
Strauss: Der Rosenkavalier - Nylund, Groissböck, Losier, Trekel, Staatskapelle Berlin, Zubin Mehta
Geglücktes Debüt
Label/Verlag: Monarda Music
Detailinformationen zum besprochenen Titel
André Hellers 'Rosenkavalier' in Berlin
Wenn „fachfremde“ Vertreter ihrer Zunft ihr Debüt als Opernregisseur geben, kann das schon mal gründlich daneben gehen, nicht immer haben Autoren, Filmregisseure oder sonstige „Quereinsteiger“ auf diesem Terrain eine gute Figur gemacht. Multimedia-Künstler André Heller hat sich bei seiner Erstlingsarbeit in Berlin mit Strauss‘ „Rosenkavalier“ gleich an einen richtig dicken Brocken gewagt – scheitert daran aber nicht.
Leserliche Handschrift
Im Wien des Jahres 1917 lässt er die Inszenierung spielen, seine Bilder aus der Ära des Fin de Siècle, durchsetzt von Elementen des damals in Mode gekommenen Japonismus und handfesten lokalen Anleihen mit hohem Wiedererkennungswert wie der Wiener Secession inklusive Gustav Klimts goldverziertem Beethovenfries, sprechen eine klar strukturierte Sprache. Überraschendes, aufsehenerregend Neues präsentiert sein Konzept dabei nicht – das gelingt aber erstens auch etatmäßigen Opernregisseuren eher selten und war zweitens auch gar nicht Hellers Absicht. Stattdessen gelingen ihm zwei andere grundlegend wichtige Dinge: Eine lebendige Personenführung und mit der Handlung in Einklang stehende Bilder. Groß projizierte Porträts von Strauss und Hofmannsthal samt passender Zitate zu Beginn der jeweiligen Akte lassen keinen Zweifel, wer hier im Mittelpunkt steht: Die schöpferischen Protagonisten, nicht der Regisseur. Sicher, nicht alle Aspekte wirken konzeptionell schlüssig und ganz zu Ende gedacht. Seine Idee, das Vorstadt-Beisl in ein orientalisches Palmenhaus zu verlegen, wirkt trotz aller Anspielung auf den korrespondierenden Zeitgeist doch eher aufgesetzt. Alles in allem trägt seine Arbeit aber eine gut leserliche Handschrift, er verzichtet auf Extravaganzen und Experimente und fokussiert sich auf etwas, das ganz sicher nicht verkehrt ist: Das Erzählen der Geschichte. Weiterer Pluspunkt in Sachen Authentizität: Das Werk wird völlig ungekürzt präsentiert. Neue „Rosenkavaliere“ hat es in letzter Zeit einige gegeben, man denke an die Arbeiten von Josef Köpplinger an der Wiener Volksoper oder von Barrie Kosky an der Bayerischen Staatsoper. Hellers Regiedebüt erreicht sicherlich nicht ganz dieses Level, braucht sich dahinter aber keineswegs zu verstecken und trägt allemal zu einer belebenden Abwechslung neben Otto Schenks gefühlt ewigem – deswegen wohlgemerkt nicht schlechtem – „Monopol“ bei.
Mit Schlagobers und Schmäh
Neben einem großzügigen Budget ist die Inszenierung mit einer ebenso prominenten wie exzellenten Besetzung ausgestattet worden. Camilla Nylund als Feldmarschallin zeichnet feine Phrasierungslinien und philosophiert mit eindringlicher, aber nicht kitschiger Sentimentalität über Liebe und Zeit. Lediglich darstellerisch agiert sie manchmal ein wenig zurückhaltend. Günther Groissböck ist geradezu prädestiniert für die Rolle des Ochs: Nicht nur stimmlich, mit kraftvoll-charismatischem, in allen Registern beweglichem Bass und authentisch dialektgefärbtem Idiom, sondern auch in seiner Verkörperung der zur Abwechslung gar nicht überzogen einfältig dargestellten Figur. Sein Ochs hat bei aller narzisstischer Egozentrik eine selbstbewusste, hintersinnig verschlagene Haltung, sogar eine gewisse – zwar nur aufgesetzte, aber eben gekonnt zur Schau gestellte – weltmännische Eleganz. Michèle Loisier gibt mit warmem Mezzo-Timbre einen glaubwürdigen, sinnlich-sensiblen Octavian, Nadine Sierra eine höhensicher glänzende Sophie. Auch Roman Trekel (Herr von Faninal), Karl-Michael Ebner (Valzacchi) sind in ihren Rollen eine Bank. Attala Ayan trägt die Arie des Sängers mit großartiger tenoraler Strahlkraft vor. Altmeister Zubin Mehta führt souverän durch die Partitur, ihm gelingt eine Deutung, die Sphären melancholischer Reflexion ebenso beherrscht wie schwungvollen, mit einer ordentlichen Portion Schlagobers garnierten Dreiviertel-Schmäh.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: Features: Regie: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Strauss: Der Rosenkavalier: Nylund, Groissböck, Losier, Trekel, Staatskapelle Berlin, Zubin Mehta |
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Label: Anzahl Medien: Spielzeit: |
Monarda Music 1 240 |
Medium:
EAN: BestellNr.: |
DVD
4058407094456 109445 |
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Strauss, Richard |
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Monarda Music Arthaus Musik wurde im März 2000 in München gegründet und hat seit 2007 seinen Firmensitz in Halle (Saale), der Geburtsstadt Georg Friedrich Händels. Zahlreiche Veröffentlichungen des Labels wurden mit internationalen Preisen ausgezeichnet, darunter der Oscar-prämierte Animationsfilm ?Peter & der Wolf? von Suzie Templeton, die aufwändig produzierte ?Walter-Felsenstein-Edition? und die von Sasha Waltz choreographierte Oper ?Dido und Aeneas?, die beide den Preis der deutschen Schallplattenkritik erhielten. Mit dem Midem Classical Award wurden u. a. die Dokumentationen ?Herbert von Karajan ? Maestro for the Screen? von Georg Wübbolt und ?Celibidache ? You don?t do anything, you let it evolve? von Jan Schmidt-Garre ausgezeichnet. Die Dokumentation ?Carlos Kleiber ? Traces to nowhere? von Eric Schulz erhielt den ECHO Klassik 2011. Mit der Tochterfirma Monarda Arts besitzt Arthaus Musik eine ca. 900 Produktionen umfassende Rechtebibliothek zur DVD-, TV- und Onlineauswertung. Seit 2007 entwickelt das Unternehmen kontinuierlich die Sparte Eigenproduktion mit der Aufzeichnung von Opern, Konzerten, Balletten und der Produktion von Kunst- und Musikdokumentationen weiter. Arthaus Musik DVDs und Blu-ray Discs werden über ein leistungsfähiges Vertriebsnetz, u.a. in Kooperation mit Naxos Global Distribution in ca. 70 Ländern der Welt aktiv vertrieben. Darüber hinaus veröffentlicht und vertreibt Arthaus Musik die 3sat-DVD-Edition und betreut für den Buchhandel u.a. die Buch- und DVD-Edition über Pina Bausch von LArche Editeur, Preisträger des Prix de lAcadémie de Berlin 2010. Mehr Info... |
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