> > > Mattheson: Boris Goudenow: Theresia, Andrea Marchiol
Freitag, 24. März 2023

Mattheson: Boris Goudenow - Theresia, Andrea Marchiol

Intrigen im Kreml


Label/Verlag: cpo
Detailinformationen zum besprochenen Titel


Die deutsche Barockoper 'Boris Goudenow' macht in einer CD-Produktion von den Innsbrucker Festwochen der Alten Musik großen Eindruck.

Im Kreml tobt ein Machtkampf. In vorderster Reihe zieht Boris die Strippen. Um die Nachfolge des erkrankten Zaren anzutreten ist dem gerade zum Moskauer Statthalter Ernannten jede Intrige recht. Die Rede ist nicht von Modest Mussorgskis historischem Volksdrama „Boris Godunow“, sondern von der rund 150 Jahre früher entstandenen deutschen Barockoper „Boris Goudenow“ des 1681 geborenen Johann Mattheson. Die ist gänzlich anders gewichtet, verknüpft sie doch politische mit amourösen Ränken. Nicht ohne Grund heißt der Untertitel: „Der durch Verschlagenheit erlangte Thron oder Die mit der Neigung glücklich verknüpfte Ehre.“

Mattheson, neben Keiser und Telemann einer der prägenden Musiker der Hamburger Oper am Gänsemarkt, komponierte das Bühnenwerk um 1710. Aus nicht ganz geklärtem Anlass, vermutlich aus diplomatischen Interessen gegenüber Russland, blieb die Partitur in der Schublade liegen und ging in den Wirren des Zweiten Weltkriegs scheinbar verloren. Wundersam tauchte sie 1998 in Armenien auf und so konnte rund 300 Jahre nach Entstehung die konzertante Uraufführung 2005 in Hamburg stattfinden. Ihr folgte kurz danach die szenische Premiere in Boston und 2007 – aktuell eine Unmöglichkeit – eine Produktion im Rahmen der Partnerschaft zwischen Hamburg und St. Petersburg, die in beiden Städten und auch in Moskau gezeigt wurde.

2021 setzten die Innsbrucker Festwochen der Alten Musik den „Boris Goudenow“ auf den Spielplan, im Rahmen der Barockoper Jung, die Finalistinnen und Finalisten des dort veranstalteten Cesti-Gesangswettbewerbs eine Plattform gibt. Wie gut diese Nachwuchskräfte sind, offenbart die parallel eingespielte CD-Aufnahme. In den virtuosen, reich instrumentierten Arien - dem damaligen Stil entsprechend teils in Italienisch, teils in Deutsch - können sie ihre stimmlichen Vorzüge, virtuoses Können und technische Fertigkeiten ins beste Licht zu stellen. Keiner soll hier hervorgehoben werden, denn alle geben ihren Partien charakteristische Kontur: die Bässe Olivier Gourdy als Boris, Sreten Manojlović als in dessen Schwester verliebter Bojar Fedro und Yevhen Rakhmanin als sterbender Zar, Flore Van Meersche als Witwe Irina, Julie Goussot als Boris‘ Tochter Axinia, Alice Lackner als intrigante Fürstin Olga und die Tenöre Eric Price und Joan Folqué als ausländische Prinzen. Spätestens im Finale, wenn das ganze Ensemble die Krönung von Boris in einem festlichen Tutti besingt, ist man überzeugt: angesichts dieser tollen Truppe braucht man sich um die Opernzukunft nicht bangen. Und auch die Instrumentalbegleitung hält mit: das internationale Jugendorchester THERESIA, von Andrea Marchiol so mitreißend wie temperamentvoll geleitet, kann sich hinsichtlich seiner vibrierenden Spiellust mit gestandenen historisch informierten Kollektiven durchaus messen.

Interpretation:
Klangqualität:
Repertoirewert: 
Booklet:






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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:



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    Mattheson: Boris Goudenow: Theresia, Andrea Marchiol

Label:
Anzahl Medien:
cpo
1
Medium:
EAN:

CD
761203550227


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Mattheson, Johann


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cpo

Wohl kaum ein zweites Label hat in letzter Zeit soviel internationale Aufmerksamkeit erregt wie cpo. Die Fachwelt rühmt einhellig eine überzeugende Repertoirekonzeption, die auf hohem künstlerischen Niveau verwirklicht wird und in den Booklets eine geradezu beispielhafte Dokumentation erfährt. Der Höhepunkt dieser allgemeinen Anerkennung war sicherlich die Verleihung des "Cannes Classical Award" für das beste Label (weltweit!) auf der MIDEM im Januar 1995 und gerade wurde cpo der niedersächsische Musikpreis 2003 in "Würdigung der schöpferischen Leistungen" zuerkannt.
Besonders stolz macht uns dabei, daß cpo - 1986 gegründet - in Rekordzeit in die Spitze vorgestoßen ist. Das Geheimnis dieses Erfolges ist einfach erklärt, wenn auch schwierig umzusetzen: cpo sucht niemals den Kampf mit den Branchenriesen, sondern füllt mit Geschick die Nischen, die von den Großen nicht besetzt werden, weil sie dort keine Geschäfte wittern. Und aus mancher Nische wurde nach einhelliger Ansicht der Fachwelt mittlerweile ein wahres Schmuckkästchen.
Am Anfang einer Repertoire-Entscheidung steht bei uns noch ganz altmodisch das Partituren-lesen, denn nicht alles, was noch unentdeckt ist, muß auch auf die Silberscheibe gebannt werden. Andererseits gibt es - von der Renaissance bis zur Moderne - noch sehr viele wahre musikalische Schätze zu heben, die oft näher liegen, als man meint. Unsere großen Werk-Editionen von Pfitzner, Korngold, Hindemith oder Pettersson sind nicht umsonst gerühmt worden. In diesem Sinne werden wir fortfahren.
Letztendlich ist unser künstlerisches Credo ganz einfach: Wir machen die CDs, die wir schon immer selbst haben wollten. Seien Sie herzlich zu dieser abenteuerlichen Entdeckungsfahrt eingeladen!


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