
Bach Family - Ensemble Polyharmonique, Teatro del mondo, Andreas Küppers
Familiendinge
Label/Verlag: cpo
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Familiendinge bei und mit den Bachs der verschiedenen Generationen und Zweige: Glücklich gefügt und luzide präsentiert vom Ensemble Polyharmonique und Teatro del mondo.
Ein Bachsches Familienalbum zu konzipieren ist für Repertoirekenner ganz sicher ein Fest. Doch im Grunde sind so viele Abgrenzungsentscheidungen zu treffen, dass man wohl fortdauernd mit dem Gefühl, etwas Wichtiges, Zentrales gerade nicht in die Programmfolge aufnehmen zu können, umzugehen hat. Wenn man derlei Grübeleien fortschieben kann, ist eine Stunde pralle Qualität aus verschiedenen Generationen und Zweigen der Familie Bach leicht zu gewinnen – so haben es jetzt das Ensemble Polyharmonique und Teatro del mondo mit Andreas Küppers beim Label cpo gezeigt.
Zu hören sind Motetten, Arien und Messsätze von Heinrich (1615-1692) und Johann Bach (1604-1673) als Vertreter der älteren Generation, dann maßgeblich Johann Christoph (1642-1703) und Johann Michael (1648-1694) als ‚mittlere‘ der Bäche, Johann Sebastian (1685-1750) und sein Altersgenosse Johann Ludwig (1677-1731), schließlich Carl Philipp Emanuel (1714-1788) und Johann Ernst (1722-1777) als diejenigen, die Traditionen aufgriffen und fortschrieben. Die älteren Beiträge, durch Johann Sebastian als qualitätvoll geschätzt und bewahrt, sind die ästhetische Basis auch der später entstandenen Werke: Ebenso textkundige wie -affine, sensible Musik par excellence. Johann Sebastian Bach hat sich mit großen Teilen seines bis heute gerühmten Vokalwerks sehr bewusst in diese ältere Tradition seines familiären Kontexts gestellt. Auch über sein Werk hinaus weist der Weg zu den Arbeiten der Generation seiner Söhne, die, bei aller ästhetischen Modernisierung den angesprochenen Kern von Text und mit ihm versöhnter Musik nie vernachlässigen. Schließlich: Was für ein Glück, dass vieles von den Älteren durch die Überlieferung des Altbachischen Archivs auf uns gekommen ist. Die Musik selbst bezaubert, doch lässt sie auch vieles, was Johann Sebastian Bachs Schaffen prägt, vertrauter werden, Einbettung und Grundierung, ja, letztgültige Absicherung erfahren.
Exzellente Ensembles
Das Ensemble Polyharmonique ist in den vergangenen Jahren vernehmlich in die erste Reihe jener Formationen getreten, die sich überwiegend mit älterer deutscher Barockmusik einen Namen machen, von Heinrich Schütz über Tobias Michael bis in die Zeit Johann Sebastian Bachs. Namentlich sind es Magdalene Harer und Joowon Chung (Sopran), Alexander Schneider (Altus), Johannes Gaubitz und Sören Richter (Tenor) sowie Matthias Lutze (Bass). Wie in den früheren Einspielungen agiert das Ensemble auch im aktuellen Programm fabelhaft aufeinander abgestimmt, in klaren, charaktervollen Registern und attraktiven Farben. Die Texte werden in natürlicher, nie übertrieben vordergründiger Eloquenz präsentiert. Die Vokalisten finden angemessen verschiedene Zugänge zu den, bei aller Gemeinsamkeit, verschieden konturierten, ästhetisch – man bedenke die Spanne von weit über einhundert Jahren, die teilweise zwischen den Kompositionen liegt – durchaus differenten Sätzen und musikhistorischen Schichten. Die Kompositionen von Johann Ernst und Carl Philipp Emanuel Bach zum Beispiel werden in erweiterter expressiver Geste ausgesungen; eine schlichte Sammlung der sängerischen Mittel verleiht den älteren Sätzen ihre typische Wertigkeit.
Das Instrumentalensemble Teatro del mondo ist mit Tashinori Ozaki (Laute), Christian Heim (Violone) und seinem Leiter Andreas Küppers (Orgel) schmal, aber wirksam besetzt: Es grundiert geschmackvoll und solide, überinszeniert den Basso continuo gegenüber den Vokalpartien nicht. Die Laute setzt gelegentlich perkussive Akzente; insgesamt sind die Instrumente im aufgelockerten Satz der Jüngeren präsenter. Die Tempi sind fließend, werden im Zweifel sehr schön angefrischt und in Bewegung gebracht. Dynamisch ist das Geschehen den Eigenheiten der Werke wie der Besetzung entsprechend überschaubar variant. Intoniert wird in der sensiblen Balance zwischen vokaler und instrumentaler Ebene makellos rein, dabei lebendig und intensiv in mancher Schlusswirkung. Das heikle Verhältnis von Wort und Klang wird von allen Beteiligten mitgeprägt und mit wachem Sinn expliziert – bei aller diesbezüglichen Delikatesse mit hörbarem musikantischem Vergnügen. Die Martinskirche in Müllheim im Markgräflerland ist ein schöner, vielfach bewährter Aufnahmeort für Musik, die Präzision in Struktur und Staffelung mit einem maßvollen, aber prägenden Raumanteil zu versöhnen hat: Besonders gelungen.
