> > > Werke von Schubert, Ravel, Beethoven: JeungBeum Sohn, Klavier
Freitag, 31. März 2023

Werke von Schubert, Ravel, Beethoven - JeungBeum Sohn, Klavier

Zu früh für den Gipfelsturm


Label/Verlag: Genuin
Detailinformationen zum besprochenen Titel


JeungBeum Sohn beweist sein Talent, ist dem späten Beethoven aber noch nicht gewachsen.

Nicht der erste Gewinner aus Südkorea ist JeungBeum Sohn beim International German Piano Award, namhafte Landsleute wie Yekwon Sunwoo und Hans H. Suh sind bereits vor ihm aus diesem Wettbewerb als Sieger hervorgegangen (klassik.com berichtete). Die Aufnahme einer CD ist unter anderem Bestandteil des ersten Preises. Herausfordernde und schwergewichtige Werke hat Sohn sich für dieses, im November 2019 mitgeschnittene Konzert aus dem Eurogress Aachen ausgesucht. Am Beginn steht Schuberts a-Moll-Sonate D 784. In den anfänglichen Unisono-Bewegungen könnte noch etwas mehr Binnenspannung liegen, die sich anschließenden dicht gedrängten Akkordfolgen sind aber gehaltvoll statisch aufgeladen und von zwingender vollgriffiger Fülle. Kraftvollen Impetus besitzen die tremolierenden Oktav-Figuren.

Wirkungsvolle Impulse

Das folgende Seitenthema besitzt nicht ganz die kantable Wärme, die etwa Alfred Brendel ihm verliehen hat, dasselbe gilt für die Echo-artige Variante zum Ende des Satzes. Ähnlich verhält es sich im Mitteilteil, der bei Sohn gleichwohl eine gewisse federnde Eleganz besitzt. Dem Eingangsmotiv des Mittelsatzes fehlt ein wenig das lyrische Profil, im mittleren Abschnitt formt Sohn immerhin stabile, tragfähige melodische Bögen, dynamische Steigerungen stellt er überzeugend dar. Das 'Allegro vivace' weist zwar signifikante Kraftausbrüche auf, die konsekutiv polyphon ineinandergreifenden Achtel des Hauptthemas haben aber längst nicht die klanglich abgestuften, musikalisch intensiven Schattierungen wie etwa in der (zugegeben schwer erreichbaren) Einspielung von Grigory Sokolov. In der Durchführung setzt Sohn zwar nochmals wirkungsvolle Akkord-Impulse, von den Interpretationen führender Schubert-Exegeten ist er  aber (noch?) ein ganzes Stück entfernt.

Direkte Ansprache

Es folgt Ravels nicht nur in thematischer Hinsicht ‚dämonisch‘ angehauchtes, sondern vor allem auch teuflisch schwer zu spielendes, dreiteiliges 'Gaspard de la nuit'. Im einleitenden 'Ondine' findet die programmatische Atmosphäre nicht die impressionistische, farblich leuchtende Schwerelosigkeit wie etwa einst bei Arturo Benedetti Michelangeli oder derzeit bei Marc-André Hamelin. Mehr Ausdrucksstärke besitzt das mittlere Stück ('Le gibet'), in dem Sohn eine eindringlich direkte Ansprache gelingt. Das ist auch der Fall zu Beginn des 'Scarbo', hier haben aber – speziell im darauffolgenden raschen Abschnitt – auch andere schon Maßstäbe gesetzt, an die er nicht herankommt. Eine meisterhafte, bis heute kaum erreichte Darstellung dieses skurrilen, pianistisch ganz besonders fordernden Stimmungsgemäldes ist beispielsweise dem jungen Ivo Pogorelich gelungen, mit dieser kann Sohn technisch wie klanglich nicht mithalten.

Abschließend widmet er sich Beethovens Opus 111. Schon die Introduktion hat nicht das tiefgreifende pathetische Gewicht, mit dem sie ein Emil Gilels oder wiederum Alfred Brendel zu versehen wussten. Wo Beethovens polyphone Themenarbeit beginnt, wirken Sohns Spiel und die musikalische Linienführung mitunter fast schon träge und hölzern. Auch der 'Arietta' in ihren vielgestaltigen Variationen fehlt etwas der Tiefgang, auch wenn ihm hier stellenweise starke kantable Momente gelingen. Die Diskant-Sphären lassen das silbrig leuchtende, ätherische Schweben vermissen. Keine Frage: JeungBeum Sohn besitzt viel Talent. Der Ansturm auf den Gipfel von Beethovens Sonatenschaffen kommt aber hörbar zu früh für ihn.

Interpretation:
Klangqualität:
Repertoirewert: 
Booklet:




Thomas  Gehrig Kritik von Thomas Gehrig,


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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:



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    Werke von Schubert, Ravel, Beethoven: JeungBeum Sohn, Klavier

Label:
Anzahl Medien:
Genuin
1
Medium:
EAN:

CD
426003625688


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Beethoven, Ludwig van
Ravel, Maurice
Schubert, Franz


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Genuin

Im Jahr 2002 standen die jungen Tonmeister von GENUIN vor einer wichtigen Entscheidung: Sollte man sich weiterhin lediglich auf das Aufnehmen und Produzieren konzentrieren, oder auf die zahlreichen Nachfragen und positiven Rückmeldungen von Musikern und Fachzeitschriften eingehen und ein eigenes Label ins Leben rufen? In einer Zeit, in der praktisch alle großen Klassik-Label ihre Produktion eingestellt oder zumindest stark gedrosselt hatten, fiel die Entscheidung nicht leicht – aber sie fiel einstimmig aus: zugunsten einer offiziellen Vertriebsplattform für die GENUIN-Aufnahmen. Und der Erfolg hat nicht lange auf sich warten lassen.

Das Label GENUIN hat sich in seinem zwölfjährigen Bestehen zu einem Geheimtipp unter Musikern und Musikliebhabern entwickelt. Schon vor dem Leipzig-Debüt im Oktober 2004, einem Antrittskonzert im Robert-Schumann-Haus mit Paul Badura-Skoda, wurden die CDs in den deutschlandweiten Vertrieb gebracht und von Fachpresse und Musikerwelt hochgelobt. Inzwischen werden GENUIN-CDs in den meisten Ländern Europas sowie in Japan, Süd-Korea, Hongkong und den USA vertrieben.

Das Erfolgsrezept von GENUIN: Die gesamte Produktion, also die Beratung der Künstler bei Aufnahmeraum und Repertoire, die Vorbereitung und Durchführung der Aufnahme selbst, der Schnitt mit allen notwendigen Korrekturen, generelle Entscheidungen beim Cover- und Bookletentwurf bis hin zur fertigen Veröffentlichung liegen in der Hand der Tonmeister. Nur so haben die Musiker den größtmöglichen Entfaltungsspielraum bei der Einspielung und Gestaltung ihrer CDs. Und gleichzeitig kann bis zuletzt eine gleichbleibend hohe Qualität garantiert werden.

GENUIN bietet auch abseits ausgetretener Pfade etablierten Künstlern genauso wie der Nachwuchsgeneration die Möglichkeit, Musik nach eigenen Vorstellungen zu verwirklichen. Das macht sich positiv bemerkbar für die Hörer der mittlerweile mehr als 300 GENUIN-CDs mit Interpreten wie Paul Badura-Skoda, Nicolas Altstaedt oder der Dresdner Philharmonie.


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