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Montag, 4. Dezember 2023

Foerster: Complete Orchestral Works - Osnabrück Symphony Orchestra, Hermann Bäumer

Vergessene Symphonik neu belebt


Label/Verlag: MDG
Detailinformationen zum besprochenen Titel


Hermann Bäumer und das Osnabrücker Symphonieorchester überzeugen mit einer Gesamtaufnahme der Symphonien von Josef Bohuslav Foerster.

Im vergangenen Jahr hat das Label DMG eine Gesamteinspielung der fünf Symphonien von Josef Bohuslav Foerster (1859–1951) mit dem Osnabrücker Symphonieorchester unter der Leitung Hermann Bäumers vorgelegt. Im Vorhinein darf gesagt werden, dass mit der Aufnahme ein großer interpretatorischer Wurf mit besonderem Repertoirewert gelungen ist!

Dass gerade die Gattung der Symphonie bis weit in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts von vielen parallel verlaufenden Stilrichtungen geprägt war, stellt eine musikgeschichtliche Binsenweisheit dar. Doch wenn man die Beiträge des Tschechen Foerster erstmalig kennenlernt, wird wohl auch dem erfahrenen Hörer symphonischer Werke bewusstwerden, dass die Orientierung an der romantischen Gattungstradition bisweilen noch sehr lange angehalten hat. Foerster, der zu Lebzeiten von Komponistenkollegen wie Gustav Mahler aber auch von der damaligen Musikkritik hochgeschätzt wurde und zahlreiche Ehrungen seines Heimatlandes erhielt, blieb sich zeitlebens stilistisch treu. Moderne bis avantgardistische Tendenzen hat er nicht zuletzt als Musikschriftsteller und -kritiker genau verfolgt, sich jedoch auf kompositorischem Gebiet kaum hierauf eingelassen. Dies mag auch ein Grund dafür sein, warum Foersters symphonische Opera bis heute wohl nur wenigen Musikkennern etwas sagen – seine Werke schienen (mit Ausnahme vielleicht der 4. Symphonie) der Vergessenheit schon recht nahegekommen zu sein.

Kompetent

Es ist Hermann Bäumer, von 2004 bis 2011 Generalmusikdirektor der Stadt Osnabrück, daher hoch anzurechnen, dass er sich den Symphonien derart kompetent angenommen und eine beachtenswerte Gesamtaufnahme vorgelegt hat. Vollkommen zurecht erhielt der Dirigent für die vorliegende Einspielung, die übrigens auch noch die viersätzige Suite „In den Bergen“ op. 7 enthält, einen Echo-Klassik-Preis. Die Symphonik heute weitgehend vergessener Komponisten des späten 19. und 20. Jahrhunderts stellt ein besonderes Anliegen Bäumers dar, wovon man sich mit entsprechenden Aufnahmen Eugen d’Alberts oder Karl Höllers überzeugen kann.

An dieser Stelle im Einzelnen auf den symphonischen Stil Foersters einzugehen, würde den Rahmen sprengen. Charakteristisch scheint jedoch eine gleichsam wellenartige Entwicklung der Motive und Themen zu sein, wenn sich die Gedanken scheinbar spontan forcieren und dann alsbald wieder abschwächen. Ein prozessual-diskursiver Formverlauf schien offenbar nicht Foersters Intention zu sein, vielmehr werden nicht zuletzt auch biographisch-programmatisch motivierte Themen exponiert, deren zyklische Integration eine besondere Herausforderung an die Interpreten stellt. Bäumer und sein in jeder Hinsicht überzeugend spielender Osnabrücker Klangkörper versteht diese Schwierigkeiten der Symphonien, die mitunter ihre Längen kennen, hervorragend zu bewältigen.

Am Ende bleibt nur die Empfehlung, sich als Hörer über diese überaus kompetente wie engagierte Gesamtaufnahme der Symphonien Foersters den weniger beschrittenen Pfaden großer Formen im 20. Jahrhundert anzunähern. Man wird Hermann Bäumer und dem Osnabrücker Symphonieorchester für die Wiederentdeckung dankbar sein!

