> > > Mozart: Eine kleine Nachtmusik: La Petite Bande, Sigiswald Kuijken
Mittwoch, 29. März 2023

Mozart: Eine kleine Nachtmusik - La Petite Bande, Sigiswald Kuijken

Eine kleine Nachtmusik aus dem Pflegeheim


Label/Verlag: Accent
Detailinformationen zum besprochenen Titel


Diese Neuaufnahme der 'Kleinen Nachtmusik' KV 525 aus Belgien wirft die Frage auf: Braucht man von diesem Mozart-Evergreen wirklich noch eine weitere Einspielung?

Wenn man beim CD-Onlinehändler jpc den Suchbegriff „Eine kleine Nachtmusik“ eingibt, bekommt man 2800+ Treffer. Im Fall des Stücks mit dem berühmten G-Dur „Mannheimer Raketenthema“ am Anfang – das so gut wie jeder auf dieser Welt kennt – besteht also kein Mangel an Aufnahmen, weder an historischen mit Karajan, Furtwängler oder Böhm, noch an jenen von Vorkämpfern der historisch informierten Aufführungspraxis, wie Harnoncourt & Co. Es gibt das Stück in Mono, in Stereo, in Quadrophonie, auf dem neuesten digitalen Aufnahmestand, es ist Teil vom „Amadeus“-Filmsoundtrack, man findet es in Kinderbüchern, in der Werbung – überall!

Und nun kommt also Sigiswald Kuijken mit La Petite Bande daher und legt beim Label Accent eine Aufnahme vor, die im Januar 2021 an drei Tagen in der Kapelle der „Zorggroep H. Hart“ im belgischen Kortrijk entstand, dabei handelt es sich um ein modernes Pflegeheim. Kombiniert ist die „Nachtmusik“ hier mit den drei Divertimenti KV 136-138 (insgesamt neun weitere Tracks, drei pro Divertimento). Das ergibt eine Gesamtspielzeit von 73 Minuten.

Nichts auszusetzen

An der Aufnahme ist absolut nichts auszusetzen. Sie verzichtet auf einen Alte-Musik-Klang, ohne stattdessen einen typischen (reduzierten) Symphonieorchester-Sound zu wählen. Man könnte sagen, es ist eine „Middle of the Road“-Aufnahme, im positiven Sinn. Man macht mit ihr nichts falsch, wenn man sie kauft. Es fehlt aber der sportive Schliff, den beispielsweise Herbert von Karajan mit den Berliner Philharmonikern in seiner DG-Aufnahme hören lässt: vom Orchesterklang der Neueinspielung nicht unähnlich, aber mit merklich mehr Bounce und Drive daherkommend. Vielleicht wäre hier das Wort „knackiger“ passend? Krachender im Sound sind dagegen die alternativen Alte-Musik-Einspielungen. Und was die sonstige Interpretation angeht, so kann ich bei Kuijken und La Petite Bande keinen auffallend neuen Ansatz ausmachen, der die Aufnahme irgendwie als ‚besonders‘ markieren würde.

Aber vielleicht braucht der Klassikbetrieb immer wieder Neueinspielungen, weil Kunden eine gewissen Angst vor ‚Altem‘ haben und glauben, es sei überholt? Nicht mehr up to date? Oder von der Aufnahmetechnik nicht auf dem neuesten Stand? Die Aufnahmequalität ist hier jedenfalls hervorragend, es gibt keinerlei Hall (trotz der Kapelle als Aufnahmeort), die Instrumente sich klar, durchsichtig und sehr solistisch zu hören. Das Streichervibrato ist reduziert, aber vorhanden. Es gibt auch eine Frische im Spiel, die angenehm ist. Das gilt auch für die Divertimenti in D-Dur, b-Moll und f-Dur.

Eine wichtige – gar ‚große‘ – Einspielung der „Kleinen Nachtmusik“ ist die für mein Empfinden nicht. Eine Einspielung mit der Aura des Besonderen auch nicht. Es ist auch keine Budget-Label-Ausgabe, bei der man ein Auge zudrücken würde, weil sie halt so preisgünstig ist. Im Gegenteil, die erwähnten historischen Aufnahmen gibt’s fast alle günstiger und sie weisen alle, auf jeweils andere Art, mehr Charakter auf. Wer also Individualität der Interpretation sucht, ist hier falsch. Wer eine ausgeglichene Aufführung mit einem bestens aufgelegten kleinen Klangkörper sucht, wird dagegen gut bedient.

Interpretation:
Klangqualität:
Repertoirewert: 
Booklet:





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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:



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    Mozart: Eine kleine Nachtmusik: La Petite Bande, Sigiswald Kuijken

Label:
Anzahl Medien:
Accent
1
Medium:
EAN:

CD
4015023243767


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Mozart, Wolfgang Amadeus


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Accent

Schon bei der Gründung des Labels 1979 durch Andreas Glatt war klar, dass ACCENT sich fast ausschließlich mit Alter Musik in historischer Aufführungspraxis beschäftigen würde. Die Künstler, die für ACCENT aufnehmen oder aufgenommen haben, gehörten von Anfang an zu den renommiertesten Interpreten der "Alte-Musik-Szene": darunter die Brüder Barthold, Sigiswald und Wieland Kuijken, René Jacobs, Jos van Immerseel, Maria Cristina Kiehr mit La Colombina, Paul Dombrecht, Marcel Ponseele mit seinem Ensemble Il Gardellino, aber auch jüngere Künstler wie Ewald Demeyere und sein Bach Concentus, das Ensemble Private Musicke mit Pierre Pitzl oder das Amphion Bläseroktett. Der ACCENT-Katalog möchte den neugierigen Musikfreund auf eine Reise durch die Welt der Alten Musik mitnehmen. Dabei wird er, neben ausgewählten Standardwerken, nicht selten Stücken begegnen, die kaum im Konzertbetrieb oder auf CD anzutreffen sind. Erstaunlicherweise stammen sie nicht nur von wenig bekannten Komponisten, sondern auch von so großen Namen wie Johann Sebastian Bach oder Georg Philipp Telemann. Diese Raritäten werden für ACCENT nicht allein um ihres Seltenheitswerts aufgenommen, sondern vielmehr, weil sie wichtige, bislang sträflich vernachlässigte Werke sind, deren Entdeckung zu einem persönlichen Anliegen der Interpreten wurde.


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