
W.A.Mozart: T.H.A.M.O.S - Rene Pape, Fatma Said, Silke Redhammer, Bachchor Salzburg, Camerata Salzburg
Zerfahrener Aktionismus
Label/Verlag: Arthaus Musik
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Carlus Padrissas T.H.A.M.O.S.-Projekt in Salzburg
Erst kürzlich wurde der Vertrag von Rolando Villazón als künstlerischer Leiter der Salzburger Mozartwoche um weitere fünf Jahre bis 2028 verlängert. 2019 begann seine Amtszeit, in diesem Jahr brachte er das Projekt T.H.A.M.O.S. auf die Bühne der Felsenreitschule. Dahinter verbirgt sich Mozarts gleichnamiges Singspiel, adaptiert in einer Regiearbeit von Carlus Padrissa, dem Kopf der katalanischen Theatergruppe mit dem reichlich bizarren Namen „La fura dels baus“. Und relativ bizarr geht es auch in Padrissas Inszenierung zu: Konzipiert ist das Ganze als eine Art futuristischer Science-Fiction-Film, eine regelrechte Materialschlacht findet mittels Videoprojektionen statt. Allerlei Gegenstände und sogar echt Menschen fliegen umher und kollidieren im All, gerne immer mal wieder kombiniert mit dem einen oder anderen pyrotechnischen Knalleffekt.
Verklausulierte Botschaft
Das produziert gelegentlich durchaus spektakuläre und nicht unästhetisch anzusehende, leider aber weitestgehend sinnfreie Bilder. Sinnfrei ist auch die von Padrissa umerzählte Geschichte, in der ein durchgeknallter Energieforscher (das dem „T“ in der abgetrennten Buchstabenfolge von T.H.A.M.O.S. hier übergestülpte Etikett der Marke Tesla wirkt als reichlich plump aufgesetzte Konsumkritik) eine sogenannte „MMM-Maschine“ erfindet, um „Lebenskunst“ herzustellen. Warum und wofür? Man weiß es auch am Ende nicht. Zu dieser Form prätentiös und brachial aneinander gereihter Versatzstücke gesellt sich ein musikalischer Flickenteppich: Arien aus „Zaide“ und der „Zauberflöte“ werden der Partitur implantiert. Das Ergebnis dieser kosmetischen Eingriffe ist ebenso wenig schlüssig wie die Personenführung, die durch die träge Bewegung schreitender Chormassen nicht besser wird. Nur so viel versteht man inhaltlich von der verklausulierten Botschaft: Am Ende soll die Welt irgendwie ein bisschen besser sein.
Musikalische Störgeräusche
Das Beste an diesem zerfahren wirkenden Regie-Aktionismus ist noch die Musik: René Pape ist – oder sagen wir: wäre – als Sarastro in der „Zauberflöte“ eine Bank. Fatma Said überzeugt mit beweglicher Stimme und darstellerischer Lebendigkeit. Nutthaporn Thammathi singt die Titelpartie geschmeidigem tenoralem Timbre, das lediglich in der Höhe mitunter ein wenig die Überzeugungskraft fehlt. Alondra de la Parra leitet die Camerata und den Bachchor Salzburg mit klarer Diktion und stimmlicher Übersicht. Empfindlich gestört wird das musikalische Gesamtempfinden allerdings wiederum durch grobkörnige Klänge von Roboter-Instrumenten, die in keinster Weise zu Mozarts Musik passen – und dies höchstwahrscheinlich auch bewusst nicht sollen. Insgesamt ein Regie-Konglomerat, das die intendierten Energieschübe konzeptionell nicht zu kanalisieren versteht und dessen an sich beachtliches Effektpotenzial am Ende wirkungslos verpufft.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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W.A.Mozart: T.H.A.M.O.S: Rene Pape, Fatma Said, Silke Redhammer, Bachchor Salzburg, Camerata Salzburg |
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Label: Anzahl Medien: |
Arthaus Musik 1 |
EAN: |
4058407094555 |
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Mozart, Wolfgang Amadeus |
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Arthaus Musik Arthaus Musik wurde im März 2000 in München gegründet und hat seit 2007 seinen Firmensitz in Halle (Saale), der Geburtsstadt Georg Friedrich Händels. Zahlreiche Veröffentlichungen des Labels wurden mit internationalen Preisen ausgezeichnet, darunter der Oscar-prämierte Animationsfilm ?Peter & der Wolf? von Suzie Templeton, die aufwändig produzierte ?Walter-Felsenstein-Edition? und die von Sasha Waltz choreographierte Oper ?Dido und Aeneas?, die beide den Preis der deutschen Schallplattenkritik erhielten. Mit dem Midem Classical Award wurden u. a. die Dokumentationen ?Herbert von Karajan ? Maestro for the Screen? von Georg Wübbolt und ?Celibidache ? You don?t do anything, you let it evolve? von Jan Schmidt-Garre ausgezeichnet. Die Dokumentation ?Carlos Kleiber ? Traces to nowhere? von Eric Schulz erhielt den ECHO Klassik 2011. Mit der Tochterfirma Monarda Arts besitzt Arthaus Musik eine ca. 900 Produktionen umfassende Rechtebibliothek zur DVD-, TV- und Onlineauswertung. Seit 2007 entwickelt das Unternehmen kontinuierlich die Sparte Eigenproduktion mit der Aufzeichnung von Opern, Konzerten, Balletten und der Produktion von Kunst- und Musikdokumentationen weiter. Arthaus Musik DVDs und Blu-ray Discs werden über ein leistungsfähiges Vertriebsnetz, u.a. in Kooperation mit Naxos Global Distribution in ca. 70 Ländern der Welt aktiv vertrieben. Darüber hinaus veröffentlicht und vertreibt Arthaus Musik die 3sat-DVD-Edition und betreut für den Buchhandel u.a. die Buch- und DVD-Edition über Pina Bausch von LArche Editeur, Preisträger des Prix de lAcadémie de Berlin 2010. Mehr Info... |
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