> > > Werke von Karol Szymanowski und Ludwig van Beethoven: Eliot Quartett
Montag, 5. Juni 2023

Werke von Karol Szymanowski und Ludwig van Beethoven - Eliot Quartett

Preisgewinner stellen sich fulminant vor


Label/Verlag: Genuin
Detailinformationen zum besprochenen Titel


Streichquartette von Beethoven und Szymanowski in frischer Interpretation.

Vor 45 Jahren wurde der Deutsche Musikwettbewerb (DMW) gegründet. Er bietet das breiteste Förderspektrum für den Profi-Musikernachwuchs. Das 2014 formierte Eliot Quartett – benannt nach dem berühmten amerikanisch-britischen Dichter T.S. Eliot – gewann 2018 den Preis des Deutschen Musikwettbewerbs inklusive drei Sonderpreisen sowie danach den 1. Preis beim Karol Symanowski Competition (Katowice 2018). Nun erschien die vielversprechende Debütplatte des Ensembles beim Label Genuin in Kooperation mit dem Deutschen Musikrat und Deutschlandradio mit zwei für die Formation prädestinierten Werken der Quartettliteratur, die sie bereits in Katowice im Programm hatte: Beethovens Streichquartett F-Dur op. 18,1 sowie das zweite Streichquartett op. 56 (1927) von Karol Szymanowski, der bereits in seinen reifen Jahren stand, als er, wie er sich selbst ausdrückte, bereits zu einer ‚endgültigen Form‘ seines Stils gefunden hatte und als Rektor des Warschauer Konservatoriums amtierte.

Beethovens op. 18,1, dessen Visitenkarte für dieses Genre, klingt in der Version der Eliots frisch und äußerst zupackend, wobei die Primaria – Maryana Osipova (Violine) – mit einem zart schmelzenden Ton aufwartet. Das Tempo des ersten Satzes ist rasch gewählt und bezeugt die Ambitionen der Newcomer. Auch das Violoncell (Michael Preuß) ist wunderbar virtuos gespielt. Kleine Agogik bezeugt die hohe Musikalität der Ausübenden. Präzision ist ebenfalls Trumpf in dieser Aufnahme. Das ist alles sehr vielversprechend und edel. Auch die Aufnahmetechnik bildet klar ab (Studioproduktion in der Festeburgkirche Frankfurt vom Januar 2019) und ist herausragend gemastert. Der langsame Satz 'Adagio affettuoso ed appassionato', der zum innigsten gehört, was Beethoven in seinen frühen Jahren schuf (den Abschied Romeos von Julia nach Shakespeare hatte der Komponist wohl im Sinn), wird hier mystisch zelebriert und trifft den stillen, sphärischen, doch immerzu gesanglichen Charakter genau. Erste Violine und Violoncello spielen sich die Bälle zu, bei insgesamt sehr guter Ballance der vier Stimmen. Unglaublich schön wird die Reprise vorbereitet.

Sehr organisch und gediegen

Beim Scherzo spürt der Hörer bereits den Humor des späten Beethoven, z. B. dem 'Presto' aus op. 130. Rauschend durchschweben die Eliots den Text und würzen ihn mit Kürze und genauer Beachtung der Dynamik. Ein Schuss Elegisches – und Humor im 'Trio' – macht daraus wahre Kunst bei ihnen. Hohe Fingergeläufigkeit fordert das Finale ab. Auch hier zeigt das Eliot Quartett keine Schwächen. Im Gegenteil: Sehr organisch und gediegen läuft hier alles ab und das bei lupenreiner Intonation, selbst wenn es vor der Reprise knifflig wird, aber auch da sitzen Alexander Sachs (Violine 2) und Dmitry Hahalin (Viola) vorn auf der Stuhlkante, wenn ihre Sechstolen-Einwürfe gefordert sind. Diese Erstlinge von Beethoven gehen nämlich, was den Schwierigkeitsgrad betrifft, doch über Haydns späte Quartette hinaus.

Das Elegische ist zum Markenzeichen der Werke Karol Szymanowskis (1882-1937) geworden, der in Deutschland immer noch zu Unrecht zu wenig Beachtung findet. Aber auch in seiner Heimat Polen hatte der im ukrainischen Dorf Timoschowka geborene Adelige keinen leichten Stand. Er gründete in Berlin einen Verlag, um die Werke des ‚Jungen Polen‘ herauszubringen. Er war viel in seinem Leben gereist, nach Italien, Frankreich und in die USA, hatte in Warschau und Wien gelebt, und sich überall Anregungen geholt. Sein 2. Streichquartett ist ein Konglomerat aus Anregungen durch Begegnungen mit Ballett in Paris (Strawinsky) und der Landschaft Amerikas, Menschen seiner Zeit wie beispielsweise Artur Rubinstein. Er schrieb es 1927 für den Wettbewerb der ‚Musical Fund Society Philadelphia‘. Das Eliot Quartett vermag dieser modernen, experimentellen Tonsprache einfühlsamst nachzuspüren.

