
Heitor Villa-Lobos: Guitar Concerto, Harmonica Concerto - Manuel Barrueco, José Staneck, Sao Paulo Symphony, Giancarlo Guerrero
Lyrische Klangexotik
Label/Verlag: Naxos
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Das São Paulo Orchestra präsentiert Heitor Villa Lobos Gitarren- und Mundharmonika-Konzerte mit Manuel Barrueco und José Staneck als Solisten
Heitor Villa-Lobos (1887-1959), der bekannteste brasilianische Komponist, ist in Deutschland vor allem durch seine Kompositionen für spanische klassische Gitarre bekannt, die zum Standardrepertoire der Sologitarristen gehören. Villa-Lobos hat insgesamt über 1.000 Werke in unterschiedlichsten Genres komponiert. Die beiden Konzerte für Gitarre bzw. Mundharmonika und Orchester zusammen mit dem 'Sexteto Mistico' und seiner berühmtesten Komposition, dem 'Quinteto Instrumental', auf einer CD zu hören, ist ein ganz besonderer Hörgenuss, möglich nur das außerordentliche gute Zusammenspiel des Orchesters und der fantastischen Solisten.
Betörende Klangwelt
Gespielt von Manuel Barrueco (Gitarre) und José Staneck (Mundharmonika), begleitet vom São Paulo Symphony unter dem einfühlsamen, subtilen Dirigat von Giancarlo Guerrero, gelingt das Kunststück, ganz unterschiedliche Instrumente in ungewöhnlich klangschöner Balance zu hören. Mit der gekonnten Auswahl dieser vier Konzerte entrückt man in eine betörende Klangwelt, die man von den Gitarrenstücken teilweise kennt, deren orchestrale Einbettung immer wieder überrascht und den vielseitigen, überaus virtuosen Klangkosmos von Villa-Lobos aus neuen Tonperspektiven eröffnen.
Das Konzert für Gitarre und kleines Orchester (1951) beginnt temperamentvoll mit unterschiedlichsten Instrumentengruppen, in denen die Gitarre schnell die Führung übernimmt und durch Manuel Barrueco der lyrische Charakter dieser melodisch komplexen Komposition klangschön zum Ausdruck kommt. Dem Geigenthema antwortet resolut die Sologitarre, dann übernehmen die Flöten, später die Trompeten, von Dirigent Giancarlo Guerrero immer dynamisch so abgestimmt, das Barruecos Gitarre bestens zur Wirkung kommt. Im 'Andantino' vertiefen sich die melancholische Emotionen durch ineinander verschränkte Melodiebögen. Violinen und Querflöten unterstreichen filigrane Stimmungsmomente, doch die Gitarre gibt Dramatik in virtuosen Läufen und klaren Akkorden vor, steigert die Tonskala hinauf, entspannt abwärts in die Tiefe, um plötzlich in kaum noch wahrnehmbare hauchzarte Höhen in einem grandiosen Solo zu entfliehen, das sich im dritten Teil nach einer kurzen orchestralen Einleitung zu einem furios triumphalen Wechselspiel von Gitarre, Streicher und Bläsern aufbäumt, ohne wirklich laut zu werden.
Organisches Gewebe
Wahrhaft mysteriös ist das 7-minütige 'Sexteto Místico' (1917). Mit einer extrem ungewöhnlichen Instrumentierung für Flöte, Oboe, Altsaxophon, Gitarre, Harfe und Celesta gelingt klangtechnisch Unvergleichbares, eine impressionistisch aufflammende Tonwelt, wobei sich die Instrumente klangschön herauskristallisieren, virtuos mit ihren Klangfarben brillieren und sich wie zu einem organischen Gewebe vernetzen, einem faszinierenden Dialog von Dissonanz und Polytonalität als Ausdruck mystischer Natur.
Noch extravaganter ist das Konzert für Mundharmonika, in dem Villa-Lobos alle Möglichkeiten dieses Instruments auslotet und ihm eine ganz neue musikalische Aura verleiht. Das Orchester spielt die Themen an, José Staneck variiert sie grandios auf seiner Mundharmonika. Schier atemlos spielt er extrem weite Melodiebögen in unterschiedlichsten Tonstimmungen. Von berührender Melancholie zieht er im 'Andante# seine Tonlinien in gigantischen Bögen, überschwebt die Streicher mit langgezogenen Tönen und gibt der Sehnsucht wunderbare Klangfarben, ganz nah an den Stimmungen eines Bandoneons. Genussvoll lotet er alle chromatischen Schwierigkeiten dieser Komposition in Trillern und waghalsigen Läufen aus, beschleunigt im dritten Teil mit tänzerischer Virtuosität und akkordischer Wucht, retardiert mit vieltonigem Volumen in einem fulminanten Solo und dynamisiert das Orchester in einem fröhlichen temperamentvollen Finale. Faszinierend!
Im 'Quinteto Instrumental' (1957), Villa-Lobos‘ letzter Komposition, schwelgt der Komponist mit Flöte, Harfe und Streichtrio noch einmal in exotisch impressionistischen, überaus virtuosen und vielfältigen Klangwelten, durchpulst von der Dynamik der Flöten, Streicher und perlendem Harfenspiel. Eine sich herauskristallierende Violinmelodie, umspielt vom Glasperlentönen der Harfe, entführt in eine emotionale Zauberwelt, der selbst die hektisch dynamisierten Passagen im dritten Teil nichts anhaben können. In harmonischer Idylle perlen die exotischen Klangwelten fröhlich weiter.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Heitor Villa-Lobos: Guitar Concerto, Harmonica Concerto: Manuel Barrueco, José Staneck, Sao Paulo Symphony, Giancarlo Guerrero |
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Label: Anzahl Medien: |
Naxos 1 |
Medium:
EAN: |
CD
747313401871 |
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Villa-Lobos, Heitor |
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Naxos Als der Unternehmer Klaus Heymann 1982 für seine Frau, die Geigerin Takako Nishizaki in Hongkong das Plattenlabel Marco Polo gründete, war dies der Beginn einer beispiellosen Erfolgsgeschichte. Fünf Jahre später rief Heymann das Label NAXOS ins Leben, das in der Klassikwelt längst zur festen Größe geworden ist und es bis heute versteht, hohe Qualität zu günstigen Preisen anzubieten. Der einzigartige und sich ständig erweiternde Katalog des Labels umfasst mittlerweile über 8.000 CDs mit mehr als 130.000 Titeln - von Kostbarkeiten der Alten Musik über sämtliche berühmten "Klassiker" bis hin zu Schlüsselwerken des 21. Jahrhunderts. Dabei wird der Klassik-Neuling ebenso fündig wie der Klassikliebhaber oder -sammler. International bekannte Künstler wie das Kodály Quartet, die Geigerin Tianwa Yang, der Pianist Eldar Nebolsin und die Dirigenten Marin Alsop, Antoni Wit, Leonard Slatkin und Jun Märkl werden von NAXOS betreut. Darüber hinaus setzt NAXOS modernste Aufnahmetechniken ein, um höchste Klangqualität bei seinen Produktionen zu erreichen und ist Vorreiter in der Produktion von hochauflösenden Blu-ray Audios - Grund genug für das renommierte britische Fachmagazin "Gramophone", NAXOS zum "Label of the Year" 2005 zu küren. Auch im digitalen Bereich nimmt NAXOS eine Vorreiterrolle ein: Bereits seit 2004 bietet das Label mit der NAXOS MUSIC LIBRARY ein eigenes Streamingportal mit inzwischen über 1 Million Titel an und unterhält mit ClassicsOnline zudem einen eigenen Download-Shop. Mehr Info... |
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