
Mendelssohn-Bartholdy: String Quartets No.1 & 2 - Minguet Quartett
Mendelssohn-Maßstab
Label/Verlag: cpo
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Wie die Beschäftigung mit der Musik unserer Zeit sich auf diejenige des 19. Jahrhunderts auswirkt, zeigt die dritte CD der Minguet-Reihe mit Mendelssohns Quartetten.
Seit nun 23 Jahren gibt es das Minguet-Quartett. Der Name stammt von einem spanischen Philosophen des 18. Jahrhunderts, der in seinen Schriften versucht hat, das breite Volk für die Schönen Künste zu interessieren. Das ist auch das erklärte Motto der Mitglieder des Quartetts, zumindest der drei, die von Anfang an dabei sind. Ob das wirklich gelingt, sei einmal dahingestellt, zumal das Repertoire, das die Musiker bisher eingespielt haben, nicht auf Anhieb Zugang bietet – man muss sich schon darum bemühen. Zum Repertoire gehört vor allem die weniger bekannte Musik des 19. Jahrhundert, wie die von Herzogenberg oder Reznicek, Musik des stilistischen Übergangs wie bei Zemlinsky und die noch weniger bekannte der Komponisten des 20. Jahrhunderts wie Rihm, Schoeck, Gurzi und andere. Da ist es schon fast überraschend, dass die Minguets sich auf eine Aufnahme sämtlicher Quartette von Mendelssohn konzentrieren. Die Konkurrenz auf diesem Gebiet ist schließlich deutlich größer als bei den Herausforderungen mit den Komponisten des 20. Jahrhunderts.
Strukturen
Trotzdem lohnt es sich, dem Quartett zuzuhören bei dem, was es zu Mendelssohn zu sagen hat. Diese dritte CD der Reihe wurde schon 2016 und 2018 eingespielt, mit der damaligen Bratschistin Aroa Sorin. Nach Gastspielen weiterer Bratscher scheint das Quartett inzwischen wieder ein neues (langjähriges?) Mitglied gefunden zu haben. Auf der vorliegenden Aufnahme aber sind alle vier langjährigen Partner extrem gut aufeinander eingespielt. Dabei entsteht der Eindruck, dass es gerade die Beschäftigung mit der Musik unserer Zeit ist, die sich auf die Interpretation der frühromantischen Quartette auswirkt. Als erstes fällt auf, dass die Musiker sich nicht zu sportlichem Wettbewerb in Sachen Tempo verleiten lassen. Alles läuft in mittlerer Geschwindigkeit. Und trotzdem hört man beinahe atemlos zu, denn man nimmt statt der ‚Schule der Geläufigkeit‘ Strukturen wahr. Die einzelnen Instrumente treten dann hervor, wenn sie etwas zu sagen haben, Gemeinsames oder Gegenläufiges zwischen zwei Stimmen ist deutlich zu hören, die Mittelstimmen bilden wo nötig einen satten Harmoniesound und die Erste Violine ist deutlich Teil des Ganzen und keineswegs Soloinstrument.
Strukturiert wird auch durch deutliche Betonungen – dann wenn sie in den Noten stehen, aber auch bei schnellen Läufen, die nicht einfach heruntergespielt, sondern in sich geformt werden, wie etwa die Läufe des zweiten Themas im ersten Satz des e-moll-Quartetts. Dieses Quartett beeindruckt besonders durch die zunächst verhaltene, sehr weiche, ja elegante Spielweise des ersten Themas, gegen die das Stakkato im Scherzo einen starken Kontrast bildet – ein typisch Mendelssohn’sches 'Sommernachtstraum'-Thema. Beeindruckend ist auch der vorsichtige Übergang in die Reprise in op. 44,1, bis schließlich der jubelnde Aufschwung des ersten Themas seine volle Wirkung entfaltet. Jeder Satz findet seine ganz eigene Charakteristik, wobei innerhalb der Sätze Temposchwankungen nie nötig sind, etwa wegen eines ruhigen Nebensatzes. Die Ausdrucksmöglichkeiten sind so vielfältig, dass innerhalb der großen Linie genügend Differenzierung mühelos ausgedrückt werden kann.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Mendelssohn-Bartholdy: String Quartets No.1 & 2: Minguet Quartett |
|||
Label: Anzahl Medien: |
cpo 1 |
Medium:
EAN: |
CD
761203508624 |
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Mendelssohn Bartholdy, Felix |
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cpo Wohl kaum ein zweites Label hat in letzter Zeit soviel internationale Aufmerksamkeit erregt wie cpo. Die Fachwelt rühmt einhellig eine überzeugende Repertoirekonzeption, die auf hohem künstlerischen Niveau verwirklicht wird und in den Booklets eine geradezu beispielhafte Dokumentation erfährt. Der Höhepunkt dieser allgemeinen Anerkennung war sicherlich die Verleihung des "Cannes Classical Award" für das beste Label (weltweit!) auf der MIDEM im Januar 1995 und gerade wurde cpo der niedersächsische Musikpreis 2003 in "Würdigung der schöpferischen Leistungen" zuerkannt.
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