
Isaac: Missa Wohlauff gut Gsell' - Cinquecento Renaissance Vokal
Meisterlich
Label/Verlag: Hyperion
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Heinrich Isaac strahlt mit seiner Kunst über jede kleinliche Einordnung weit hinaus. Und auch Cinquecento wandelt wie auf etlichen Platten zuvor auf einer ganz besonderen Höhe.
Heinrich Isaac (ca. 1450-1517) war ein Komponist von enormer Reputation, der in Florenz unter der Patronage von Lorenzo de' Medici repräsentative Kunst schuf und sich in Italien einen respektierten Rang erarbeitete. Nach dem Bruch des Medici-Einflusses in der toskanischen Metropole und dem Beginn der – nicht nur – kunstfeindlichen Savonarola-Herrschaft sah sich Isaac selbstbewusst nach Alternativen um und fand sie an den Höfen der Habsburger-Herrschaft. Auch hier reüssierte er dank seiner stupenden Befähigung.
Die auf der aktuell bei Hyperion erschienenen Platte des Ensembles Cinquecento Renaissance Vokal im Mittelpunkt stehende 'Missa Wohlauff gut Gsell von hinnen' ist ein Beispiel für gelungenen Transfer: Eigentlich auf Basis der Chanson 'Comment peult avoir joye?' in Florenz entstanden, benannte Isaac sie nicht nur nach dem geläufigen deutschen Text um, sondern erweiterte sie erheblich, auf nun sechsstimmiger Grundlage, in deutlich reicher gegliederter Präsentation des Ordinariums. Mit mehr als 40 Minuten Aufführungsdauer ist sie nicht nur von gewaltiger äußerer Dimension: In harmonischer Balance von architektonischer Größe, edlem linearen Fluss und klangsinnlicher Wirkung voller oft erstaunlich schlichter Anmutung verrät sie den Beherrscher aller jener Zeit zur Verfügung stehenden Technik und Kunst. Dazu kommen im Programm Motetten, die an Gewicht und künstlerischem Rang diesem Höhepunkt der Messkomposition der Renaissance nicht nachstehen.
Famoses Ensemble
Das famose Ensemble Cinquecento singt in seiner fünfstimmigen Grundformation mit dem Altus Terry Wey, den Tenören Achim Schulz und Tore Tom Denys, dem Bariton Tim Scott Whiteley und dem Bass Ulfried Staber, hier zu temporärer Sechsstimmigkeit ergänzt vom Tenor Jan Petryka. Die Formation harmoniert seit Jahren in außergewöhnlicher Weise – balanciert und ausgewogen, charaktervoll in den Registereigenschaften, präsent im linearen Gewebe, jede Stimme plastisch zeichnend und doch jederzeit bewusst und dezidiert Teil des Ganzen. Letzteres ist zu Beispiel bei einem inzwischen so profilierten Solisten wie Terry Wey zumindest bemerkenswert.
Die Intonation ist eine der großen Stärken des Ensembles: Leicht und ungezwungen, dabei klar und mit frischem Strahl ausgesungen. Wunderbar harmonische Schlusswirkungen gelingen dank perfekt ausgehörter Akkordik. Die Messe fließt in allerschönster Selbstverständlichkeit, während sich die Motetten in etwas größerer Lebendigkeit entfalten. Dynamisch erweisen sich die Vokalisten als Meister der edlen, allmählichen Entwicklung, dabei durchaus nuanciert und zur größer entfalteten Geste fähig. Es werden gleichsam unendliche Linien gesungen, durchaus gegliedert, mit milden Zäsuren versehen und in klug erreichte Schlusswirkungen gesteuert – nobel und lebendig wird diese zeitlich so entfernte Musik auch dadurch ein Erlebnis unmittelbarer Nähe. Das Klangbild der in der Kartause Mauerbach entstandenen Aufnahme verrät den inspirierenden wie klangevozierenden Ort; viele hochklassige Aufnahmen haben in der Vergangenheit davon gezeugt – auch hier verbinden sich Größe und Präzision, strömender Klang und klare Linie glücklich.
Das Ensemble Cinquecento erweist sich hier wie schon etliche Male zuvor als kontinuierlicher Repertoirebildner – die Vokalisten singen nicht einfach hervorragend Kanonisches, sondern werben oft für Perlen am Rande ausgetretener Pfade, vor allem jener Komponisten, die mit dem Habsburger Einflusskreis enger verbunden waren. Heinrich Isaac strahlt mit seiner Kunst über jede kleinliche Einordnung weit hinaus. Und auch Cinquecento wandelt wie auf etlichen Platten zuvor auf einer ganz besonderen Höhe.
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Isaac: Missa Wohlauff gut Gsell': Cinquecento Renaissance Vokal |
|||
Label: Anzahl Medien: |
Hyperion 1 |
Medium:
EAN: |
CD
034571283371 |
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Isaac, Heinrich |
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Hyperion Founded in 1980, Hyperion is an independent British classical label devoted to presenting high-quality recordings of music of all styles and from all periods from the twelfth century to the twenty-first. We have been described as 'Britains brightest record label'. In January 1996 we were presented with the Best Label Award by MIDEM's Cannes Classiques Awards. The jury was made up of the editors of most of the leading classical CD magazines in the world - Classic CD (England), Soundscapes (Australia), Répertoire (France), FonoForum (Germany), Luister (Holland), Musica (Italy), Scherzo (Spain), and In Tune (USA & Japan). We named our label after an altogether splendid figure from Greek mythology. Hyperion was one of the Titans, and the father of the sun and the moon - and also of the Muses, so we feel we are fulfilling his modern role by giving the art of music to the world. The repertoire available on Hyperion, and its subsidiary label Helios (Helios, the sun, was the son of Hyperion), ranges over the entire spectrum of music - sacred and secular, choral and solo vocal, orchestral, chamber and instrumental - and much of it is unique to Hyperion. The catalogue currently comprises nearly 1400 CDs and approximately 80 new titles are issued each year. We have won many awards. Our records are easily available throughout the world in those countries served by our distributors. A list of the world's top Hyperion dealers, listed by country and city, can be found on our homepage. But if you have any difficulty please get in touch with the distributor in your territory. In Germany that is Note 1 Music Gmbh. Mehr Info... |
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