Übriges. Das Klangbild ist in allen Frequenzbereichen präsent und differenziert. Ein wenig Hall steigert das Raumempfinden, verwehrt aber nicht den Zugang zum Originalklang des Instruments. Beinahe völlig ohne Nebengeräusche kann der Zuhörer sich quasi bei Herrn Grondona auf den Schoß setzen und ihn beim Spielen atmen hören – oder auch leise mitsummen…
Eine wahrlich wunderschöne CD, die man als Gitarrenfan haben muss. Aber auch für denjenigen, für den das Rezitieren sämtlicher Jahrhundertaufnahmen der klassischen Gitarre nicht zum allmorgendlichen Prozedere gehört, gibt es hier eine knappe Stunde lang traumhaft schöne Musik von einem wahren Virtuosen.
Kein Wehrmutstropfen? Nur ein kleiner: Das Booklet. Es ist umfangreich, aufwendig gestaltet, mit vielen Fotos und detaillierten Beschreibungen von Komponist und Instrument. Aber: Kein einziger deutsche Satz ist drin. Man sollte also des Spanischen, Italienischen, Englischen oder Französischen mächtig sein, um sich auch diesen Teil der CD erschließen zu können. Das sind zwar viele, aber längst nicht alle, und deshalb gibt es dafür keine Höchstwertung. Aber wer braucht schon Booklets…
Dieser Beitrag hat Ihnen gefallen? Empfehlen Sie ihn weiter!
Ihre Meinung? Kommentieren Sie diesen Artikel
Jetzt einloggen, um zu kommentieren.
Sind Sie bei klassik.com noch nicht als Nutzer angemeldet, können Sie sich hier registrieren.
Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
![]() Cover vergrößern |
La Leoná: Stefano Grondona plays Julián Arcas |
|||
Label: Anzahl Medien: Veröffentlichung: Spielzeit: |
Stradivarius 1 24.11.2006 58:28 |
Medium:
EAN: BestellNr.: |
CD
8011570336927 STR 33692 |
![]() Cover vergössern |
Arcas, Julián |
![]() Cover vergössern |
|
![]() Cover vergössern |
Stradivarius Das 1988 gegründete Label STRADIVARIUS hat sich auf dem internationalen Markt als unabhängige Schallplattenfirma durchgesetzt, die vor allem auf zwei musikalische Gattungen spezialisiert ist: klassisch - aus der Renaissance und dem Barock - (mit der Reihe Dulcimer) und zeitgenössisch (mit der Reihe Times Future). Diese programmatische Entscheidung kommt aus dem Willen, eine ganz bestimmte und bezeichnende Rolle im heutigen Schallplattenumfeld zu spielen. Insbesondere hat STRADIVARIUS immer das Ziel verfolgt, den Vorrang italienischen Komponisten und Interpreten zu geben, um die bemerkenswertesten italienischen Kulturdarsteller auf aller Welt kennenlernen zu lassen. In einem weiten Bereich ist STRADIVARIUS tätig: geistige, säkulare, Vokal-, Instrumental-, Solo-, Kammer- und Orchestermusik. Es gibt viele Beispiele seltener Registrieren, die als außerordentliche Kunstwerke weltweit betrachtet werden, wie zum Beispiel die Serie Un homme de concert, die die Zusammenarbeit mit dem berühmten Sviatoslav Richter offiziell festgelegt hat. Was das zeitgenössische Repertoire betrifft, ist STRADIVARIUS im Laufe der Jahre, dank der Reihe Times Future, ein Bezugspunkt geworden, indem sie Werke von Franco Donatoni, Salvatore Sciarrino, Bruno Maderna, Goffredo Petrassi, Ivan Fedele, Luis De Pablo, Toshio Hosokawa und viele andere veröffentlicht hat. Bruno Canino, René Clemencic, Alan Curtis, Emilia Fadini, Monica