> > > 1923 - Le miroir de Jesus: Chor des Bayerischen Rundfunks, Münchner Rundfunkorchester, Howard Arman
Samstag, 23. September 2023

1923 - Le miroir de Jesus - Chor des Bayerischen Rundfunks, Münchner Rundfunkorchester, Howard Arman

Himmlisch


Label/Verlag: BR-Klassik
Detailinformationen zum besprochenen Titel


Münchner Live-Mitschnitt eines wenig bekannten französischen geistlichen Chorwerkes.

Mit ‚1923 – Der wilde Sound der 20er‘ feiert der Bayerische Rundfunk die Gründungsjahre der Radioübertragung in Deutschland. Wie wenig dieser reißerische Titel zum vorliegenden Werk passt, erschließt sich binnen Sekunden: ‚Der Spiegel Jesu – Mysterien des Rosenkranzes‘ lautet der vollständige Titel von André Caplets geistlicher Komposition für Mezzosopran, Frauenchor, Streicher und Harfe. Während dieses Werk im französischen Sprachraum gar nicht so unbekannt ist, hat es den Weg aus diesem heraus kaum geschafft. Das Werk besteht aus drei Teilen – ‚Miroir de joie‘ (Spiegel der Freude), ‚Miroir de peine‘ (Spiegel des Leids) und ‚Miroir de gloire‘ (Spiegel der Glorie), jeder aus einem Vorspiel und fünf Episoden bestehend. Beim Hören wird sich niemand wundern, dass sich das Schaffen Olivier Messiaens ohne Caplets Komposition wohl kaum in bekannter Weise hätte entwickeln können.

Mit den ersten Takten wird die Tradition französischer geistlicher Musik, wie wir sie von Gounod, Franck oder Fauré kennen, aufgegriffen – doch finden wir uns hier eindeutig im 20. Jahrhundert, genauer: im 20. Jahrhundert nach dem Ersten Weltkrieg. Die Harmonik Claude Debussys (dessen Assistent Caplet zeitweise war) liegt weitgehend hinter uns, nur wenige Momente erinnern uns an Ravel (und es ist heikel, einige harmonische Wendungen à la Gustav Holst nicht ‚im englischen Stil‘ zu interpretieren) – hier haben wir unverkennbar eine eigenständige Stimme, die hier mit großer introvertierter Expression Meditationen über ‚Jésus‘ (ja, den Akzent sollten wir bei dieser Musik gerechterweise nicht vergessen) ausbreitet. Das Werk ist ziemlich genau eine Stunde lang und ist klanglich eine ganz typische Komposition Caplets, der immer im Schatten größerer Namen hatte zurückstehen müssen.

Delikater Ton

Das Münchner Rundfunkorchester trifft den delikaten Ton der Orchestertexturen sehr präzise, hebt das Changieren und die Differenziertheit des Ausdrucks vorzüglich hervor. Die Damen des Chors des Bayerischen Rundfunks singen im wahrsten Sinne himmlisch, und Anke Vondung ist mit reicher Tiefe und fabelhaft verblendeten Registern eine ausgesprochen passende Interpretin des schwierigen Mezzosopranparts, der sich nicht zuletzt durch zahllose feinste dynamische Farb- und Dynamikvaleurs auszeichnet; gelegentlich muss die Stimme in Rezitation oder gar Sprechgesang wechseln, und Vondung überzeugt in jeder Hinsicht. Wie schwierig die Musik ist, erweist, dass bislang nur wenige Tonträgereinspielungen auch mit französischen Ensembles vorgelegt worden sind (zumeist mit Kammerchören, auch wenn die Wirkung durch einen größer besetzten Chor wie hier noch beeindruckender ist), und der Chor des Bayerischen Rundfunk erfüllt seine Aufgabe vorbildlich.

Besonderes Lob gebührt Howard Arman, von 2015 bis 2022 künstlerischer Leiter des Chores des Bayerischen Rundfunks, der mit dieser Livemontage aus der Münchner Herz-Jesu-Kirche vom April 2019 eine Referenzeinspielung vorgelegt hat, die nicht ohne Grund mit dem französischen Diapason d’or ausgezeichnet worden ist. Caplets Komposition ist ein wichtiges Bindeglied zwischen dem späten 19. Jahrhundert und der geistlichen Chormusik etwa Arthur Honeggers und Frank Martins. Einzig der Booklettext kann mit der hochkarätigen Produktion mit vorbildlicher Aufnahmetechnik nicht mithalten.

Interpretation:
Klangqualität:
Repertoirewert: 
Booklet






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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:



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    1923 - Le miroir de Jesus: Chor des Bayerischen Rundfunks, Münchner Rundfunkorchester, Howard Arman

Label:
Anzahl Medien:
Veröffentlichung:
Spielzeit:
Aufnahmejahr:
BR-Klassik
1
20.01.2023
060:34
2019
Medium:
EAN:
BestellNr.:
Booklet
CD
4035719003420
900342