Familiendinge bei und mit den Bachs der verschiedenen Generationen und Zweige: Glücklich gefügt und luzide präsentiert vom Ensemble Polyharmonique und Teatro del mondo.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() |
Dieser Beitrag hat Ihnen gefallen? Empfehlen Sie ihn weiter!
Ihre Meinung? Kommentieren Sie diesen Artikel
Jetzt einloggen, um zu kommentieren.
Sind Sie bei klassik.com noch nicht als Nutzer angemeldet, können Sie sich hier registrieren.
Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
![]() Cover vergrößern |
Bach Family: Ensemble Polyharmonique, Teatro del mondo, Andreas Küppers |
|||
Label: Anzahl Medien: |
cpo 1 |
Medium:
EAN: |
CD
761203541829 |
![]() Cover vergössern |
cpo Wohl kaum ein zweites Label hat in letzter Zeit soviel internationale Aufmerksamkeit erregt wie cpo. Die Fachwelt rühmt einhellig eine überzeugende Repertoirekonzeption, die auf hohem künstlerischen Niveau verwirklicht wird und in den Booklets eine geradezu beispielhafte Dokumentation erfährt. Der Höhepunkt dieser allgemeinen Anerkennung war sicherlich die Verleihung des "Cannes Classical Award" für das beste Label (weltweit!) auf der MIDEM im Januar 1995 und gerade wurde cpo der niedersächsische Musikpreis 2003 in "Würdigung der schöpferischen Leistungen" zuerkannt.
Mehr Info... |
![]() Cover vergössern |
Jetzt kaufen bei... |
Weitere Besprechungen zum Label/Verlag cpo:
-
Zwischen Schumann, Brahms und Reger: Zwei substanzielle Orchesterwerke Wilhelm Bergers hätten mehr Profilierung vertragen. Weiter...
(Dr. Jürgen Schaarwächter, )
-
Mehr als Berliner Luft: Der erste Teil mit Ouvertüren von Paul Lincke ist rundum ein Vergnügen. Weiter...
(Karin Coper, )
-
Etwas kühl: Ein unentschiedener, interpretatorisch wie auch aufnahmetechnisch nicht rundum befriedigender Blick auf Hans Gáls Schaffen für oder mit Klavier. Weiter...
(Dr. Jürgen Schaarwächter, )
Weitere CD-Besprechungen von Dr. Matthias Lange:
-
Pisendel-Akzent: Ein feines Pisendel-Porträt von Concerto Köln und der Geigerin Mayumi Hirasaki, voller konzertanter Vielfalt, ja Buntheit. Weiter...
(Dr. Matthias Lange, )
-
Bayerischer Polyphonist: Auf Paul Van Nevel und das Huelgas Ensemble ist Verlass: In Sachen sängerischer Qualität ebenso wie mit Blick auf die Erforschung zu wenig ausgeleuchteter Nischen im Repertoire. Weiter...
(Dr. Matthias Lange, )
-
Kontrapunktischer Eigensinn: Fabio Antonio Falcone gelingt eine eindrucksvolle Präsentation mit Werken von Jan Pieterszoon Sweelinck: Interpretatorisch wie im Blick auf das Repertoire. Weiter...
(Dr. Matthias Lange, )
Weitere Kritiken interessanter Labels:
-
Russische Cello-Raritäten: Marina Tarasova stellt hier zwei bemerkenswerte russische Cellosonaten des 20. Jahrhunderts vor. Weiter...
(Dr. Jan Kampmeier, )
-
Nicht verwandt und nicht verschwägert: Klaviermusik vom Mozart-Freund. Weiter...
(Dr. Jürgen Schaarwächter, )
-
Federleicht wie Träume: Aufbruch in die Klangwelten Salvatore Sciarrinos. Weiter...
(Michael Pitz-Grewenig, )
Portrait

"Auf der Klarinette den Sänger spielen, das ist einfach cool!"
Der Klarinettist Nicolai Pfeffer im Gespräch mit klassik.com.
Sponsored Links
- Opernreisen und Musikreisen bei klassikreisen.de
- Konzertpublikum
- Musikunterricht
- klassik.com Radio
- Urlaub im Schwarzwald
- Neue Musikzeitung
- StageKit - Websites für Musiker, Veranstalter und Konzertagenturen
Hinweis:
Mit Namen oder Initialen gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung des Verfassers,
nicht aber unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.
Die Bewertung der klassik.com-Autoren:
Überragend
Sehr gut
Gut
Durchschnittlich
Unterdurchschnittlich