
Karl Weigl: String Quaertets no. 7 & 8 - Thomas Christian Ensemble
Postromantiker
Label/Verlag: cpo
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Ein Unzeitgemäßer erfährt eine vorbildliche Würdigung.
Die beiden vorliegenden Streichquartette entstanden in den 1940er-Jahren (1942 bzw. 1949). Karl Weigl, 1881 in Wien geboren und dort auch Schüler Zemlinskys, hatte vor den Nazis in die USA flüchten können und musste sich mit seiner Frau dort eine neue Existenz aufbauen. Die vorliegenden Kompositionen zeichnen sich vornehmlich durch sensitive Lyrik aus, die aus der Ferne noch den Jugendstil grüßen lässt; die blühende, sich kontrapunktisch regelrecht umschlingende Melodik bietet nur ganz geringe Anklänge an die neue Sachlichkeit, doch auch ein Hauch Reger ist zu hören und selbst amerikanischem Volksgut wird die Reverenz erwiesen. Wenn Weigl die Tonalität fast verlässt, tut er dies durchaus vergleichbar etwa dem zehn Jahre jüngeren Adolf Busch, dessen mittlere Schaffensperiode harmonisch ganz ähnliche harmonische Prozeduren aufweisen.
Großes Feingefühl
Das Thomas Christian Ensemble bietet Weigls Streichquartette mit tiefem Verständnis und auch mit großem Feingefühl für das erforderliche Understatement – hier geht es eben nicht um große Gesten, sondern um die differenzierte Bewegung des Kopfes, das Zucken des Mundwinkels, den Schatten am Fensterrahmen, im Finale auch mal um das übermütige Gegen- statt Miteinander. Gerade hierdurch nimmt die Musik Bezug auf die Epoche der Romantik, mit der Bedeutung von Zwielicht, von Waldesschatten, der verwitterten Steinfigur am Ende des Parks. Im langsamen Satz des siebten Quartett winkt Beethoven aus der Ferne, werden aber gleichzeitig die kontrapunktischen Texturen feinsinnig liebkost. Gerade diese spannend-spannungsvolle Stimmung konsequent einzufangen, ist das große Verdienst der Musiker, die in vorzüglichem Zusammenspiel in ausgezeichneter SWR-Aufnahmetechnik das Rätselhafte der Musik, gleichzeitig auch ihre Modernität (ja, trotz der Referenzen an die Vergangenheit) unmittelbar transportieren.
Weitaus stärker als das siebte ist Weigls achtes Quartett der gemäßigten Moderne seiner Zeit zuzuordnen: Die Texturen sind karger, der Tonsatz noch stärker auf das Wesentliche konzentriert. Das ist Musik der absoluten inneren Notwendigkeit, auf den inneren Kern reduziert. Auch hier scheinen noch Zitatelemente auf, doch ist Weigl hier ganz ‚bei sich‘, und auch sein ‚postromantisches Herz‘ bleibt hier spürbar. Beim Vergleich etwa mit Günter Raphael oder Johann Nepomuk David wird man auch hier eindeutig Weigls ganz eigene Stimme finden, von dem Thomas Christian Ensemble auch hier in all seinem Facettenreichtum gewürdigt.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Karl Weigl: String Quaertets no. 7 & 8: Thomas Christian Ensemble |
|||
Label: Anzahl Medien: |
cpo 1 |
Medium:
EAN: |
CD
761203520121 |
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Weigl, Karl |
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cpo Wohl kaum ein zweites Label hat in letzter Zeit soviel internationale Aufmerksamkeit erregt wie cpo. Die Fachwelt rühmt einhellig eine überzeugende Repertoirekonzeption, die auf hohem künstlerischen Niveau verwirklicht wird und in den Booklets eine geradezu beispielhafte Dokumentation erfährt. Der Höhepunkt dieser allgemeinen Anerkennung war sicherlich die Verleihung des "Cannes Classical Award" für das beste Label (weltweit!) auf der MIDEM im Januar 1995 und gerade wurde cpo der niedersächsische Musikpreis 2003 in "Würdigung der schöpferischen Leistungen" zuerkannt.
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