
Enescu: Phantasy for Piano & Orchestra - NDR Radiophilharmonie, Peter Ruzicka
Jugendliche Geniestreiche
Label/Verlag: cpo
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Diese neue Platte bietet Raritäten in Starbesetzung: Carolin Widmann spielt das unvollendete Violinkonzert von George Enescu, es dirigiert der Komponist Peter Ruzicka.
George Enescus Violinkonzert besteht nur aus zwei Sätzen, ein Finale fehlt. Dennoch dauert das Werk in dieser Aufnahme schon 33 Minuten. Es handelt sich um ein sehr frühes Werk des etwa 15-jährigen Komponisten, der Mitte der 1890er Jahre als Student in Wien lebte. Doch so reif Enescu auch sonst in seinen frühen Werken sein mag, hier spürt man die fehlende Erfahrung dann doch. Dem Konzert fehlt die Stringenz, bis hin zu direkten motivischen Anleihen orientiert sich Enescu außerdem noch sehr deutlich an romantischen Vorbildern, an Brahms etwa. Stellenweise könnte man aber auch fast meinen, unversehens in Beethovens Violinkonzert gelandet zu sein.
Das erklärt, warum das Konzert bisher nicht zum Repertoirestück geworden ist und auch künftig kaum werden wird. Die neue Aufnahme hingegen ist ein Glücksfall, denn auch dieses noch etwas unausgereifte Werk steckt voller Schönheiten und ganz bezaubernder Momente, die von den Interpreten wirklich liebevoll herausgearbeitet werden. Damit ist Carolin Widmanns silbrig blühender Geigenton ebenso gemeint wie ihr entschlossener Zugriff und der perfekt abgewogene Klang der NDR Radiophilharmonie Hannover. Besonders hübsch etwa, wie das Spiel der Solistin im langsamen Satz immer wieder von den Holzbläsern flankiert wird. Der Klang dieser Produktion wirkt fast etwas nostalgisch, er könnte vielleicht an Aufnahmen romantischer Violinkonzerte aus vergangenen Jahrzehnten erinnern.
Bedeutender Schritt
Ganz so bekannt wie Carolin Widmann oder Peter Ruzicka ist die Pianistin Luiza Borac sicher nicht, doch dafür ist sie eine echte Enescu-Expertin: Sie hat eine Dissertation über sein Klavierwerk geschrieben und Erstaufnahmen vieler seiner Stücke vorgelegt. Hier ist sie mit einer Fantasie für Klavier und Orchester zu hören, ein imposantes, ziemlich beeindruckendes Werk von 20 Minuten. Nur wenig später als das unvollendete Violinkonzert entstanden, scheint Enescu, der sein Studium inzwischen in Paris fortsetzte, damit doch einen bedeutenden Schritt getan zu haben. Auch diese Aufnahme entpuppt sich im engagierten und inspirierten Zusammenwirken von Solistin und Orchester als absolut überzeugend.
Enescu ist schon ein besonderer Fall: Zwar steckt die Musikgeschichte noch immer voller bislang unbekannter Schätze, doch bei einem Komponisten seines Kalibers ist es die große Ausnahme, dass noch derart große, gewichtige Werke unentdeckt sind und erst jetzt zum ersten Mal eingespielt werden. Und doch werden die beiden Werke dieser Platte hier offenbar als Ersteinspielungen präsentiert. Dass aber Ersteinspielungen ein solches Niveau aufweisen, ist nicht selbstverständlich. Volker Tarnow formuliert es im Beiheft vielleicht etwas zu enthusiastisch, bringt es aber letztlich auf den Punkt: „Unser Bild von George Enescu, eines der größten Meister aller Zeiten, gewinnt dadurch neue Facetten – und das Repertoire zwei bislang unbekannte, exzellente Werke.“
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() |
Dieser Beitrag hat Ihnen gefallen? Empfehlen Sie ihn weiter!
Ihre Meinung? Kommentieren Sie diesen Artikel
Jetzt einloggen, um zu kommentieren.
Sind Sie bei klassik.com noch nicht als Nutzer angemeldet, können Sie sich hier registrieren.
Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
![]() Cover vergrößern |
Enescu: Phantasy for Piano & Orchestra: NDR Radiophilharmonie, Peter Ruzicka |
|||
Label: Anzahl Medien: |
cpo 1 |
Medium:
EAN: |
CD
761203548729 |
![]() Cover vergössern |
Enescu, George |
![]() Cover vergössern |
|
![]() Cover vergössern |
cpo Wohl kaum ein zweites Label hat in letzter Zeit soviel internationale Aufmerksamkeit erregt wie cpo. Die Fachwelt rühmt einhellig eine überzeugende Repertoirekonzeption, die auf hohem künstlerischen Niveau verwirklicht wird und in den Booklets eine geradezu beispielhafte Dokumentation erfährt. Der Höhepunkt dieser allgemeinen Anerkennung war sicherlich die Verleihung des "Cannes Classical Award" für das beste Label (weltweit!) auf der MIDEM im Januar 1995 und gerade wurde cpo der niedersächsische Musikpreis 2003 in "Würdigung der schöpferischen Leistungen" zuerkannt.
Mehr Info... |
![]() Cover vergössern |
Jetzt kaufen bei... |
Weitere Besprechungen zum Label/Verlag cpo:
-
Ein Schatz: Johann Hermann Schein und seinem Israelsbrünnlein die Ehre zu geben, ist nie vertane Mühe: Opella Musica und Gregor Meyer reihen sich mit dieser exquisiten solistischen Deutung in die Folge künstlerisch hochstehender Gesamtbetrachtungen ein. Weiter...
(Dr. Matthias Lange, )
-
Familiendinge: Familiendinge bei und mit den Bachs der verschiedenen Generationen und Zweige: Glücklich gefügt und luzide präsentiert vom Ensemble Polyharmonique und Teatro del mondo. Weiter...
(Dr. Matthias Lange, )
-
Facettenreich: Ein weiterer wichtiger, klanglich leider nicht ganz optimaler Beitrag zur Weigl-Diskografie. Weiter...
(Dr. Jürgen Schaarwächter, )
Weitere CD-Besprechungen von Dr. Jan Kampmeier:
-
Nüchterner Balakirew: Die Niederrheinischen Sinfoniker unter Mihkel Kütson und die Pianistin Dinara Klinton haben Musik von Milij Balakirew aufgenommen. Weiter...
(Dr. Jan Kampmeier, )
-
Beschwingt und beherzt: Das Malevich Ensemble debütiert auf dieser neuen Platte mit unbekannten Klavierquartetten von Camille Saint-Saëns und Sergej Tanejew. Weiter...
(Dr. Jan Kampmeier, )
-
Seltene Cello-Werke: Bartosz Koziak spielt Musik von Bohuslav Martinu. Weiter...
(Dr. Jan Kampmeier, )
Weitere Kritiken interessanter Labels:
-
Virtuos, aber klanglich nicht optimal: Bläser-Kammermusik vom Trio bis zum Sextett: Vier Werke aus der Feder von Jean Françaix in technisch sehr guten, klanglich nicht optimalen Interpretationen. Weiter...
(Dr. Michael Loos, )
-
Ein Schatz: Johann Hermann Schein und seinem Israelsbrünnlein die Ehre zu geben, ist nie vertane Mühe: Opella Musica und Gregor Meyer reihen sich mit dieser exquisiten solistischen Deutung in die Folge künstlerisch hochstehender Gesamtbetrachtungen ein. Weiter...
(Dr. Matthias Lange, )
-
Vokalqualität: Ein konzeptionell bezwingendes, dazu hervorragend qualitätvoll gesungenes Album: The Gesualdo Six machen sich selbst und dem Publikum ein wunderbares Geschenk. Weiter...
(Dr. Matthias Lange, )
Portrait

"Bei der großen Musik ist es eine Frage auf Leben und Tod."
Der Pianist Herbert Schuch im Gespräch mit klassik.com.
Sponsored Links
- klassik.com Radio
- Urlaub im Schwarzwald
- Neue Musikzeitung
- StageKit - Websites für Musiker, Veranstalter und Konzertagenturen
Hinweis:
Mit Namen oder Initialen gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung des Verfassers,
nicht aber unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.
Die Bewertung der klassik.com-Autoren:
Überragend
Sehr gut
Gut
Durchschnittlich
Unterdurchschnittlich