
Kevin Duggan: Hymne til Aero - Danish Organ Music from Dunblane Cathedral
Wilde Jagd durch Dänemark
Label/Verlag: Odradek
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Der Engländer Kevin Duggan widmet sich in Schottland dänischer Orgelmusik.
Die engen Beziehungen zwischen England und Dänemark reichen weit über hundert Jahre zurück, sind aber jetzt durch Corona und auch den Brexit in nicht geringer Weise beeinträchtigt worden. Der aus Südwestengland stammende Kevin Duggan, seit 2015 Organist an der 1990 erbauten Orgel der Kathedrale von Dunblane in Schottland, macht aus seiner Liebe zu Dänemark keinen Hehl. Aus dem 17. Jahrhundert wählt er Nicolaus Bruhns' großes e-Moll-Präludium. Mehr als fünfzig Jahre (1847–1900) war J. P. E. Hartmann Organist in Kopenhagen, von ihm hören wir 'nur' das Allegro moderato aus der Sonate g-Moll op. 58 (1855) - schade, dass Duggan nicht die Chance nutzt, das diskografisch notorisch unterrepräsentierte Orgelschaffen Hartmanns intensiver zu beleuchten. Dafür erhalten wir aus dem 20. Jahrhundert so unterschiedliche Werke wie Carl Nielsens monumentale, horrend schwierige 'Commotio' op. 58 (1930-31), Rued Langgaards 'Kristi Himmelfartsdag' (1941), Fünf Präludien von Jesper Madsen (1979-81), Leif Thybos Variationen über 'Sumer is icumen in' (1989) und Tore Björn Larsens 'Fünen-Frühlings-Präludium (1990). Duggans Bruhns bleibt etwas tentativ, jedenfalls weder stilistisch angemessen noch einen neuen eigenen Stil repräsentierend. Auch Nielsens 'Commotio' bleibt von den Klangfarben (Registrierung) unbefriedigend, und an einigen Stellen hörte der Rezensent auch spieltechnische Unsicherheiten; eine rundum überzeugende Ausarbeitung der Großarchitektur des wichtigen Spätwerks Nielsens vermittelt sich nicht - die Darbietung bleibt eher episodisch denn dramaturgisch tiefgründig 'überformt'.
Dagegen sind die Werke von Madsen, Langgaard und Larsen 'leichtere', neben Nielsens tour de force teilweise fast banal klingende zum gottesdienstlichen Gebrauch geeignete Stücke - was eher für eine problematische Programmzusammenstellung denn die Qualität der einzelnen Stücke spricht. Am anspruchsvollsten sind Thybos Variationen, die aber auch ihre musikalischen Schwächen haben (Kontrapunkt, außermusikalische Effekte). Wie Nielsens Werk fordert auch Hartmann eine weniger auf äußeren Effekt ausgerichtete Orgel, so dass die Qualitäten der Musik ins Belanglose verpuffen.
In den frühen 1990er-Jahren war Duggan Organist der Kirche auf der Insel – zwei dort entstandene Kompositionen, darunter die titelgebende 'Hyme til Ærø', ergänzen Duggans Einspielung, die schlussendlich mehr Selbstreflexion denn ein nachhaltiger Beitrag zur Diskografie der Orgelmusik Dänemarks ist. Duggans Werke liegen dem Interpreten hörbar sicherer in den Händen als anderes. Schade, ich hatte mir mehr Erkenntnisse über eine mir unbekannte Welt erhofft.
