> > > Van der Pals: Streichquartette Vol. 1: Van der Pals Quartet
Samstag, 9. Dezember 2023

Van der Pals: Streichquartette Vol. 1 - Van der Pals Quartet

Familienbande


Label/Verlag: cpo
Detailinformationen zum besprochenen Titel


Leopold van der Pals' Musik ist allemal eine Auseinandersetzung wert.

Ab dem ersten Takt ist man gebannt von der Musik. Ein Streichquartett, das mit einem lang gehaltenen Solotriller eröffnet – das hört man selten, und die Musik entwickelt sich nicht minder vielversprechend. Leopold van der Pals wurde 1884 in Sankt Petersburg geboren, absolvierte sein erstes Musikstudium bei seinem Großvater am dortigen Konservatorium, wechselte dann nach kurzem Aufenthalt in Lausanne nach Berlin, wo er sein Studium bei Reinhold Glière abschloss. 1915 kehrte er in die Schweiz zurück, wo 1916-17 sein erstes Streichquartett op. 33 entstand. Schon in diesem Werk zeigt er sich dem spätromantischen Stil mancher Zeitgenossen entwachsen, nähert sich dem Expressionismus, ohne die Tonalität über Bord zu werfen.

Auch von der Formgestaltung brechen die hier vorgestellten Streichquartette Nr. 1, 2 op. 66 (1925) und 79 „Metamorphosen“ (1929, binnen vier Tagen komponiert, ohne störende Satzbinnenschlüsse quasi durchkomponiert und in seiner Konzentration und musikalischen Verdichtung unprätentiös und beeindruckend zugleich) nicht mit der Tradition, sondern führen diese fort. Diese Art zu komponieren können wir bei nicht-atonalen Komponisten bis mindestens in die 1960er-Jahre, gelegentlich bis heute hören. Bei van der Pals bleibt die musikalische Erfindungskraft ungebrochen, die Freude an Dissonanzen und ihrer Auflösung, an weiten Bögen und der Arbeit mit thematischem und motivischem Material jederzeit ungebrochen. Bedenkt man, dass diese Werke entstanden, während er stetig seine schwer kranke Frau Marussja unterstützen musste und mit ihr von Sanatorium zu Sanatorium reiste und bis zu Marussjas Tod 1934 an 80 verschiedenen Orten lebte, ist van der Pals‘ konzentrierte Arbeit vielleicht umso verständlicher. Auch wenn er in Kontakt zu vielen auch heute noch bekannten Musikern seiner Zeit stand, seinen eigenen Ton, teilweise hörbar bedingt durch seine russische Herkunft, teilweise bedingt durch seine kosmopolitische Lebensweise, teilweise durch seine vielen Aufenthalte in der Schweiz, hören wir durchgehend durch, selbst wenn er im dritten Quartett unterschiedliche Aspekte zu Worte kommen lässt.

Ergänzt werden die drei substanziellen Werke durch ein kurzes 1948 entstandenes In Memoriam‘ op. 176, das anlässlich des Todes der engen Freundin Marie Steiner-von Sievers (der Witwe Rudolf Steiners) entstand. Für van der Pals war 1948 „eins der chaotischsten Jahre der Weltgeschichte“, und so findet sich in dieser Miniatur weit mehr als die Trauer um einen nahestehenden Menschen, sondern auch der resignierte Rückblick auf ein anstrengendes Jahr. Van der Pals starb erst 1966 und war bis zum Ende als Komponist aktiv, auch wenn er die avantgardistischen Trends nicht aufgriff.

Das Van der Pals Quartett gründete sich in Schweden (der Cellist ist Tobias van der Pals, ein Großneffe Leopold van der Pals‘), und die enge auch emotionale Verbundenheit zur Musik ist jederzeit zu spüren. Wir haben hier die glückliche Verbindung von musikalischer Professionalität und persönlichem Engagement, die zu empathischen, musikalisch dichten Ergebnissen führt. Vielleicht hätte noch mehr Emotionalität der Musik gut getan, aber auch durch das Understatement im Großen überzeugt die Darbietung voll und ganz.

Interpretation:
Klangqualität:
Repertoirewert: 
Booklet:






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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:



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    Van der Pals: Streichquartette Vol. 1: Van der Pals Quartet

Label:
Anzahl Medien:
cpo
1
Medium:
EAN:

CD
761203528226


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Pals, van der, Leopold


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cpo

Wohl kaum ein zweites Label hat in letzter Zeit soviel internationale Aufmerksamkeit erregt wie cpo. Die Fachwelt rühmt einhellig eine überzeugende Repertoirekonzeption, die auf hohem künstlerischen Niveau verwirklicht wird und in den Booklets eine geradezu beispielhafte Dokumentation erfährt. Der Höhepunkt dieser allgemeinen Anerkennung war sicherlich die Verleihung des "Cannes Classical Award" für das beste Label (weltweit!) auf der MIDEM im Januar 1995 und gerade wurde cpo der niedersächsische Musikpreis 2003 in "Würdigung der schöpferischen Leistungen" zuerkannt.
Besonders stolz macht uns dabei, daß cpo - 1986 gegründet - in Rekordzeit in die Spitze vorgestoßen ist. Das Geheimnis dieses Erfolges ist einfach erklärt, wenn auch schwierig umzusetzen: cpo sucht niemals den Kampf mit den Branchenriesen, sondern füllt mit Geschick die Nischen, die von den Großen nicht besetzt werden, weil sie dort keine Geschäfte wittern. Und aus mancher Nische wurde nach einhelliger Ansicht der Fachwelt mittlerweile ein wahres Schmuckkästchen.
Am Anfang einer Repertoire-Entscheidung steht bei uns noch ganz altmodisch das Partituren-lesen, denn nicht alles, was noch unentdeckt ist, muß auch auf die Silberscheibe gebannt werden. Andererseits gibt es - von der Renaissance bis zur Moderne - noch sehr viele wahre musikalische Schätze zu heben, die oft näher liegen, als man meint. Unsere großen Werk-Editionen von Pfitzner, Korngold, Hindemith oder Pettersson sind nicht umsonst gerühmt worden. In diesem Sinne werden wir fortfahren.
Letztendlich ist unser künstlerisches Credo ganz einfach: Wir machen die CDs, die wir schon immer selbst haben wollten. Seien Sie herzlich zu dieser abenteuerlichen Entdeckungsfahrt eingeladen!


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