
Landmarks - Calmus Ensemble
Stecknadeln auf der Weltkarte
Label/Verlag: Carus
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Eine entspannte Calmus-Platte zum unverkrampften Kennenlernen für alle, die dieses großartige Ensemble bislang noch nicht erlebt haben sollten. Und für Kenner der Formation eine weitere Stunde Musik auf höchstem Niveau. Ein Genuss.
‚Stecknadeln auf der Weltkarte‘ hat das Leipziger Calmus Ensemble mit seiner neuen Platte 'Landmarks' nach eigener Auskunft gesetzt: Ein Reigen von Musik verschiedener Kontinente, die engen Grenzen von U- oder E-Musik souverän negierend, einzig auf Qualität von Originalkomposition oder Arrangement achtend. Nicht systematisch ist der Ansatz also, sondern souverän entspannt – ein Blick auf musikalische Schlaglichter der letzten 100 Jahre. Neben Leonhard Cohen steht Francis Poulenc, neben Veljo Tormis steht Georg Kreisler, neben Jaako Mäntyjärvi steht Sting. Sehr verschiedene Sphären also, wenn ein Klangwundersatz Cohens 'Everybody knows' direkt auf drei der 'Sept Chansons' von Poulenc trifft. Überhaupt sind es die Wechsel in Charakter und Faktur der Sätze, die das Geschehen auf der Platte in Gang halten: Es sind zyklische Schönheiten zu hören, satztechnische Schmankerl, es gibt düsteren Humor dank Kreisler, lyrischen Edelton mit Substanz beim Amerikaner Paul Moravec und dessen 'Sacred Love Songs', dazu rhythmisch Explosives mit Temperament bei Aylton Escobar und kongenial madrigalisch Nachempfundenes von Mäntyjärvi, vor Sting mit dem finalen 'Moon over Bourbon Street' ganz am Ende der Programmfolge. Die bekannten und die weniger vertrauten künstlerischen Stimmen harmonieren erstaunlich gut. Und am Ende gilt: Kunst ist spätestens dann verlässlich erreicht, wenn so ein famoses Vokalensemble die Stücke singt.
Perfekte Präsentation
Und das tut das Calmus Ensemble herausragend: Versiert, in vielfältigem Repertoire erfahren, erlaubt sich die Formation nach etlichen programmatisch stringent gebauten und reflektierten Programmen den Charme der Leichtigkeit, die Freiheit einer relaxten Platte. Diese Geste wird perfekt mit Leben erfüllt, schmelzend und lässig, aber auch sprachmächtig und rhythmisch hochpräzis. All diese Qualitäten werden gleichsam nonchalant eingebracht, und sie tragen auch dort souverän, wo es im Hintergrund ernsthaft wird – bei zwei Beiträgen des jüdischen Polen Mordechaj Gebirtig, dessen lebenskluge Stücke berühren und deren Wahrnehmung von der Tatsache mitbestimmt wird, dass Gebirtig ein Opfer des brutalen Antisemitismus der deutschen Besatzer wurde, als er 1942 im Krakauer Ghetto auf offener Straße erschossen wurde.
Das Calmus Ensemble hat im Alt-Register einen Wechsel vollzogen: Dem Gründungsmitglied Sebastian Krause ist Stefan Kahle nachgefolgt, der seine relativ scharf konturierte Stimme mit Gewinn einbringt und gerade solistisch angenehm präsent ist. Der zuvor dazugestoßene Bass Manuel Helmeke scheint seine profunde Basis noch ausgebaut zu haben.
Höchstklassiger Gesang
Mit Blick auf Tempi und dynamisches Repertoire steht dem Ensemble schlicht alles zur Verfügung, was für höchstklassigen Gesang benötigt wird; auch intonatorisch gerät das Bild bei aller zur Schau gestellten Lässigkeit perfekt. Dem entspricht auch das Klangbild, das einen runden, erwärmten Studioklang realisiert, der alle Stimmen komplett abbildet. Noch ein Aspekt ist wichtig: Die Platte ist ein Plädoyer für das Arrangement als Kunstform. Der Bariton des Ensembles, Ludwig Böhme – er ist das letzte verbliebene Gründungsmitglied und zugleich derjenige, der den lässigen Ton etwa bei Sting solistisch perfekt trifft –, ist zugleich ein begnadeter Arrangeur. Das beweist er hier mit seinen Kreisler- oder Cohen-Adaptionen wie schon zuvor gelegentlich. Inspiriert von relevantem Material, vernetzt ein gelungenes Arrangement Originalsubstanz und die Möglichkeiten der Interpreten perfekt, was ein waches Gespür für beide Sphären verlangt. Hier wird das, von vielen Händen realisiert, reichlich erfahrbar.
Eine entspannte Calmus-Platte – zum unverkrampften Kennenlernen für alle, die dieses großartige Ensemble bislang noch nicht erlebt haben sollten. Und für Kenner der Formation eine weitere Stunde Musik auf höchstem Niveau. Ein Genuss.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Landmarks: Calmus Ensemble |
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Label: Anzahl Medien: |
Carus 1 |
Medium:
EAN: |
CD
4009350834989 |
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Gebirtig, Mordechai |
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Carus Der Name Carus steht weltweit als ein Synonym für höchsten Anspruch und Qualität auf dem Gebiet geistlicher Chormusik. Dies betrifft nicht nur unsere zuverlässigen Noteneditionen vieler zu Unrecht in Vergessenheit geratener Werke. Es ist uns ein besonderes Anliegen, gerade diese Werke - oft als Weltersteinspielungen - auch in exemplarischen Interpretationen durch hochrangige Interpreten und Ensembles auf CD vorzulegen. Der weltweite Erfolg unseres Labels führte zur Erweiterung unseres Katalogs: Neben der Chormusik, die weiterhin den Schwerpunkt des Labels bildet, haben gerade in den letzten Jahren einige Aufnahmen barocker Instrumentalwerke internationale Beachtung gefunden. Unsere Zusammenarbeit mit erstklassigen Interpreten führte zu einer hohen Klangkultur, die mit der Verleihung vieler internationaler Preise honoriert wurde (Diapason d'Or, Preis der Deutschen Schallplattenkritik, Gramophone - Editor's choice). Mehr Info... |
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