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Kevin Duggan: Hymne til Aero: Danish Organ Music from Dunblane Cathedral |
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Label: Anzahl Medien: |
Odradek 1 |
Medium:
EAN: |
CD
810042704084 |
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Odradek Odradek Records ist keine beliebige neue Plattenfirma. Es ist der erste Schritt eines größeren Projekts, welches es sich zur Aufgabe gemacht hat, klassische Musik neu zu produzieren und einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Wir sind der Meinung, daß die derzeitige Struktur der Musikwelt das wahre Wesen der Musik verkennt und ihr nicht die gebührende Bedeutung beimisst. Die Welt der klassischen Musik dreht sich im Wesentlichen um wenige, berühmte Namen, einige große Konzerthäuser und ein Repertoire, welchem - eingeschränkt durch die Fesseln der Popularität - wenig Spielraum gelassen wird. Nachwuchskünstler werden zumeist im musikfeindlichen Labyrinth der Wettbewerbe gefunden, wobei der große Erfolg dort nicht selten enger mit Extravaganz und Theatralik als mit der Genauigkeit und Feinheit der Interpretation verknüpft ist. Solch ein System, welches den Gesetzen der freien Marktwirtschaft ausgesetzt ist, zwingt die große Mehrheit der Künstler immense Summen für eine CD Aufnahme aufzubringen, deren Gewinn größtenteils wieder an die Plattenfirma zurückfließt. Dadurch bleibt vielen guten Musikern die Möglichkeit einer professionellen Aufnahme verwehrt. Solch ein System hat sich nicht nur schon weit von der Kunst entfernt, es ist ein System, das in sich selbst in einer großen Krise steckt. Idealerweise sollte Musik, genau wie andere Primärgüter, nicht vom Markt abhängig sein. Uns ist klar, dass dies streng genommen eine utopische Vision ist. Aber gerade dieses Streben nach dem Unerreichbaren ist ein grundlegender Antrieb für die Dynamik unseres Projekts. Odradek Records ist eine nicht an Profit orientierte Plattenfirma. Nach Deckung aller Produktions- und Vertriebskosten gehen alle Erlöse an den Künstler. Die zwei maßgebenden Kriterien zur Auswahl der Künstler sind einerseits höchste musikalische Qualität und andererseits die Attraktivität des vorgeschlagenen Programms. Wir wollen nicht ausschließen, sondern mit einbeziehen: Es ist nicht von Bedeutung ob jemand einen wichtigen Wettbewerb gewonnen oder schon in großen Konzerthallen gespielt hat. Ebenso interessieren uns weder Alter und Herkunft eines Künstlers, noch ob er bei einer großen Plattenfirma unter Vertrag ist. Das einzig relevante Kriterium ist die musikalische Qualität des Künstlers. Wir interessieren uns für Aufnahmen von Chopin und Co., genauso wie für Aufnahmen von Stücken von Berio, Scelsi, Copland, Carter, Webern, Schönberg, Ligeti, Kurtag, Ives u.v.a. Odradek Records produziert nicht nur CDs. Wir sind überzeugt, daß Musik in ihrer Ganzheit erst im Konzert voll zur Geltung kommen kann. Aus diesem Grund organisieren wir regelmäßig Musikfestivals in verschiedenen Städten, um unsere CDs und die Musik zu fördern. Zu guter Letzt noch ein Wort zu unserem Namen, den wir einer Kurzgeschichte von Kafka entliehen haben. Ebenso wie der Familienvater in Kafkas Geschichte, sind auch wir besorgt. Besorgt, dass Musik immer mehr ein ?Odradek? wird; ein undefinierbares und unverständliches Wesen, dessen Stimme künstlich klingt ? wie die Stimme eines Menschen ?ohne Lungen?; ein Wesen ohne Form, das auf beängstigende Weise all das kopiert was jemals lebendig war und von jenen, die über die notwendigen Instrumente der Macht und Kontrolle verfügen, in jede Form gepresst werden kann. Wir hoffen, dass das käfigähnliche Geländer, das den Mann in Kafkas Bildern umgibt, sich in ein Instrument verwandelt ? wir möchten unser Gefängnis in Freiheit verwandeln. Wir möchten dazu beitragen, dass Musik wieder ausschließlich als Kunstwerk wahrgenommen und die ursprüngliche Funktion musikalischer Interpretation wiederhergestellt wird ? die einzige, die eine mögliche Zukunft eröffnet: ein Feld der Forschung. Willkommen beim Projekt Odradek! Mehr Info... |
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