
Dame Ethel Smyth: The Prison - Experiental Orchestra and Chorus, James Blachly
Schlüsselwerk
Label/Verlag: Chandos
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Eine längst überfällige Einspielung von Ethel Smyths Opus magnum.
Als ‚Symphony‘ hat Ethel Smyth ihr großes chorsymphonisches Werk 'The Prison' (1930) bezeichnet, doch leitete sie diesen Begriff aus der griechischen Urbedeutung für ‚symfonia‘ ab, und von symphonischem Gestus kann man am ehesten wegen der starken Einheit der einzelnen Abschnitte insgesamt sprechen. Die Nähe zu Elgars 'The Dream of Gerontius' (1899/1900) bezüglich Sujet und Form ist offenkundig, und die Diskussion gewisser problematischer stilistischer Inkonsistenzen ist nicht selten über eine Erkundung der Musik gestellt worden.
Seit fast dreißig Jahren hat der Verfasser dieser Zeilen auf eine Einspielung des Werkes gewartet, das zu den letzten der Komponistin zählt, da diese bereits den größten Teil ihres Gehörs verloren hatte. In der Tat kann man eine Stildiversität hören, die gelegentlich als Summation ihres kompositorischen Schaffens gedeutet worden ist, die aber in den Ohren des Rezensenten auch eine Art unsicheren Bruch in einer Zeit grundsätzlichen musikalischen Wandels manifestiert. Das Werk besteht essenziell aus dem Dialog des Sterbenden mit seiner Seele, kommentiert durch den Chor, und gerade die ‚zeitversetzte‘ Unwirklichkeit mancher Passage verstärkt den transzendenten Aspekt der Musik, die stark von Smyths zumeist reichen harmonischen Modulationen lebt; doch gibt es auch Momente von Konventionalität, die man in mancher Komposition Smyths antreffen kann und die eines kongenialen Interpreten bedürfen, um den ihnen angemessenen Platz eher im Hinter- denn im Vordergrund der Musik zu finden.
Dramatischer Affekt
Leider gelingt es dem Amerikaner James Blachly, seinen Solisten und dem in New York ansässigen Experiential Chorus und Orchestra nicht ganz, diesen Anspruch zu realisieren. Das mag weniger an den Interpreten liegen als vielmehr an der grundsätzlichen Schwierigkeit der Realisierung, die man gleichermaßen gelegentlich bei Ethel Smyth beobachten kann und die beispielsweise manche Interpretation ihrer Ouvertüre zur Oper 'The Wreckers' (einer ihrer beliebtesten Kompositionen überhaupt) hat in der Essenz scheitern lassen. Der Bassbariton Dashon Burton und die Sopranistin Sarah Brailey verleihen ihren Partien Intensität und Frische – ein wenig Luft zu den Besten der Zunft bleibt aber noch, vor allem Burton mangelt es an Klangfarben, Brailey gelegentlich an Intonationssicherheit. Die Chordamen bieten etwas mehr klangliche Raffinesse auf als die Herren, doch der dramatische Affekt des Chorganzen beeindruckt insgesamt rundum.
Insgesamt gelingt Blachly eine einsichtsvolle, eindrucksvolle Interpretation in herausragender SACD-Klangqualität. Dass es als Armutszeugnis für das britische Musikleben bezeichnet werden muss, dass diese Ersteinspielung von Smyths Werk eben nicht durch die BBC und auch nicht in Großbritannien initiiert wurde und man auch so lange auf sie zu warten hatte, darf hier aber nicht unterschlagen werden. Zeigt sich hier musikalische Ignoranz, das Eingeständnis von Unverständnis vonseiten vieler oder schlicht offenkundige Diskriminierung? Ein musikalisch nicht undankbares, aber auch ein schwierig zu realisierendes Werk?
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Dame Ethel Smyth: The Prison: Experiental Orchestra and Chorus, James Blachly |
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Label: Anzahl Medien: |
Chandos 1 |
Medium:
EAN: |
CD SACD
095115527924 |
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Smyth, Ethel |
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Chandos Chandos Records was founded in 1979 by Brian Couzens and quickly established itself as one of the world's leading classical labels. Prior to forming the label, Brian Couzens, along with his son Ralph, worked for 8 years running a mobile recording unit recording for major labels (including RCA, Polydor, CFP, etc.) with many of the world's leading artists.
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