
Around Mozart - Quartetto Bernardini
Ungewohnte Nische
Label/Verlag: Arcana
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Mozarts Oboenquartett in historisch informierten Kontexten – überzeugend.
‚Eine Reise durch das goldene Zeitalter des Obenquartetts‘ ist diese CD untertitelt – und auch wenn es sich sicherlich um interessantes Repertoire handelt, würde der Rezensent ein goldenes Zeitalter dieser eher in der Nische zu findenden Gattung anderswo verorten (eher im 20. Jahrhundert). Natürlich tut das den sechs hier vorgestellten Werken von sechs Komponisten keinen Abbruch, die mit hoher Expertise und voller Liebe und Engagement dargeboten werden.
Die Werkkonzepte der Werke sind ganz unterschiedlicher Art – von einem vierstimmigen Kanon ‚del Sig. Kirnberger‘ a-Moll des Böhmen Georg Druschetzki (Jiří Družecký) von ca. 1802 über eine ‚Romance favorite‘ 'Les plus jolis mots à deux époques de la vie' (ca. 1806), de facto einem umfangreichen Variationenwerk von dem gleichfalls aus Böhmen stammenden Charles (Karel) Bochsa, der sich aber in Paris niedergelassen hatte, über zweisätzige Quartette von Johann Christian Bach (B-Dur WB 60, ca. 1770) und Alessandro Rolla (Piccolo Quartetto C-Dur Bl425, 1814) zu Mozarts dreisätzigem Quartett F-Dur KV 370 (1781) und dem großen F-Dur-Quartett op. 327 von Friedrich Dotzauer (1818).
Aus einem Guss
Dem Quartetto Bernardi mit dem Oboisten Alfredo Bernardi und den Streichern Cecilia Bernardini, Simone Jandi und Marcus van den Munckhof fällt der Zugang zu allen Werken gleichermaßen leicht – das Zusammenspiel ist aus einem Guss, die Balance (auch aufnahmetechnisch) vorzüglich ausgelotet, das vibratoarme Spiel der Streicher in harmonischem Gleichklang zu den verschiedenen verwendeten historischen Oboen. Gleich zu Beginn erweist sich das Werk von Johann Christian Bach als echte Entdeckung, doch auch die Werke von Rolla, Druschetzki und Bochsa werden mit großer Eigencharakteristik dargeboten – der Kanon von Druschetzki schlägt gar den Bogen zurück ins musikalische Barock.
Das Quartett von Dotzauer ist sozusagen die (früh)romantische Fortführung des Oboenquartetts aus dem späten 18. Jahrhundert und ist nicht weniger substanziell und spannend als die Werke von Bach und Mozart. Etwas ungewohnt ist die Verzierung des Oboisten zu Beginn des langsamen Satzes des Mozart-Quartetts, doch auf jeden Fall absichtsvoll und insgesamt von großer Überzeugungskraft. Wenn gerade Mozarts Komposition im Licht der anderen bisher vorliegenden Einspielungen hier denn doch nicht so hell strahlt wie die anderen Werke auf CD, liegt dies an der großen Konkurrenz des Marktes – wenn auch die Zahl der Einspielungen (etwa im Vergleich zum Klarinettenquintett) nahezu verschwindend ist. Vor allem aber ist diese Veröffentlichung, in hochkarätiger Interpretation, bedeutsam wegen der Erkundung einer Tradition, die heute fast völlig vergessen ist.
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Around Mozart: Quartetto Bernardini |
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Label: Anzahl Medien: |
Arcana 1 |
Medium:
EAN: |
CD
3760195734827 |
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Bach, Johann Christian |
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