
Telemann: Musicalisches Lob Gottes - Hamburger Ratsmusik, Simone Eckert
Rundes Programm
Label/Verlag: cpo
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Telemann und seine Kunst in einem schönen Kantatenprogramm gewürdigt: Gemeinsam mit einigen der Gamben-Fantasien wird durch Simone Eckert und die Hamburger Ratsmusik ein Teil der Vielfalt im Schaffen des Komponisten angedeutet.
Georg Philipp Telemann war zweifellos ein Komponist, der auf die Wirkung seiner Werke bedacht war, auf dem Feld der Kirchenmusik zum Beispiel über fünf größere Editionsprojekte mit Kantatenjahrgängen in verschiedener Ausführung. Der vierte Druck unter dem Titel 'Musicalisches Lob Gottes in der Gemeine des Herrn', der zwischen den Jahren 1742 und 1744 eine komplette Ausgabe beinhaltete, war unbedingt eine Produktion, die ausstrahlen wollte: Telemanns Partner bei der Veröffentlichung war der Nürnberger Balthasar Schmid, der mit seinem weit gefassten Netz von Verlagsagenten dafür sorgte, dass der Vertrieb ins Rollen kam.
Die je siebenteiligen Kantaten auf Texte von Erdmann Neumeister enthielten einen rahmenden Chor, der das Werk ebenso eröffnete wie er es wieder beschloss, dazu zwei Choräle, ein Rezitativ und zwei Arien. Grundsätzlich waren zwei hohe Vokalsoli vorgesehen, ließen sich wie manche Entscheidung im Instrumentalbereich aber auch in allen Sphären musikpraktisch flexible Umsetzungsentscheidungen treffen. Im aktuellen Programm der von Simone Eckert geleiteten Hamburger Ratsmusik sind drei Kantaten aus der vorösterlichen Passionszeit zu hören, sämtlich nach dem angesprochenen Schema gebaut und besetzt. Dazwischen präsentiert Eckert vier der zwölf erst 2015 wiederentdeckten Fantasien für solistische Viola da gamba als nobles Zwischenspiel – intrikate Sätze, die Telemann von einer besonders konzentrierten Seite zeigen.
Gelassene Expertise
Die Hamburger Ratsmusik versteht sich in schmaler, in Telemanns Sinne quasi minimaler Besetzung als feines Kammermusikensemble: Christoph Heidemann und Gabriele Steinfeld sind auf der Violine zu hören, Simone Eckert auf der Viola da gamba, Ulrich Wedemeier auf der Theorbe, Anke Dennert schließlich auf Cembalo oder Orgel. Das lässt die Kantaten instrumental zu einem lichten Erlebnis voller Leichtigkeit und Klarheit werden. Der Ensembleklang ist gestisch behände, voller Charme und kammermusikalischer Ausstrahlung.
Die vokale Besetzung ist exquisit zu nennen: Einen Sopran singt Dorothee Mields, die ihre Stimme luxuriös sich verströmen lässt, sich in allernatürlichster Anmutung sprachmächtig zeigt und insgesamt mit entwaffnender Überzeugungskraft agiert – kaum eine andere Sopranistin der Gegenwart bewegt sich mit derartigen Möglichkeiten durch dieses Repertoire. Hanna Zumsande ist als ‚Zweite‘ luxuriös besetzt, mit ihrer wunderbar fließenden, ebenfalls beredten Stimme, die zu leuchten weiß und Telemanns Linien alles abgewinnt, sich zugleich mit einem minimal dunkleren Timbre günstig von Mields absetzt.
Wacher Klangsinn
Klaus Mertens grundiert als vokale Version der obligaten Bassstimme das chorische und chorale Geschehen souverän und geschmackvoll, mit erstaunlich akzentuierten Wirkungen. In einem einzigen Choral ist als Solo besetzt und zeigt darin all seine sattsam vertrauten Qualitäten mit Blick auf Sprache und Linie. Eine schöne Begegnung. Simone Eckert spielt die Fantasien mit wachem Klangsinn und expliziert sie mit Sinn für die hohe Kunst ebenso wie für das Klangnatürliche, das jeder der Musiken Telemanns innewohnt. Schon in der Vergangenheit hat sie einige der Fantasien dazu genutzt, eine Kantatenproduktion instrumental zu gliedern: Dem Rezensenten ist eine 2018 ebenfalls beim Label cpo erschienene Produktion mit ‚Moralischen Cantaten‘, gesungen vom Altus Benno Schachtner, erinnerlich – eine Programmidee, die damals wie heute gut funktioniert und nebenher eine Einspielung der gesamten Fantasien entstehen lässt.
Das gesamte Album wird in drucklos fließenden Tempi musiziert, alles wirkt in dieser Hinsicht mühelos und unangestrengt, wie auch die gelassene Perfektion der Intonation. In den Kantaten ist bei so viel versammelter Sprachmacht gar nichts anderes möglich als eine sprachinspirierte Interpretation – durch die vokalen und instrumentalen Kräfte gemeinsam. Im Klangbild spiegelt sich all diese klare und luftige Leichtigkeit: Im Sendesaal von Radio Bremen ist ein ungemein passendes Abbild von Musik und Ensemble möglich geworden.
Telemann und seine Kunst in einem schönen Kantatenprogramm gewürdigt: Gemeinsam mit einigen der Gamben-Fantasien deuten sie einen Teil der Vielfalt im Schaffen des Komponisten an. Die von Simone Eckert geleitete Hamburger Ratsmusik und ein fabelhaftes Vokal-Trio mit einer runden Deutung.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Telemann: Musicalisches Lob Gottes: Hamburger Ratsmusik, Simone Eckert |
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Label: Anzahl Medien: |
cpo 1 |
Medium:
EAN: |
CD
761203538720 |
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Telemann, Georg Philipp |
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cpo Wohl kaum ein zweites Label hat in letzter Zeit soviel internationale Aufmerksamkeit erregt wie cpo. Die Fachwelt rühmt einhellig eine überzeugende Repertoirekonzeption, die auf hohem künstlerischen Niveau verwirklicht wird und in den Booklets eine geradezu beispielhafte Dokumentation erfährt. Der Höhepunkt dieser allgemeinen Anerkennung war sicherlich die Verleihung des "Cannes Classical Award" für das beste Label (weltweit!) auf der MIDEM im Januar 1995 und gerade wurde cpo der niedersächsische Musikpreis 2003 in "Würdigung der schöpferischen Leistungen" zuerkannt.
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