
Bodenschätze - Capella de la torre, Chorwerk Ruhr, Florian Helgath
Bodenschätze
Label/Verlag: Coviello Classics
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Chorwerk Ruhr und Capella de la Torre bringen üppige kompositorische Qualität weit über die großen Namen hinaus zu aufregendem Funkeln.
Das Florilegium Portense, also die Blütenlese wunderbarer Motetten aus Schulpforta, wurde in der Vergangenheit nicht selten belächelt, oft jedenfalls unterschätzt und als verzopfte Tradition abgetan. Seit einige Jahren wird diese Sammlung, vom Kantor Erhard Bodenschatz Anfang des 17. Jahrhunderts in mehreren Teilen herausgegeben, die auf umfangreichen Vorarbeiten des vormaligen Schulpförtner und späteren Thomaskantors Sethus Calvisius basierten, wieder deutlicher als wichtige Überlieferung geschätzt und vor allem mit diskografisch relevanten Einspielungen gewürdigt. Ein weiterer Beitrag zu dieser noch überschaubaren Reihe ist die aktuelle Platte des Chorwerk Ruhr mit Florian Helgath und der Capella de la Torre mit Katharina Bäuml bei Coviello Classics, die in Anspielung auf den Namen des barocken Sammlers und zugleich auf die Qualität der Sätze den sprechenden Titel ‚Bodenschätze‘ trägt.
Natürlich sind im Programm die bekannten Größen zu hören, etwa Orlando di Lasso, Giovanni Gabrieli, Hans Leo Hassler oder Jacobus Gallus, aber auch Stimmen wie die von Heinrich Hartmann sind hier überliefert: Denn neben den italienischen Größen bildet diese mitteldeutsche Kantorenlinie den zweiten großen Strang der Sammlung. Und Hartmann zeigt mit dem eindrucksvollen ‚Ist nicht Ephraim dein teurer Sohn‘, dass auch hier hohe Qualität zu finden ist.
Die feine Auswahl hebt mit Gabrielis mustergültigem ‚Jubilate Deo‘ an, das Doppelchörigkeit in idealer Ausprägung bietet; dazu treten weitere ‚Klassiker‘ wie Gallus‘ streng homophon-vierstimmiges ‚Ecce quomodo moritur‘ oder di Lassos kaum weniger beeindruckendes ‚Tristis est anima mea‘. All das vollzieht sich überwiegend vokal-instrumental, abgewechselt von einigen instrumentalen Interludien von Alessandro Orologio, Tarquinio Merula und Johann Kaspar Kerll, die delikater Spielfreude reichlichen Raum geben.
Vereinte Kräfte
Und das nicht zu knapp: In der Besetzung mit Schalmeien, Zink, Posaunen, Dulzian, Violone, Orgel und Theorbe beweist die Capella de la Torre alle Vorzüge klarer Zeichnung und gestisch behänden Spiels auf höchstem Niveau. In Kerlls ‚Intrada Battaglia‘ ist eine so ausgeprägte Ensemblevirtuosität zu erleben, dass selbst übellaunige Kritik schamvoll verstummen müsste. An keiner Stelle wird in dieser so farben- und strukturreichen Musik ein Mangel instrumentaler Grenzen verwaltet – vielmehr werden die reichen Möglichkeiten souverän und lustvoll ausgespielt.
Das von Florian Helgath geleitete Chorwerk Ruhr singt mit 28 Stimmen, was angesichts der bis zu achtstimmigen Kompositionen keine übergroße Besetzung ist, aber dennoch durchgehend und deutlich chorische Wirkung entfaltet. Zu hören sind luzide, jugendlich schlanke Register von einiger Strahlkraft und eher weich konturierter Gestalt, dennoch klar und angemessen plastisch in der Wirkung. Die oft dichten Gewebe spinnen sie mit zartem Faden. Vor allem die acht Sopranstimmen sind von ausgesuchter Schlankheit und muten beinahe wie Knabenstimmen an – womit sie symbolisch auch an die vermutliche Musizierpraxis in Schulpforta anknüpfen.
Vibrierend energisch
Die Tempi sind bewegt, im besten Sinne nie langweilig – mitentscheidend für den Eindruck der Frische, der das ganze Programm bestimmt. In maximaler Varianz der musikalischen Kräfte wird ein abwechslungsreiches dynamisches Tableau entfaltet, vom Plenum voller Saft und Kraft bis zu Passagen voller Zartheit, gar Zerbrechlichkeit. Intoniert wird in alle Sphären frei und selbstverständlich, auch in größerer Akkordschichtung und geweiteter Lage. Rein instrumental ist viel kleinteiliges Spiel zu erleben, geradezu vibrierend energisch. Vokal sind die Texte präsent und mehr als nur ein Vehikel für präzise Diktion. Das Klangbild nimmt die vielschichtige Energie der Präsentation gelungen auf, hat Struktur und räumliche Tiefe.
Das Florilegium Portense – eine Sammlung nicht nur für die Knaben in Schulpforta und weit mehr als müde Tradition: Chorwerk Ruhr und Capella de la Torre bringen üppige kompositorische Qualität weit über die großen Namen hinaus zu aufregendem Funkeln.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Bodenschätze: Capella de la torre, Chorwerk Ruhr, Florian Helgath |
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Label: Anzahl Medien: |
Coviello Classics 1 |
Medium:
EAN: |
CD
4039956921127 |
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