
Mendelssohn: Werke für Violine und Klavier - Marc Bouchkov, Claire Huangci, Kammerorchester Basel, Howard Griffiths
Subtile Kommunikation
Label/Verlag: Berlin Classics
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Claire Huangci rückt Mendelssohn-Raritäten ins gebührende Licht.
Wann haben Sie zuletzt ein Werk von Mendelssohn für Violine und Klavier gehört? Dürfte, wenn überhaupt, schon eine Weile her sein, noch immer ist dieser Aspekt von Mendelssohns Œuvre sowohl diskographisch als auch im Konzertsaal stark unterbelichtet. Das hat mehrere Gründe: Zum einen gibt es nicht viele, zum anderen sind sie mit einer teils komplizierten Rezeptionsgeschichte verbunden. Zwei davon sind zudem Frühwerke des nicht einmal 15-jährigen Mendelssohn, auch das hat sicherlich zur zögerlichen Erschließung beigetragen.
Geschmackvolle Leichtigkeit
Wie sehr sich die Auseinandersetzung mit diesen Stücken lohnt, zeigt dieses bei Berlin Classics erschienene, durch die Orpheum Stiftung geförderte Album. Ihre stilsichere Vielseitigkeit hat die Pianistin Claire Huangci schon mit zahlreichen Einspielungen von Scarlatti bis Paderewski, dazu auf allen Ebenen, also solistisch, kammermusikalisch und mit Orchester nachgewiesen. Mehrfach hat sie in ihrer Karriere schon mit dem Dirigenten Howard Griffith zusammengearbeitet, er leitet hier das Kammerorchester Basel. Huangcis instrumentaler Partner ist der französische Geiger Marc Bouchkov. Mit ihm harmoniert sie im Konzert für Violine, Klavier und Streichorchester d-Moll (1823) bestens. Sowohl in den kontrastreich bewegten Ecksätzen als auch im gesangvollen „Adagio“ entsteht ein intensiver, hellwacher Dialog. Beide füllen den kaum glaublichen musikalischen Ideenreichtum des blutjungen Komponisten mit emotional aufblühendem Leben. Der ausladende Kopfsatz enthält auch langsame Episoden hier ist dezente, klanglich subtile Kommunikation gefragt, die beide Partner souverän beherrschen. Huangcis phänomenale Technik ist dabei nur Mittel zum musikalischen Zweck, unter ihren Händen perlt das quirlig-spielfreudige Passagenwerk des Schlusssatzes mit geschmackvoll ausgestalteter Leichtigkeit. Der Orchesterklang steht unverkennbar in unmittelbarer Nähe zu Mendelssohns frühen Streichersinfonien. Das Kammerorchester Basel hat sich für ein Spiel auf Darmsaiten und mit klassischen Bögen entschieden, Griffith formt einen jederzeit frischen, homogen rauschenden Ensembleklang.
Virtuoses Feuerwerk
Die f-Moll-Sonate für Violine und Klavier op. 4 beginnt mit einem fein gezeichneten Violinsolo. Huangcis und Bouchkovs Zusammenspiel behält im weiteren Verlauf eine fühlbar inspirierte Präsenz und beweist das richtige Gespür für filigrane dynamische Schattierungen im bemerkenswert frühreifen Spannungsfeld zwischen sanft geschwungenen melodischen Bögen und resolutem Temperament. Das „Allegro agitato“ besitzt rhythmisch vitale Spannkraft. Eine spannende Repertoireerschließung stellt auch die spätere, 1838 entstandene F-Dur-Sonate dar. Von ihr hat Mendelssohn neben der Urfassung noch eine zweite, überarbeitete Version geschaffen, für erstere haben Huangci und Bouchkov sich entschieden. Auch sie ist durchdrungen von expressiv empfundenen Kantilenen und geistreichem Esprit, ein spritzig-virtuoses Feuerwerk brennen beide im „Assai vivace“ ab. Nicht ganz glücklich wirkt allenfalls die Wahl des Yamaha-Flügels, der vor allem in Diskant und Mittellage in seinen klanglichen Farbgebungsmöglichkeiten ein wenig limitiert wirkt. Ansonsten unterstreicht das Projekt: Was Claire Huangci pianistisch anpackt, gelingt ihr absolut überzeugend.
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Mendelssohn: Werke für Violine und Klavier: Marc Bouchkov, Claire Huangci, Kammerorchester Basel, Howard Griffiths |
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Label: Anzahl Medien: |
Berlin Classics 1 |
Medium:
EAN: |
CD
885470020457 |
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Mendelssohn Bartholdy, Felix |
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Berlin Classics Berlin Classics (BC) ist das Klassik-Label der Edel Germany GmbH. Es ist das Forum für zahlreiche bedeutende historische Aufnahmen, wichtige Beiträge der musikalischen Zentren Leipzig, Dresden und Berlin sowie maßgebliche Neuproduktionen mit etablierten und aufstrebenden jungen Klassik-Künstlern. Dazu zählen etablierte Stars, wie z.B. die Klarinettistin Sharon Kam, die Pianisten Ragna Schirmer, Sebastian Knauer, Matthias Kirschnereit, Anna Gourari und Lars Vogt, die Sopranistin Christiane Karg oder auch die Ensembles Concerto Köln, Pera Ensemble, sowie der Dresdner Kreuzchor und das Vocal Concert Dresden. Mehrfach wurden Produktionen mit einem Echo-Preis ausgezeichnet. Im Katalog von Berlin Classics befinden sich Aufnahmen mit Kurt Masur, Herbert Blomstedt, Kurt Sanderling, Franz Konwitschny, Hermann Abendroth, Günther Ramin, Peter Schreier, Ludwig Güttler, Dietrich Fischer-Dieskau, die Staatskapellen Dresden und Berlin, das Gewandhausorchester Leipzig, die Dresdner Philharmonie, die Rundfunkchöre Leipzig und Berlin, der Dresdner Kreuzchor und der Thomanerchor Leipzig. Sukzesssive wird dieses historische Repertoire für den interessierten Hörer auf CD wieder zugänglich gemacht, wobei die künstlerisch hochrangigen Analogaufnamen mit größter Sorgfalt unter Anwendung der Sonic Solutions NoNoise-Technik bearbeitet werden, um sie an digitalen Klangstandard anzugleichen. Mehr Info... |
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