
Bach, Johann Sebastian: Harpsichord Concertos - Francesco Corti, Il pomo d'oro
Rhythmisches Einerlei
Label/Verlag: Pentatone Classics
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Francesco Corti und Il pomo d'oro widmen sich Bachs Cembalo-Konzerten.
Pentatone serviert vier Bach’sche Cembalokonzerte: d-Moll BWV 1052, E-Dur BWV 1053, g-Moll BWV 1058, A-Dur BWV 1055. Francesco Corti zupft das Cembalo, Il pomo d'oro sekundiert. Man schlägt klischeehaft klare Tempi: Schnelles schnell, Langsames langsam. Das ist legal und tautologisch. Schwer wiegt ein anderer Mangel: Das Taktmaß wird mit starrer Geradlinigkeit ausgeführt – kein Schweben, kein Schwanken, kein Kadenzieren über die Taktgrenzen hinweg. Tänzerische Leichtigkeit will sich nicht einstellen. Rubato scheint verpönt. Introvertierte Charaktere wie der Siciliano (BWV 1053) und das Larghetto (BWV 1055) werden verfehlt. Rhythmisches Einerlei enerviert – egal, in welchen Tempi.
Kinder ihrer Zeit
Die Kehrseite rhythmischer Starre: An Höhe- und Schlusspunkten wird der Bogen überspannt – dicke Doppelpunkte, ostentatives Zögern. Als wolle man prüfen, wie lang Fermaten gedehnt werden können – so lange nicht. Diesem Musizieren fehlt die Mitte – meist ist es überakkurat, mal allzu lax. Die rhythmische Belebung aus dem Inneren fehlt. Kein Vorwurf an die talentierten jungen Musiker. Sie sind Kinder ihrer Zeit. So musiziert man heutzutage – technisch tadellos, im Geist der Metronome. Besonders schmerzlich: Es fehlt an Plastizität der Phrasierung. Flacher geht’s nicht. Klangrede nirgends – das mag man verschmerzen. Dass der Gesang verstummt, selbst in langsamen Sätzen, bleibt zu bedauern. Fatal: Die tonale Gravitation ist aufgehoben. Kein Drang zur Tonika, keine Dominanten-Spannung. Alles perlt belanglos, ohne Ziel und Richtung, vor sich hin.
Diese Platte ist in Toblach eingespielt worden. Der Saal ist dem Genius loci geweiht, Gustav Mahler – ausgerechnet. Mehr Mahler in Bach, mehr Schmalz hätte gutgetan. Jean-Daniel Noir gibt den Toningenieur, durchaus erfolgreich: Hall ohne Wabern, überdurchschnittliche Durchhörbarkeit, unaufdringliche Präsenz aller Akteure. Ein knappes Dutzend Musiker auf selbst verordneter Diät klingt saftig wie ein kleines Orchester. Dabei macht Noir keine Anstalten, das Live-Erlebnis nachzubilden. Der Hörer sitzt nicht vor den Musikern, nicht darüber oder darunter – ein ehrlich synthetisches Klangbild. Das Cover ist nicht geschmacklos. Jason Stells Essay 'The first true harpsichord concertos' ist kurz und knapp geraten, aber nicht ohne Substanz: nach heutigen Maßstäben eine beachtliche Leistung.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Bach, Johann Sebastian: Harpsichord Concertos: Francesco Corti, Il pomo d'oro |
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Label: Anzahl Medien: |
Pentatone Classics 1 |
Medium:
EAN: |
CD
827949083761 |
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Bach, Johann Sebastian |
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