
Bernardo Pasquini: L'Idalma - Innsbrucker Festwochenorchester, Alessandro De Marchi
Neues aus Innsbruck
Label/Verlag: cpo
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Rundum gelungene Wiederentdeckung einer vergessenen Oper von Bernardo Pasquini.
Neben der französischen Oper des späten 17. Jahrhunderts haben es fast alle anderen Nationen schwer – gerade der große Schaffensreichtum etwa in Italien und dem deutschsprachigen Raum hat nie jenes Renommee erlangt wie die Werke Lullys und seiner Zeitgenossen, selbst Alessandro Scarlatti muss im Vergleich etwas zurückstehen. Dabei zeigt Bernardo Pasquinis (1637–1710) ‚L’Idalma overo Chi la dura la vince’, dass es an der Qualität der Musik oder des Dramas nicht liegen kann. In der heutigen Provinz Pistoia geboren, stand Pasquini ab 1667 im Dienst der Borghese. Seine Opern wurden an verschiedenen römischen Theatern aufgeführt, ‚L’Idalma overo Chi la dura la vince’ (‚Idalma oder Wer durchhält gewinnt’) im Februar 1680.
Das gut dreistündige Werk um Treue und Untreue, Hingabe und Verachtung hat viel mit den Grundkonstellationen der ‚Don Juan’-Opern gemein, und es ist mehr als bedauerlich, dass im Booklet eine klare hilfreiche Inhaltsangabe fehlt. Die Paare sind Idalma und Lindoro (Ariana Vendittelli & Rupert Charlesworth) sowie Celindo und Irene (Juan Sancho & Margherita Maria Sala), außerdem Irenes Bruder Almiro (Morgan Pearse), Almiros Page Dorillo (Anita Rosati) und Lindoros Diener Pantano (Rocco Cavalluzzi). Die Innsbrucker Wiederaufführung nach der Neuedition des ungedruckt gebliebenen Manuskripts durch Giovanni Barbati und Alessandro De Marchi erfolgte im August 2021, und De Marchis großes Bemühen um die Musik ist jeden Moment spürbar. Stärker noch als in Fällen, in deren Edition De Marchi nicht unmittelbar eingebunden war, zeigt sich hier seine Identifikation mit dem Werk, so dass Einzelleistungen verhältnismäßig gering wirken im Vergleich zu der Ensembleleistung. Die turbulente Handlung wird zwar durch Arien immer wieder angehalten, doch muss der Hörer (gerade ohne die visuelle Komponente) stets aufmerksam das Libretto zur Hand behalten, um der Handlung wenigstens einigermaßen folgen zu können. Die einzelnen Rollen sind hinreichend stark charakterisiert, ohne sich aber in den Vordergrund zu drängen. So könnte man zwar sich im Detail noch weiteren Optimierungsmöglichkeiten vorstellen, die aber mit Blick auf die Gesamtleistung zu vernachlässigen sind.
Alessandro De Marchi, seit 2010 künstlerischer Leiter der Innsbrucker Festwochen für Alte Musik, hat sich längst als feste Größe der historisch informierten Aufführungspraxis etabliert, und die stetige Neuentdeckung von Vergessenem versöhnt gerade in einer Zeit, in der Altmeister im Herbst ihres Schaffens stehen. Wäre es nun möglich, die Produktionen nun tatsächlich durch noch stärkere Ausarbeitung ins Detail auch für die Fixierung auf Tonträger noch nachhaltiger zu gestalten, hätten Kritiker keine andere Möglichkeit als Lob in jeglicher Hinsicht. Momentan bleibt das Lob auf die Gesamtleistung, den herrlich frischen und lebendigen Zugriff und die Bedeutung der Wiederentdeckung konzentriert.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() |
Dieser Beitrag hat Ihnen gefallen? Empfehlen Sie ihn weiter!
Ihre Meinung? Kommentieren Sie diesen Artikel
Jetzt einloggen, um zu kommentieren.
Sind Sie bei klassik.com noch nicht als Nutzer angemeldet, können Sie sich hier registrieren.
Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
![]() Cover vergrößern |
Bernardo Pasquini: L'Idalma: Innsbrucker Festwochenorchester, Alessandro De Marchi |
|||
Label: Anzahl Medien: |
cpo 3 |
Medium:
EAN: |
CD
761203550128 |
![]() Cover vergössern |
Pasquini, Bernardo |
![]() Cover vergössern |
cpo Wohl kaum ein zweites Label hat in letzter Zeit soviel internationale Aufmerksamkeit erregt wie cpo. Die Fachwelt rühmt einhellig eine überzeugende Repertoirekonzeption, die auf hohem künstlerischen Niveau verwirklicht wird und in den Booklets eine geradezu beispielhafte Dokumentation erfährt. Der Höhepunkt dieser allgemeinen Anerkennung war sicherlich die Verleihung des "Cannes Classical Award" für das beste Label (weltweit!) auf der MIDEM im Januar 1995 und gerade wurde cpo der niedersächsische Musikpreis 2003 in "Würdigung der schöpferischen Leistungen" zuerkannt.
Mehr Info... |
![]() Cover vergössern |
Jetzt kaufen bei... |
Von Dr. Jürgen Schaarwächter zu dieser Rezension empfohlene Kritiken:
-
Vivaldi furioso!: Weiter...
(Uwe Schneider, 30.11.2004)
-
Mit und ohne Werktreue: Die Innsbrucker Wiederbelebung von Mercadantes 'Didone abbandonata' überzeugt weder musikalisch noch szenisch rundum. Weiter...
(Dr. Jürgen Schaarwächter, 29.07.2020)
-
Ohne Primadonna: Die Interpretation von Donizettis Opernerstling in Bergamo 2018 kann sich musikalisch wie szenisch nicht recht zwischen Ernst und ironischer Überhöhung entscheiden. Weiter...
(Dr. Jürgen Schaarwächter, 20.08.2019)
Weitere Besprechungen zum Label/Verlag cpo:
-
Mehr als vier Hände: Das Duo Genova-Dimitrov bietet an zwei Flügeln eine reiche Reinecke-Lese. Weiter...
(Dr. Jürgen Schaarwächter, )
-
Ein Schatz: Johann Hermann Schein und seinem Israelsbrünnlein die Ehre zu geben, ist nie vertane Mühe: Opella Musica und Gregor Meyer reihen sich mit dieser exquisiten solistischen Deutung in die Folge künstlerisch hochstehender Gesamtbetrachtungen ein. Weiter...
(Dr. Matthias Lange, )
-
Familiendinge: Familiendinge bei und mit den Bachs der verschiedenen Generationen und Zweige: Glücklich gefügt und luzide präsentiert vom Ensemble Polyharmonique und Teatro del mondo. Weiter...
(Dr. Matthias Lange, )
Weitere CD-Besprechungen von Dr. Jürgen Schaarwächter:
-
Mehr als vier Hände: Das Duo Genova-Dimitrov bietet an zwei Flügeln eine reiche Reinecke-Lese. Weiter...
(Dr. Jürgen Schaarwächter, )
-
Uneinheitlich: Kenneth Woods und das English Symphony Orchestra sind wieder einmal unermüdlich für den Komponisten Philip Sawyers im Einsatz. Weiter...
(Dr. Jürgen Schaarwächter, )
-
Gleichberechtigte: Eine interessante Lesart von Schoecks 'Elegie'. Weiter...
(Dr. Jürgen Schaarwächter, )
Weitere Kritiken interessanter Labels:
-
Tanzende sowjetische Fußballer und Landarbeiter : Das Singapore Symphony Orchestra hat die berühmten Jazz-Suiten von Schostakowitsch eingespielt, kombiniert mit zwei Balletten, die das heldenhafte Leben der Menschen in der Sowjetunion zelebrieren. Weiter...
(Dr. Kevin Clarke, )
-
Mehr als vier Hände: Das Duo Genova-Dimitrov bietet an zwei Flügeln eine reiche Reinecke-Lese. Weiter...
(Dr. Jürgen Schaarwächter, )
-
Später Brahms, frisch präsentiert: Michael Collins und Stephen Hough überzeugen als kammermusikalisches Duo. Weiter...
(Dr. Kai Marius Schabram, )
Jetzt im klassik.com Radio


Portrait

"Bei der großen Musik ist es eine Frage auf Leben und Tod."
Der Pianist Herbert Schuch im Gespräch mit klassik.com.
Sponsored Links
- klassik.com Radio
- Urlaub im Schwarzwald
- Neue Musikzeitung
- StageKit - Websites für Musiker, Veranstalter und Konzertagenturen
Hinweis:
Mit Namen oder Initialen gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung des Verfassers,
nicht aber unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.
Die Bewertung der klassik.com-Autoren:
Überragend
Sehr gut
Gut
Durchschnittlich
Unterdurchschnittlich