
Niccolo Jommelli: Requiem & Miserere - Il Gardellino, Peter van Heyghen
Teamarbeit
Label/Verlag: Passacaille
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Die Gesamtleistung der Musiker von Il gardellino überzeugt in zwei großen geistlichen Chorwerken von Niccolò Jommelli ebenso wie ihre Einzelleistungen.
Die Kirchenmusik von Niccolò Jommelli ist viel zu wenig bekannt, obschon sie hörbar das Schaffen Haydns oder Mozarts beeinflusst hat. Die Missa pro Defunctis Es-Dur HocJ A1.3 mit dem ergänzenden Responsorium Libera me c-Moll HocJ E.2 entstand 1756 für den Trauergottesdienst für Maria Augusta von Thurn und Taxis, die Herzoginmutter von Württemberg, in der Ludwigsburger Hofkapelle. Jommelli war 1753 Musikdirector und Ober-Kapellmeister am Hofe des Herzogs geworden. Es mag überraschen, dass das Requiem nach Jommellis Tod binnen kurzer Zeit hohe Bekanntheit erlangt – fast hundert Abschriften oder Drucke des Werks haben sich in deutschen und internationalen Bibliotheken erhalten. Die Komposition ist ausgesprochen farbenreich und stimmungsvoll – eine echte Rokokokomposition, die dem Bedarf nach ‚Decorum‘ ebenso gerecht wird wie intensiver sakraler Auseinandersetzung. Spannende harmonische Elemente lassen die Musik auch heute noch höchst ansprechend wirken.
War das Requiem (das u. a. 2013 unter Reinhard Goebel auch in der Ludwigsburger Friedenskirche zur Wiederaufführung gelangte) in den ersten 60 Jahren nach Jommellis Tod äußerst bekannt, ist es heute durch ‚das‘ Miserere (Psalm 50) bekannt: Das ist ausgesprochen irreführend, da sich insgesamt sechs Miserere-Vertonungen erhalten haben. Das Miserere g-Moll HocJ C1.23 ist nicht klar datiert, entstand nach unterschiedlichen Quellen 1759 oder 1765; jedenfalls wird es der württembergischen Zeit Jommellis zugeordnet. Problematisch an der Komposition ist, dass nur jeder zweite Vers vertont wurde, die anderen psalmodierend intoniert wurden. So war eigene Forschung in Bezug auf die Aufführung des sogenannten Gregorianischen Chorals im 18. Jahrhundert (vor allem die Frage der Rhythmisierung) erforderlich.
Ein harmonisches Ganzes
Während das Requiem unmittelbar aus einem Guss erscheint, standen die acht Sänger und 14 Instrumentalmusiker unter Peter Van Heyghens Leitung beim Miserere vor der Aufgabe, aus einstimmigem Choralgesang und den Chorsätzen ein harmonisches Ganzes zu erschaffen. Hier wie dort überzeugt Il gardellino rundum – der Gesang überzeugt im Solistischen wie im Choralgesang und im chorischen Tutti rundum, die ‚Concertino‘- vs. Tutti-Passagen werden klar voneinander abgesetzt und harmonieren gleichzeitig vorzüglich. Jeder Sängerin, jedem Sänger werden hinreichend auch solistische Aufgaben zuteil, so dass von Teamarbeit im vorbildlichsten Sinne gesprochen werden kann – niemand drängt sich vor, die Musik steht in vorzüglichen Interpretationen eindeutig im Zentrum des Interesses.
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Niccolo Jommelli: Requiem & Miserere: Il Gardellino, Peter van Heyghen |
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Label: Anzahl Medien: |
Passacaille 1 |
Medium:
EAN: |
CD
5425004840769 |
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Jommelli, Niccolò |
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Passacaille Das belgische Label PASSACAILLE wurde 1995 gegründet und sollte von Anfang an eine Plattform für hochrangige belgische Künstler der historischen Aufführungspraxis sein. Das Barockorchester il Fondamento mit seinem Leiter Paul Dombrecht und der Hammerklavierspezialist Jan Vermeulen gehörten zu den ersten, die für das Label aufnahmen. Später erweiterte sich der Künstlerkreis um weitere prominente Namen wie Wieland Kuijken oder das Ensemble Octophorus. Bald erhielten die Aufnahme internationale Preise, was als zusätzlicher Anreiz gesehen wurde, sich im künstlerischen Bereich auch internationalen Künstlern und Ensembles zu öffnen. Ab 2000 begann die Zusammenarbeit mit Künstlern aus verschiedenen europäischen und transatlantischen Ländern. 2006 übernahm der belgische Traversflötist und Musikwissenschaftler Jan de Winne das Label und erweiterte den Künstlerkreis des Labels erneut um international renommierte Künstler wie zum Beispiel Graham O'Reillys Ensemble Européen William Byrd und Lorenzo Ghielmis Ensemble La Divina armonia, das hier erst kürzlich eine fulminante Aufnahme von Händels Orgelkonzerte Op.4 vorgelegt hat. Als weitere Neuzugänge seien noch der brasilianische Cembalist Nicolau de Figueiredo, der Cellist Sergei Istomin und der Fortepianist Alexei Lubimov zu nennen. Im Rahmen der Neuorganisation des Labels möchte Jan de Winne den bewährten ursprünglichen Schwerpunkt Alter Musik in historischer Aufführungspraxis beibehalten, aber auch nach und nach Musik späterer Epochen in das Programm integrieren. Mehr Info... |
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