
Weber: Complete works for piano and orchestra - Ronald Brautigam, Kölner Akademie, Michael Alexander Willens
Optimale Wiedergabe
Label/Verlag: BIS Records
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Michael Alexander Willens und seine Kölner Akademie zeigen, wie spannend Carl Maria von Webers Klavierkonzerte klingen können.
Carl Maria von Webers zwei Klavierkonzerte opp. 11 und 32 entstanden 1810 bzw. im Winter 1811/12, in einer Zeit, da er als reisender Klaviervirtuose seinen Lebensunterhalt verdiente. Beide Werke sind von durchaus noch klassischer Faktur (der Booklettext verweist auf Mozart und Beethoven als Modelle, doch wären die Vorbilder wohl anderswo zu suchen), doch mit einer Farbpalette, die bereits dem 19. Jahrhundert zugehörte.
Die im Konzert selten zu hörenden Werke erfahren hier eine wohl optimale Wiedergabe – konventionelle Orchesterkunst wird den Werken in den vorliegenden Einspielungen mit der Kölner Akademie unter Michael Alexander Willens gänzlich ausgetrieben, der wohl ersten Gesamteinspielung von Webers Werken für Klavier und Orchester auf historischen Instrumenten. Nicht nur bietet Ronald Brautigam auf dem McNulty-Nachbau eines Wiener Graf-Hammerflügels von ca. 1819 ein beeindruckendes Farbspektrum, vor allem erweist sich Webers Orchesterkunst hier – vor allem im ersten Konzert – als epochal (das zweite lässt zwar Webers Personalstil stärker durchklingen, ist aber insgesamt klangästhetisch weniger innovativ).
Etwas sensationsheischend wurde eine Vorstellung der SACD im Rundfunk ‚Geisterspuk am Hammerflügel‘ betitelt – doch gar nicht so unpassend, wenn auch der Geisterspuk eher im Orchester stattfindet. Gerade die nicht selten gedämpften Streicher bieten hier Klangfarben, die das Neue in Webers Orchestrierung betonen – hier klingt vieles ebenso ungewohnt wie in den besten Einspielungen von Orchestermusik Hector Berlioz‘. In Bezug auf die Harmonik ist Weber oft gar nicht so innovativ, doch die satztechnischen Besonderheiten, die wir auch etwa bei Marschner oder Ries finden können, führen in durchaus eigene Regionen und heben die Kompositionen aus jedem Durchschnitt hervor. Da Streicher, Bläser und Hammerflügel in vorzüglichster Weise harmonieren, kann von rundum exzellenten Referenzeinspielungen gesprochen werden, die durch die SACD-Aufnahmetechnik in vorbildlicher Weise das Ohr des Hörers erreichen.
Nachhaltig beeinflussend
Die bekannteste von Webers Konzertwerken für Klavier und Orchester, das umfangreiche Konzertstück f-Moll op. 79, entstand 1815-21 in Prag und Dresden; er hatte lange mit der Materie zu ringen, mit einem durchgehenden ‚poetischen Programm‘ im Hinterkopf, das posthum auch in die Öffentlichkeit gelangte. Mit dieser neuartigen einsätzigen Form beeinflusste Weber nicht nur Franz Liszt und Robert Schumann nachhaltig, sie wurde eine wichtige Folie, von der ausgehend große und kleine Meister nicht nur Konzertwerke für das Klavier schufen. Die Uraufführung fand am Morgen jenes Tages statt, dessen Abend die Uraufführung des 'Freischütz' sah. Intonatorisch erweist sich auf historischen Instrumenten das Werk immer wieder als ausgesprochen vertrackt, doch die Interpreten enttäuschen nicht, und in der Folge entfaltet sich eine veritable Symphonische Dichtung mit obligatem Klavier – weit entfernt von konventionellen Klavierkonzerten mancher Zeitgenossen. Leider hält der Booklettext nicht ganz das Niveau der Tonaufnahme – doch beeinträchtigt dies natürlich nicht die Bedeutung der Einspielung an sich.
Dieser Beitrag hat Ihnen gefallen? Empfehlen Sie ihn weiter!
Ihre Meinung? Kommentieren Sie diesen Artikel
Jetzt einloggen, um zu kommentieren.