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Caplet, André


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"„Le miroir de Jésus“ (Der Spiegel Jesu) für Mezzosopran, Frauenchor, Streicher und Harfe – das letzte große Werk, das der französische Komponist André Caplet im Frühjahr und Sommer 1923 nach fünfzehn Gedichten des französischen Schriftstellers Henri Ghéon komponierte – bezeichnete er mit dem Untertitel „Mystères du rosaire „(Mysterien des Rosenkranzes). Das mystische Werk, dessen Form und Gattung sich den gängigen Kategorisierungen entzieht, kreist um die wichtigsten Stationen im Leben Jesu, erzählt aus der Perspektive der Jungfrau Maria und in ihrem Blick gleichsam gespiegelt. Jeder der drei Teile besteht aus einem ausgedehnten instrumentalen Prélude und fünf Episoden: Der erste beginnt mit der Verkündigung, berichtet von der Heimsuchung Marias, der Geburt Christi und von seiner Zeit im Tempel von Jerusalem. Der zweite Teil wendet sich den Mysterien des Schmerzes zu: der Geißelung Jesu’, der Dornenkrone, Kreuzweg und Todeskampf und schließlich seinem Tod. Im letzten werden die „Glorreichen Mysterien“ reflektiert: Jesu Auferstehung, Christi Himmelfahrt, Pfingsten und schließlich Mariä Himmelfahrt und Krönung. Ein Mezzosopran übernimmt die Perspektive der Maria. Gelegentlich wechselt die Stimme in Rezitation oder gar Sprechgesang; immer aber steht der Gesang dabei im Dienst des Textes, garantiert seine Verständlichkeit und deutet die Worte zugleich mit musikalischen Mitteln aus. Später stellt der Chor den jeweiligen Titel des Gedichts vor und tritt zudem an einigen wenigen, aber dafür umso bedeutsameren Stellen hervor: Er bekräftigt am Ende des ersten Rosenkranzes die Aussage von Ghéons Text durch ein lateinisches Bibelzitat und später durch Lobpreisungen wie „Sanctus“ und „Alleluja“. Caplet fand in „Le miroir de Jésus“ für die Mysterien der uralten Passionsgeschichte eine musikalische Form, die Vergangenheit und Gegenwart in eine friedvolle Synthese bringt. Die CD von BR-KLASSIK bietet den Live-Mitschnitt von Konzerten, die am 4. und 5. April 2019 in der Münchner Herz-Jesu-Kirche stattfanden. Die hochkarätige Besetzung mit Anke Vondung (Mezzosopran), dem Chor des Bayerischen Rundfunks und dem Münchner Rundfunkorchester unter Leitung von Howard Arman stellt das mystische Werk und seinen Komponisten Caplet, der als Schüler und Mitarbeiter Claude Debussys bekannt ist, wieder zur Diskussion. Die CD erscheint im Rahmen des Programmschwerpunkts zum Thema „100 Jahre Rundfunk“, der zeigt, wie prägend der Sound dieses Jahrhunderts war: 1923 begann inmitten der gesellschaftlichen Umwälzungen das Zeitalter des Rundfunks. In der für das neue Medium komponierten Musik spiegelt sich die Zeit zwischen Moderne und Tradition, Revolution und Republik, Jazz und Tanzmusik. "


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BR-Klassik

BR-KLASSIK, das Label des Bayerischen Rundfunks (BR), veröffentlicht herausragende Live-Konzerte des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks (BRSO), des Chors des Bayerischen Rundfunks, des Münchner Rundfunkorchesters sowie der Konzertreihe musica viva. Dabei ist es ein wesentliches Ziel des Senders, über seine Radio- und TV-Programme hinaus auch digital sowie via CD und DVD allen Musikfreunden weltweit Zugang zu besonderen Aufnahmen zu bieten und auf diese Weise auch jenes Publikum zu erreichen, welches keine Möglichkeit hat, die Konzerte der internationalen Tourneen selbst vor Ort live zu erleben.

Neben den jeweiligen Chefdirigenten wie beispielsweise Mariss Jansons oder Sir Simon Rattle finden sich großartige Künstlerpersönlichkeiten wie Daniel Barenboim, Herbert Blomstedt, Bernard Haitink und viele andere mehr.

Die Reihe BR-KLASSIK WISSEN liefert unterhaltsame und kurzweilige Hörbiografien von Jörg Handstein mit vielen Hintergrundinformationen und Musikbeispielen auf jeweils 4 CDs, erzählt von Udo Wachtveitl sowie spannende Werkeinführungen in bedeutende Kompositionen der Musikgeschichte.

Durch die Reihe BR-KLASSIK ARCHIVE werden historische Aufnahmen des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks wieder verfügbar. Beispielsweise die legendäre Aufführung des Verdi-Requiems unter der Leitung Ricardo Mutis mit Jessye Norman, Agnes Baltsa, José Carreras und Jewgenij Nesterenko und dem Chor des BR im Jahr 1981 oder etwa denkwürdige Konzertabende mit der Pianistin Martha Argerich: 1973 unter Leitung von Eugen Jochum mit Mozarts Klavierkonzert KV 456 sowie zehn Jahre später mit Beethovens Klavierkonzert Nr.1 unter Seiji Ozawa.

Mittlerweile umfasst der gesamte Katalog über 200 Aufnahmen und hat bereits mehr als 50 renommierte und internationale Auszeichnungen erhalten, darunter den Preis der Deutschen Schallplattenkritik, den Diapason d’or, den BBC Music Magazine Award und den ICMA.

BR-KLASSIK wird weltweit durch NAXOS vertrieben. Selbstverständlich gehören hierzu auch digitale Portale wie Spotify, Apple, amazon u.v.a.. Die Naxos Music Library präsentiert zudem für Universitäten und öffentliche Bibliotheken via Internet einen ständig wachsenden Katalog mit tausenden von Titeln weltweit führender Labels. Studenten, Lehrpersonal und andere Benutzer können sich jederzeit einloggen und in der Bibliothek, im Hörsaal, im Studentenwohnheim, im Büro oder zu Hause das komplette Repertoire abrufen - auch die Aufnahmen von BR-KLASSIK. 


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