
W.A.Mozart: Konzert-Arien - Lisette Oropesa, Il pomo d'oro, Antonella Manacorda
Bühnenfiguren im Konzert
Label/Verlag: Pentatone Classics
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Lisette Oropesa, Antonello Manacorda und das Ensemble Il pomo d’oro sollte man mit diesen starken Interpretationen von zehn Mozart-Konzertarien definitiv man gehört haben.
Für ein Debüt-Album ein reines Mozart-Programm zu wählen, ist eine mutige Setzung. Bei Mozart liegt alles offen, da kann man keine technischen Defizite verstecken – das ist durchaus eine Art Königsdisziplin. Die amerikanische Sopranistin Lisette Oropesa stellt sich dieser Herausforderung mit allen Facetten ihrer bemerkenswerten Kunst. Seit vielen Jahren ist sie auf großen Opernbühnen unterwegs, ihre Karriere hat sich mit Bedacht und genügend Zeit entwickelt. Mittlerweile ist Oropesa eine gefragte Lucia in Donizettis 'Lucia di Lammermoor' und mit ihrer Marguerite de Valois in Meyerbeers 'Les Huguenots' sorgte sie im vergangenen Jahr in Genf für Furore. Dass sie eine prachtvolle Manon in Massenets Vertonung ist und eine ebenso anrührende Violetta in 'La Traviata' ist, kann man in verschiedenen Radio- und Kinoübertragungen nachvollziehen.
Nun war Oropesa im August 2020 also mit Kompositionen Wolfgang Amadeus Mozarts im Studio – gemeinsam mit dem Dirigenten Antonello Manacorda und dem Originalklang-Ensemble Il pomo d’oro. Auf dem Programm dieses Debüt-Albums, das beim Label Pentatone erschienen ist, stehen aber nicht die großen und bekannten Opernarien ihres Fachs, sondern zehn von Mozarts sogenannten Konzertarien. Diese gängige Bezeichnung ist ein wenig irreführend, denn es handelt sich durchaus um veritable Opernszenen, die teils als Einzelstücke konzipiert oder ebenso als Einlage-Arien für Opern anderer Komponisten entstanden sind. Der dramatische Gestus, der klaren Bezug auf einen szenischen oder emotionalen Auslöser nimmt, ist in diesen Arien mit Händen greifbar.
Enorm beweglich
Und genau dies macht Lisette Oropesa mit ihrer Interpretation deutlich. Sie zelebriert keine hochpolierte Vokalkunst, die sich mit instrumentaler Stimmführung ins Orchester schmiegt oder sich mit reiner Virtuosität begnügt. Oropesa erweckt Bühnenfiguren, leidet und jubelt, spürt geistigen Entrückungen nach und schleudert Koloraturen über die Rampe. Ihr eigentlich lyrischer Sopran mit enormer Beweglichkeit und Farbenreichtum erlaubt ihr diesen zupackenden Umgang mit den hier eingespielten Arien. In manchen Fällen hat ihr satter, warmer Ton, der authentische und gefühlsdurchtränkte Vortrag schon fast etwas Altmodisches. Oft muss man beim Hören dieser CD an die großen Mozart-Sängerinnen der Vergangenheit wie Sena Jurinac, Lucia Popp oder Irmgard Seefried denken, teils auch an den perlenden Charme einer Rita Streich. Die Stimme ist aber zu einhundert Prozent Oropesa.
Die Mischung der ausgewählten Arien ist reizvoll, bekanntere Dauerbrenner mischen sich mit eher selten gehörten Konzertarien. Schon der Beginn ist eine Entdeckung: 'A Berenice – Sol nascente' KV 70. Lisette Oropesa zieht bereits hier alle Register: Sie besticht durch den sanft bebenden Fluss ihres Soprans, dem ein gut kontrolliertes Vibrato beigemischt ist, Sprünge und Läufe bieten Virtuosität, die aber stets im Dienst des dramatischen Ausdrucks Verwendung finden.
Herrliche Binnenspannung
Il pomo d’oro und Antonello Manacorda sind kluge und ebenso ausdrucksstarke Partner für die Solistin. Es ist sogar besonders spannend, das alte Instrumentarium in Verbindung mit dem kernigen und so gar nicht auf ‚Alte Musik‘ getrimmten Zugriff von Oropesa zu hören. Diese Komponenten ergänzen sich hervorragend, so manche Kontrastwirkung belebt die Szenen ungemein. Herrlich, mit welcher Binnenspannung das Vorspiel zu 'Bella mia fiamma' KV 528 erklingt, und wie klangvoll und theatral Lisette Oropesa das Rezitativ beseelt. Neben vielen überzeugenden Interpretationen ist die finale Arie 'Ah se in ciel, benigne stelle' KV 538 ein Höhepunkt des Albums.
Bei einer so eigenwilligen und persönlichkeitsstarken Setzung gibt es auch Momente, die weniger beglücken – gerade im direkten Vergleich zu den umliegenden Leistungen. Die Blechbläser haben es teils hörbar schwer, den hohen Anforderungen gerecht zu werden, und auch die Sopranistin kann nicht in allen Arien ihre Stärken ausspielen. So liegt 'Alcandro, lo confesso' KV 294 in der Tessitura recht hoch, das führt im Vortrag zu teils verhärteten Tönen und gelegentlichen Schärfen. Und auch für 'Vorrei spiegarvi, oh Dio!' KV 418 könnte man sich gerade im ersten Teil einen schwebenderen Klang vorstellen, der den Hörer umgarnt. Den mörderischen Sprung am Ende der Arie meistert Oropesa dann allerdings mit Bravour und ohne effekthaschendes Drücken.
Alles kann man nicht haben – muss aber auch nicht sein. Das macht dieses Mozart-Album nur umso ehrlicher und griffiger. Lisette Oropesa ist eine starke Mozart-Sängerin und Manacorda und Il pomo d’oro sind für das Projekt die idealen Partner. Diese SACD mit dem Titel 'Ombra compagna' sollte man gehört haben.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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W.A.Mozart: Konzert-Arien: Lisette Oropesa, Il pomo d'oro, Antonella Manacorda |
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Label: Anzahl Medien: |
Pentatone Classics 1 |
Medium:
EAN: |
CD
827949088568 |
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Mozart, Wolfgang Amadeus |
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