Sind Sie bei klassik.com noch nicht als Nutzer angemeldet, können Sie sich hier registrieren.
Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
![]() Cover vergrößern |
Weber: Complete works for piano and orchestra: Ronald Brautigam, Kölner Akademie, Michael Alexander Willens |
|||
Label: Anzahl Medien: |
BIS Records 1 |
Medium:
EAN: |
CD SACD
7318599923840 |
![]() Cover vergössern |
Weber, Carl Maria von |
![]() Cover vergössern |
BIS Records Most record labels begin with a need to fill a niche. When Robert von Bahr founded BIS in 1973, he seems to have found any number of musical niches to fill. The first year's releases included music from the renaissance, Telemann on period instruments, Birgit Nilsson singing Sibelius and works by 29 living composers - Ligeti and Britten as well as Rautavaara and Sallinen - next to Purcell, Mussorgsky and Richard Strauss. A musical chameleon was born, a label that meant different things to different - and usually passionate - devotees. Mehr Info... |
![]() Cover vergössern |
Jetzt kaufen bei... |
Von Dr. Jürgen Schaarwächter zu dieser Rezension empfohlene Kritiken:
-
Zwischen den Stühlen: Weiter...
(Annette Lamberty, 16.05.2004)
Weitere Besprechungen zum Label/Verlag BIS Records:
-
Shakespeare!: 'Sounds and Sweet Airs' heißt eine neue Platte, deren Inhalt durch den Untertitel 'A Shakespeare Songbook' konkretisiert wird. Weiter...
(Dr. Jan Kampmeier, )
-
Meister im kleinen Format: Masaaki Suzuki setzt seine systematischen Bach-Erkundungen im Reich des Chorals fort, mit einem ersten Teil des Orgel-Büchleins. Es ist eine mustergültige Präsentation auf einem der Musik ebenbürtigen Instrument. Weiter...
(Dr. Matthias Lange, )
-
Epitaph: Erinnerung an Kaija Saariaho: Avancierte Chormusik, die subtil und ohne grelle Effekte das Reich ambitionierter Techniken auslotet. Der Helsinki Chamber Choir wird den Werken mit der Wirkung des Selbstverständlichen, Natürlichen gerecht. Weiter...
(Dr. Matthias Lange, )
Weitere CD-Besprechungen von Dr. Jürgen Schaarwächter:
-
Feine Nuancen: Wolfgang Rihms Kammermusik mit Violoncello. Weiter...
(Dr. Jürgen Schaarwächter, )
-
Blutarm: Ein großes Bühnenwerk Carl Heinrich Grauns leider nur in 'musikalischer Gesamteinspielung'. Weiter...
(Dr. Jürgen Schaarwächter, )
-
Expressiver Abschied: Das Emerson String Quartet löst sich in höchster interpretatorischer Qualität auf. Weiter...
(Dr. Jürgen Schaarwächter, )
Weitere Kritiken interessanter Labels:
-
Shakespeare!: 'Sounds and Sweet Airs' heißt eine neue Platte, deren Inhalt durch den Untertitel 'A Shakespeare Songbook' konkretisiert wird. Weiter...
(Dr. Jan Kampmeier, )
-
Feine Nuancen: Wolfgang Rihms Kammermusik mit Violoncello. Weiter...
(Dr. Jürgen Schaarwächter, )
-
Pianistische Größe und Grenzen: Behzod Abduraimov überzeugt mit kanonischem Repertoire von Debussy, Chopin und Mussorgsky. Weiter...
(Dr. Kai Marius Schabram, )
Portrait

"Casals kämpfte für den Frieden."
Roger Morelló über seine neue CD, die dem katalanischen Cellisten Pau Casals gewidmet ist.
Sponsored Links
- klassik.com Radio
- Urlaub im Schwarzwald
- Neue Musikzeitung
- StageKit - Websites für Musiker, Veranstalter und Konzertagenturen
Hinweis:
Mit Namen oder Initialen gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung des Verfassers,
nicht aber unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.
Die Bewertung der klassik.com-Autoren:
Überragend
Sehr gut
Gut
Durchschnittlich
Unterdurchschnittlich