Huggett, Lucas Pfaff, Arturo Tamayo, Maggio Musicale Fiorentino, Orchestra Sinfonica Nazionale della RAI, Orchestra Verdi di Milano, Orchestre Philarmonique de Radio France, Orquesta y Coro de Madrid: Sie sind nur einige der Musiker und Formationen, die CDs für STRADIVARIUS aufgenommen haben. Mit der Zeit ist das Bedürfnis entstanden, den Verlegervorschlag weiter zu diversifizieren; dadurch sind wichtige Reihen geboren, und zwar Guitar Collection (unter der Leitung von Frédéric Zigante), Ricordi Oggi (Ergebnis der Zusammenarbeit unter Stradivarius, dem Ricordi Universal Verlag und den Erben des Malers Emilio Tadini) und Milano Musica Festival (in Zusammenarbeit mit Milano Musica und RAI Radio3). Letzte in zeitlicher Reihenfolge ist die Landscape Serie, mit der STRADIVARIUS ihre Bereitschaft beweist, innovative Projekte zu verwirklichen. Mehr Info... |
![]() Cover vergössern |
Jetzt kaufen bei...![]() |
Weitere Besprechungen zum Label/Verlag Stradivarius:
-
Seelenharmonie: Überzeugende Wiedergabe von Miniaturen aus Spanien. Weiter...
(Michael Pitz-Grewenig, )
-
Musik für eine bessere Welt: Luigi Nonos letzte große Vokalkomposition 'Prometeo' ist aktueller denn je und liegt nun in einer weiteren großartigen Aufnahme vor. Weiter...
(Michael Pitz-Grewenig, )
-
Erkundung klanglicher Zwischenbereiche: Marco Fusi widmet sich auf seiner neuesten CD den solistischen Werken für Violine und Viola von Salvatore Sciarrino. Weiter...
(Prof. Dr. Stefan Drees, )
Weitere CD-Besprechungen von Daniel Röder:
-
Die dritte Hand: Und wer traut sich heutzutage, Liszts atemberaubend schwere und kunstvolle Transkriptionen aufzunehmen? Wer, wenn nicht Cyprien Katsaris? Weiter...
(Daniel Röder, )
-
Im Auftrag des Herrn: Da donnert und kracht es in einem Moment, nur um danach beinahe unhörbar den nächsten Themen abschnitt noch ergreifender und expressiver erfahrbar zu machen. Weiter...
(Daniel Röder, )
-
Mehr als Technik-Monster: Ob Olga Kern dem im Booklet oft zitierten Vergleich mit Vladimir Horowitz standhalten kann, wage ich zu bezweifeln. Aber sie hat ja auch noch eine Menge Zeit. Weiter...
(Daniel Röder, )
Weitere Kritiken interessanter Labels:
-
Federleicht wie Träume: Aufbruch in die Klangwelten Salvatore Sciarrinos. Weiter...
(Michael Pitz-Grewenig, )
-
Transzendentales Spiel: Manuel Cini meistert Liszts große Etüden (mit kleinen Abstrichen). Weiter...
(Dr. Kai Marius Schabram, )
-
Zeitlose Klavierkunst : Wilhelm Backhaus spielt Beethoven und Brahms in Aufnahmen von 1927–1939, Weiter...
(Dr. Kai Marius Schabram, )
Portrait

"Man muss das Ziel kennen, bevor man zur ersten Probe erscheint."
Der Pianist und Organist Aurel Davidiuk im Gespräch mit klassik.com.
Sponsored Links
- Opernreisen und Musikreisen bei klassikreisen.de
- Konzertpublikum
- Musikunterricht
- klassik.com Radio
- Urlaub im Schwarzwald
- Neue Musikzeitung
- StageKit - Websites für Musiker, Veranstalter und Konzertagenturen
Hinweis:
Mit Namen oder Initialen gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung des Verfassers,
nicht aber unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.
Die Bewertung der klassik.com-Autoren:
Überragend
Sehr gut
Gut
Durchschnittlich
Unterdurchschnittlich