
Emilie Mayer: String Quartets Vol.1 - Constanze Quartet
Kein überzeugendes Plädoyer
Label/Verlag: cpo
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Dem Constanze Quartett mangelt es an rhetorischer Überzeugungskraft, um drei Streichquartette Emilie Mayers zu einem besonderen Erlebnis zu machen.
In merkwürdig direktem, etwas halligem Klang erklingen hier drei Streichquartette einer Komponistin des 19. Jahrhunderts, die in den vergangenen Jahren verstärkt Aufmerksamkeit gefunden hat. Vieles, was über Emilie Mayer (1812–1883) geschrieben oder im Rundfunk geäußert wurde, ist allerdings nicht recht passend – findet doch nicht selten keine seriöse Einordnung ihres Schaffens in die Musik ihrer Zeit statt. Natürlich hatte es eine Musikerin im 19. Jahrhundert schwer, und die handwerkliche Qualität ihres Schaffens ist unbestreitbar, mehr noch: Die Durchsetzungskraft, die Emilie Mayer in der männerdominierten Welt des Komponierens an den Tag legte, ist mehr als beeindruckend. Und ihr vielfältiges Oeuvre ist mehr als beeindruckend – acht Sinfonien, galt ihre besondere Schwäche jedoch der Kammermusik.
Kluges Miteinander
Die drei hier zu hörenden Streichquartette in G-Dur, A-Dur und e-Moll entstanden in den 1850er-Jahren – in einer Zeit also, als Kammermusik auch für Streichquartett in ganz Europa reiche Früchte trug, von denen sich nur ganz wenig im Repertoire gehalten haben. Als besondere Qualitätseigenschaften galten damals kluges Miteinander der Stimmen, sorgfältig ausgearbeiteter Kontrapunkt und attraktive Melodiegestaltung. Und eben jenem großen Kreis ist auch Meyers Schaffen zuzuzählen, der Traditionslinie eines Carl Czerny, Ferdinand Ries, Friedrich Schneider, Johann Wilhelm Wilms oder Friedrich Witt, selbst eines Gioachino Rossini, auch ihres Lehrers Carl Loewe. Wie auch bei diesen Komponisten hören wir gelegentlich spannungsvoll zugespitzte harmonische Phrasen, die aber, auch aus Rücksicht vor dem Publikum, nicht allzu lang anhalten durften.
Von der Kritik nicht selten gefeiert, verfügte Mayer über hinreichende Mittel, um in Berlin einen gastreichen Salon zu führen und ganz der Komposition zu leben. Dass viele ihrer Werke auch aufgeführt wurden (ja, auch die Sinfonien), zeugt nicht nur von der beeindruckenden Persönlichkeit Mayers, sondern auch der großen handwerklichen Kunst, die keinem ihrer Werke abzusprechen sind. Dass sie aus heutiger Perspektive zu einer riesigen Schar vergessenen Repertoires gehören, ist sicherlich bedauerlich, aber eben überhaupt kein Einzelfall. Jede Bemühung, den Blick auf die Musikgeschichte zu weiten, ist aller Ehren wert. Doch bitte nicht in derart deplorabler, von der Mikrofonierung her hochproblematischer Mikrofonierung. Und bitte auch sauberer intoniert. Phrasierung und Dynamisierung, Ensemblespiel und das Eingehen aufeinander sind handwerklich gut gemacht – aber für lange vergessenes Repertoire braucht es ganz häufig mehr. Das fehlt dem Rezensenten hier.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Emilie Mayer: String Quartets Vol.1: Constanze Quartet |
|||
Label: Anzahl Medien: |
cpo 1 |
Medium:
EAN: |
CD
761203560028 |
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Mayer, Emilie |
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cpo Wohl kaum ein zweites Label hat in letzter Zeit soviel internationale Aufmerksamkeit erregt wie cpo. Die Fachwelt rühmt einhellig eine überzeugende Repertoirekonzeption, die auf hohem künstlerischen Niveau verwirklicht wird und in den Booklets eine geradezu beispielhafte Dokumentation erfährt. Der Höhepunkt dieser allgemeinen Anerkennung war sicherlich die Verleihung des "Cannes Classical Award" für das beste Label (weltweit!) auf der MIDEM im Januar 1995 und gerade wurde cpo der niedersächsische Musikpreis 2003 in "Würdigung der schöpferischen Leistungen" zuerkannt.
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