
C.P.E.Bach: Sonatas - Karel Valter, Hadrien Jourdan
Geistvoll
Label/Verlag: ARS Produktion
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Karel Valter und Hadrien Jourdan breiten gehaltvolle Sonaten des großen Carl Philipp Emanuel Bach mit dem notwendigen Gewicht aus, verbunden mit gestalterischer Raffinesse und Klangeleganz.
Die Sonaten für Traversflöte von Carl Philipp Emanuel Bach bieten ein vielfältiges Hörvergnügen. Das beweist die aktuell beim Label Ars Produktion erschienene Platte des Traversflötisten Karel Valter und das Clavierspielers Hadrien Jourdan, in einer der Sonaten unterstützt vom Cellisten Petr Skalka. Zu hören sind die vier Sonaten für Traversflöte und ‚Clavier Obbligato‘ Wq 83 bis 86, dazu die mit der Werkverzeichnisnummer Wq 150 und abschließend die Sonate für Traversflöte und Basso continuo Wq 133.
Hadrien Jourdan, der ganz im Sinne Bachs für den obligaten Tastenpart zwischen Cembalo und Fortepiano abwechselt, schreibt im Bookletessay, dass die Zeit nach Johann Sebastian Bach oft als Zwischenzeit, als Periode des Übergangs klassifiziert wird – verbal und musikalisch. Zweifellos hat es die Musikgeschichte über lange Zeit nicht gut gemeint mit der ästhetischen Epoche der Bach-Söhne. Carl Philipp Emanuel kann als vielleicht wichtigster Exponent dessen gelten, womit sich die historische Betrachtung so schwertat.
An der Qualität seiner geistvollen Kompositionen kann es nicht liegen: Bach legt seine Werke als dreisätzige Triosonaten an, in denen zur Oberstimme in der Flöte eine zweite selbstständige Stimme im Spiel der rechten Hand des Clavieristen hinzutritt. Das ergibt in dieser Einspielung entzückende Konstellationen, von Hadrien Jourdan abwechselnd verlebendigt mit einem von Barthélemy Formentelli nach einem Modell von Antoine Vater gebauten Cembalo und einer Silbermann-Fortepiano-Kopie von Kerstin Schwarz.
Bachs Kompositionen weisen die typischen Qualitäten so vieler seiner Werke auf: Prägend sind bewegt, erkundungsfreudige, auch eine spezifische Virtuosität einbindende Ecksätze – vielleicht ohne die letzte Schroffheit und Geste des Aufbegehrens, die Bachs Instrumentalwerken sonst so charakteristisch ist. Die Mittelsätze sind im Gegensatz dazu Seelenerkundungen, lyrisch-spannungsvolle Introspektionen voller Sehnsucht und expressiver Kraft.
Der von Jourdan im Booklet zitierte Musikästhetiker Johann Georg Sulzer gab für das Trio, wie es in den Bach-Sonaten beinahe idealtypisch Gestalt gewinnt, beschreibende Hinweise, wie diese Musik sein sollte: ‚Das eigentliche Trio hat drei Hauptstimmen, die gegeneinander concertieren und gleichsam ein Gespräch in Tönen unterhalten.‘ Weiter im Detail: Die Musik solle ‚ein empfindsames Gespräch in bloß leidenschaftlichen Tönen unter gleichen, oder von einander abstechenden Charakteren‘ wiedergeben. Das tut Bach – und sehr viel mehr, weshalb seine Musik auch heute noch eine eminente Frische und Dringlichkeit ausstrahlt.
Versierte Stilisten
Das verdankt sie natürlich den beiden Hauptinstrumentalisten. Karel Valter spielt seine von Martin Wenner nach einem Instrument des Brüsseler Meisters des 18. Jahrhunderts Godfridus Adrianus Rottenburgh gebaute Flöte mit elegantem, locker fließendem Ton im Grunde ohne erkennbare technische Limitierungen: Die allfälligen virtuosen Hürden nimmt er souverän, dabei den klingenden Tonkaskaden eine quecksilbrige Wirkung sichernd. Valter verströmt sich zugleich konzentriert und mit lyrischer Ambition. Gemeinsam mit dem Tasteninstrument verziert er mit Maß und Geschmack.
Hadrien Jourdan balanciert den Beitrag seiner Instrumente zwischen (wohlklingender) Begleitung und der Bewältigung von (faktischer) Strukturlast mit leichter Hand präzis aus. Obwohl klassische Elemente späterer Begleitarbeit am Klavier – rhythmisierte Akkordik, eine harmonisch stützende Funktion – gelegentlich deutlich werden, behauptet die rechte Hand ihre solistischen Rechte ganz selbstverständlich, wird auch die immer wieder sich kontrapunktisch gebende Basis der Sätze mit Genuss und Nonchalance entfaltet.
Beide Instrumentalisten gelangen zu klar gefassten Konstellationen bei der Gestaltung der Tempi, die den Sonaten stimmig Konturen verleihen: Bachs Musik profitiert in dieser Hinsicht von klaren, entschiedenen Verhältnissen. Dynamisch sind die Erträge in der Varianz wie im Maximum – angesichts der instrumentalen Besetzung: natürlich – verhalten divers, doch sind Bachs Sätze so exzellent gearbeitet, dass sich die wünschenswerten Effekte ohnedies verlässlich einstellen. Dazu ist das Spiel der Instrumentalisten artikulatorisch variantenreich – von einer in der Traversflöte klar gegliederten Linearität, die auch im Adagio nie zur Gefühligkeit neigt, bis zum kleinteiligen, knackig gegriffenen Spiel der Tasteninstrumente.
Das Klangbild zeigt sich erwärmt und gut balanciert, dazu von schöner Substanz, überwiegend auch mit klar gefassten Ergebnissen. Die tiefen Register der Tasteninstrumente verschwimmen dagegen etwas, wirken trotz fabelhafter Artikulation des Spielers gelegentlich verdichtet und nicht trennscharf genug abgebildet. Das sehr gut informierende Booklet leidet unter den allzu knappen Angaben zu den erklingenden Instrumenten, die kaum über die Namensnennung der verantwortlichen Instrumentenbauerinnen und -bauer hinausgehen – eine audiophile Einspielung dieser Ambition, mit wenigen und daher zentralen instrumentalen Größen vertrüge mehr Informationen. Empfehlenswert ist in jedem Fall eigene Recherche zu den fabelhaft kompetenten und versierten Dreien Formentelli, Schwarz und Wenner.
Karel Valter und Hadrien Jourdan breiten gehaltvolle Sonaten des großen Carl Philipp Emanuel Bach mit dem notwendigen Gewicht aus, verbunden mit gestalterischer Raffinesse und Klangeleganz.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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C.P.E.Bach: Sonatas: Karel Valter, Hadrien Jourdan |
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Label: Anzahl Medien: |
ARS Produktion 1 |
Medium:
EAN: |
CD
4260052386231 |
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Bach, Carl Philipp Emanuel |
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