Perfektes Zusammenspiel

Besonders gefällt die im 'Moderato' angeschlagene dichte Tonsprache der Eliots, die hier vielleicht ihr besonderes Terrain gefunden haben: Geheimnisvolle Tremoli und der durchgehende Klang mit Dämpfer – präsent, aber niemals aufdringlich – verheißt hier eine mystisch-expressive Atmosphäre, die hier besonders eindrucksvoll wiedergegeben wird. Das ist sehnsuchtsvoll intonierte Kammermusik bester Qualität. Das 'Vivace' schlägt andere Töne an und lässt die Motorik in den Vordergrund rücken. Auch hier kichernde Verfremdung, viel Pizzicato und schwelgende Geigen, bei rhythmischer Strenge. Manches erinnert an Maurice Ravel, aber doch ist es sein ganz persönlicher Stil, den Szymanowski pflegt.

Begeistert ist der Hörer vor allem vom perfekten Zusammenspiel der Gruppe. Das Finale ist interessanterweise ein langsamer Satz, ein Lento. Es führt wieder in ruhigere Fahrwasser. Ganz wie bei einer Bach-Fuge setzen die Stimmen nach und nach ein und vervollkommnen das polyphone Geschehen. Auch hier werden die Töne schriller auf dem Weg zur Satzmitte. Wenn Maryana Osipova ihre lyrischen Töne anstreicht, scheint die Zeit still zu stehen, ehe das Cello trillernd den letzten Teil einleitet. Das Eliot-Quartett beschert dem Hörer einen abwechslungsreichen Hörgenuss. Man darf gespannt sein auf die kommenden Einspielungen dieses talentierten Quartetts.

Interpretation:
Klangqualität:
Repertoirewert: 
Booklet:






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    Werke von Karol Szymanowski und Ludwig van Beethoven: Eliot Quartett

Label:
Anzahl Medien:
Genuin
1
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EAN:

CD
4260036256611


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Beethoven, Ludwig van
Szymanowski, Karol


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Genuin

Im Jahr 2002 standen die jungen Tonmeister von GENUIN vor einer wichtigen Entscheidung: Sollte man sich weiterhin lediglich auf das Aufnehmen und Produzieren konzentrieren, oder auf die zahlreichen Nachfragen und positiven Rückmeldungen von Musikern und Fachzeitschriften eingehen und ein eigenes Label ins Leben rufen? In einer Zeit, in der praktisch alle großen Klassik-Label ihre Produktion eingestellt oder zumindest stark gedrosselt hatten, fiel die Entscheidung nicht leicht – aber sie fiel einstimmig aus: zugunsten einer offiziellen Vertriebsplattform für die GENUIN-Aufnahmen. Und der Erfolg hat nicht lange auf sich warten lassen.

Das Label GENUIN hat sich in seinem zwölfjährigen Bestehen zu einem Geheimtipp unter Musikern und Musikliebhabern entwickelt. Schon vor dem Leipzig-Debüt im Oktober 2004, einem Antrittskonzert im Robert-Schumann-Haus mit Paul Badura-Skoda, wurden die CDs in den deutschlandweiten Vertrieb gebracht und von Fachpresse und Musikerwelt hochgelobt. Inzwischen werden GENUIN-CDs in den meisten Ländern Europas sowie in Japan, Süd-Korea, Hongkong und den USA vertrieben.

Das Erfolgsrezept von GENUIN: Die gesamte Produktion, also die Beratung der Künstler bei Aufnahmeraum und Repertoire, die Vorbereitung und Durchführung der Aufnahme selbst, der Schnitt mit allen notwendigen Korrekturen, generelle Entscheidungen beim Cover- und Bookletentwurf bis hin zur fertigen Veröffentlichung liegen in der Hand der Tonmeister. Nur so haben die Musiker den größtmöglichen Entfaltungsspielraum bei der Einspielung und Gestaltung ihrer CDs. Und gleichzeitig kann bis zuletzt eine gleichbleibend hohe Qualität garantiert werden.

GENUIN bietet auch abseits ausgetretener Pfade etablierten Künstlern genauso wie der Nachwuchsgeneration die Möglichkeit, Musik nach eigenen Vorstellungen zu verwirklichen. Das macht sich positiv bemerkbar für die Hörer der mittlerweile mehr als 300 GENUIN-CDs mit Interpreten wie Paul Badura-Skoda, Nicolas Altstaedt oder der Dresdner Philharmonie.


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