Interpretation:
Klangqualität:
Repertoirewert: 
Booklet:





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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:



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    Foerster: Complete Orchestral Works: Osnabrück Symphony Orchestra, Hermann Bäumer

Label:
Anzahl Medien:
MDG
3
Medium:
EAN:

CD
760623224428


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Foerster, Josef Bohuslav


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MDG

Die klangrealistische Tonaufnahme

»Den beim Sprechen oder Musizieren entstehenden Schall festzuhalten, um ihn zu konservieren und beliebig reproduzieren zu können, ist eine Idee, die seit langem die Menschen beschäftigte. Waren zunächst eher magische Aspekte im Spiel, die die Phantasie beflügelten wie etwa bei Giovanni deila Porta, der 1598 den Schall in Bleiröhren auffangen wollte, so führte mit fortschreitender Entwicklung naturwissenschaftlichen Denkens ein verhältnismäßig gerader Weg zur Lösung...« (Riemann Musiklexikon)

Seit Beginn der elektrischen Schallaufzeichnung ist der Tonmeister als »Klangregisseur« bei der Aufnahme natürlich dem Komponisten und dem Interpreten, aber auch dem Hörer verpflichtet. Die Mittel zur Tonaufzeichnung sind hinlänglich bekannt. Die Kriterien für ihren Einsatz bestimmt das Ohr. Deshalb für den Hörer hier eine Beschreibung unserer Hörvorstellung.

Lifehaftigkeit

In der Gewißheit, daß der Konzertsaal im Wohnzimmer (leider) nicht realisierbar ist, konzentriert sich unser Bemühen darauf, die Illusion einer Wirklichkeit zu vermitteln. Die Musik soll im Hörraum so wiedererstehen, daß spontan der Eindruck der Unmittelbarkeit entsteht, das lebendige Klanggeschehen mit der ganzen Atmosphäre der »Lifehaftigkeit« erlebt wird. Da wir praktisch ausschließlich menschliche Stimmen und »klassische« Instrumente - auch sie haben ihren Ursprung im Nachahmen der Stimme - aufnehmen, konzentriert sich unsere Klangvorstellung auf natürliche Klangbalance und tonale Ausgeglichenheit im Ganzen, und instrumentenhafte Klangtreue im Einzelnen. Darüber hinaus natürliche, ungebremste Dynamik und genaueste Auflösung auch der feinsten Spannungsbögen. Weitestgehend bestimmend für die Illusion der Lifehaftigkeit ist auch die Ortbarkeit der Klangquellen im Raum: freistehend, dreidimensional, realistisch.

Musik entsteht im Raum

Um diesen »Klangrealismus« einzufangen, ist bei den Aufnahmen von MDG eine natürliche Akustik unbedingte Voraussetzung. Mehr noch, für jede Produktion wird speziell in Hinblick auf die Besetzung und den Kompositionsstil der passende Aufnahmeraum ausgesucht. Anschließend wird »vor Ort« die optimale Plazierung der Musiker und Instrumente im Raum erarbeitet. Dieser ideale »Spielplatz« ermöglicht nun nicht nur die akustisch beste Aufnahme, sondern inspiriert durch seine Rückwirkung die Musiker zu einer lebendigen, anregenden Musizierlust und spannender Interpretation. Können Sie sich die Antwort des Musikers vorstellen auf die Frage, ob er lieber in einem trockenen Studio oder in einem Konzertsaal spielt?

Die Aufnahme

Ist der ideale Raum vorhanden, entscheidet sich der gute Ton an den Mikrofonen - verschiedene Typen mit speziellen klanglichen Eigenheiten stehen zur Auswahl und wollen mit dem Klang der Instrumente im Raum in Harmonie gebracht werden. Ebenso wichtig für eine natürliche Abbildung ist die Anordnung der Mikrofone, damit etwa die richtigen Nuancen in der solistischen Darstellung oder die Kompensation von Verdeckungseffekten realisierbar werden. Das puristische Ideal »nur zwei Mikrofone« kann selten den komplexen Anforderungen einer Aufnahme mit mehreren Instrumenten gerecht werden. Aber egal wie viele Mikrofone verwendet werden: Stellt sich ein natürlicher Klangeindruck ein, ist die Frage nach dem Zustandekommen des »Lifehaftigen« zweitrangig. Entscheidend ist, es klingt so, als wären nur zwei Mikrofone im Spiel.

Ohne irgendwelche »Verschlimmbesserer« wie Filter, Limiter, Equalizer, künstlichen Hall etc. zu benutzen, sammeln wir die Mikro-Wellen übertragerlos in einem puristischen Mischpult und geben das mit elektrostatischem Kopfhörer kontrollierte Stereosignal linear und unbegrenzt an den AD-Wandler und zum digitalen Speicher weiter. Dadurch bleiben auch die feinsten Einschwingvorgänge erhalten. Auf der digitalen Ebene wird dann ohne klangmanipulierende Eingriffe mit dem eigenen Editor in unserem Hause das Band zur Herstellung der Compact Disc für den Hörer erstellt, für Ihr hoffentlich großes Hörvergnügen.


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