
Arnold Schönberg: Gurre-Lieder - Staatskapelle Dresden, Christian Thielemann
Bildgewaltige Erzählung
Label/Verlag: Profil - Edition Günter Hänssler
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Schönbergs episches Oratorium ist in den Händen von Christian Thielemann und der Staatskapelle Dresden gut aufgehoben.
In einer Konzertaufzeichnung vom 10. März 2020 sind auf der vorliegenden Doppel-CD Arnold Schönbergs 'Gurre-Lieder' bei der Edition Günter Hänssler in Co-Produktion mit dem MDR erschienen. Christian Thielemann hat die musikalische Leitung. Schon im Orchestervorspiel präsentiert die Sächsische Staatskapelle Dresden ein fein gesponnenes, flötendurchsetztes Klangnetz. Stephen Gould führt sich mit voluminösem Tenor-Timbre und hoher, Wagner-erprobter Textverständlichkeit als Waldemar in 'Nun dämpft die Dämm‘rung jeden Ton' ein.
Dynamische Grenzbereiche
Camilla Nylund überzeugt als Tove in 'Oh, wenn des Mondes Strahlen milde gleiten' mit schlanker, natürlicher Phrasierung, ebenso in 'Nun sag ich dir zum ersten Mal', wo auch Thielemann und die Staatskapelle ihre Fähigkeit ausspielen, dynamische Grenzbereiche subtil auszuloten und wo exemplarisch das Violinsolo die Qualität der einzelnen Orchestermusiker ausweist. In 'Es ist Mitternachtszeit' wirkt allerdings Goulds Tenorstimme stellenweise etwas gepresst, davon abgesehen entwickelt sich ein eindringlicher Dialog zwischen Waldemar und Tove – ebenfalls mit ein Verdienst der Staatskapelle, die (verstärkt durch Mitglieder des Gustav Mahler Jugendorchesters) im Orchesterzwischenspiel mit präziser Stimmführung und vitalen dynamischen Gesten glänzt. Auch die ‚kleinen‘ Rollen wie die sowohl lyrisch als auch dramatisch ausdrucksvoll gefärbte Stimme der Waldtaube (Christa Mayer) und des Klaus-Narr (Wolfgang Ablinger-Sperrhacke) sind prominent und hochkarätig besetzt. Mit raumgreifendem, stimmlich transparentem Volumen unterstreichen der Sächsische Staatsopernchor und der MDR Rundfunkchor ihre Klasse, mit charismatischer Sprachgestik füllt Franz Grundheber die Rolle des Sprechers im Melodram aus.
Imposanter Klang-Sog
Der knapp gehaltene zweite Teil leidet wiederum unter zu angestrengt wirkender Phrasierung, teils überzeichneter Artikulation Stephen Gould. Er überspannt den dramaturgisch-deklamatorischen Bogen hier ebenso wie zu Beginn des dritten Teils und in dessen Abschnitt 'Mit Toves Stimme flüstert der Wald'. Wuchtige Dynamik birgt das Klappern des Sarges in der zweiten Episode (mit Markus Marquardt als Bauer). Das tragende symphonische Element wird in all seinen programmatischen Facetten der Partitur von Thielemann immer wieder gekonnt herausgearbeitet, bleibt aber gleichzeitig in der klanglichen Balance zu den Chorsätzen (etwa in 'Gegrüßt, o König am Gurre-Seestrand') und den Solisten. Filigrane Holzbläser zeichnen sich noch einmal im Orchestervorspiel des dritten Teils aus, ein fulminantes chorales Tutti liefert in 'Sehet die Sonne' einen strahlenden Abschluss mit scharf umrissenem Blech und reißt den Hörer in einem imposanten Klangsog mit. Alles in allem gelingt den Ausführenden eine bildgewaltige Erzählung.
Gleich zwei hochwertige, reich bebilderte und in Zusammenarbeit mit dem Arnold Schönberg Center Wien konzipierte Booklets (selbstredend inklusive sämtlicher Texte) bieten jede Menge kompetente Hintergrundinformationen zu Entstehungs- und Rezeptionsgeschichte.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Arnold Schönberg: Gurre-Lieder: Staatskapelle Dresden, Christian Thielemann |
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Label: Anzahl Medien: |
Profil - Edition Günter Hänssler 2 |
Medium:
EAN: |
CD
881488200522 |
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Schönberg, Arnold |
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Profil - Edition Günter Hänssler Profil - The fine art of classical music
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