> > > Russian soul en route: Werke von Mikhail Kollontay (Viola- und Klavierkonzert)
Sonntag, 26. März 2023

Russian soul en route - Werke von Mikhail Kollontay (Viola- und Klavierkonzert)

Ausleuchtung der russischen Seele


Label/Verlag: TYXart
Detailinformationen zum besprochenen Titel


Mikhail Kollontays Werke beeindrucken mit emotionaler Polarität.

Hört man russische Seele, denkt man sofort an melancholische Melodien und ‚Schwarze Augen‘-Folklore. Mikhail Kollontays neue CD 'Russian soul en route' ist weit davon entfernt. Seine Kompositionen für Orchester, Klavier bzw. Viola leuchten die russische Seele zwischen Poesie und den Grenzen ihrer Leidensfähigkeit, zwischen Harmonien und extremen Dissonanzen aus. 

Kollontay, 1952 in Moskau geboren, als Chorsänger aufgewachsen, Komponist und Pianist, ist ein Meister darin, klassische Kompositionen zu fraktieren und neu zusammenzufügen. Er selbst verweist auf Peter und Boris Tschaikowsky und die Kirchenlieder des 19. Jahrhunderts als Ideengeber, woraus er Motive nach seiner Fasson entlehnt. Hier stellt er zwei extrem unterschiedliche Konzerte vor, gleichzeitig zwei großartige Solisten, die taiwanesische Violinistin Nai-Yueh Chang und den russischen Pianisten Alexei Kornienko, die zusammen mit dem Symphonieorchester Moskau unter Kollontays Dirigat die kompositorische Wucht der Kompositionen ausgesprochen expressiv zur Wirkung bringen.

Aggressive Wucht

Im dreiteiligen Konzert für Viola und Orchester op. 8 (1990) sucht die russische Seele trotz ständiger Revolten und kriegerischer Auseinandersetzungen Trost in berührenden Harmonien. Nai-Yueh Chang spielt zu Beginn eine Umkehrung von Tschaikowskys Kinderlied 'Legende' sehr ruhig und satt, das sich aber schnell in überaus virtuos in dissonante Klangfärbungen verwandelt, durch unerwartete Nuancen seitens der Bläser und des Orchesters intensiviert. Instrumentalstimmen tönen wie Echos aus allen Richtungen unheilvoll, die Schlagwerke verstärken die aggressive Wucht, woraus sich ein vorausmarschierendes Inferno ergibt. Die Viola antwortet mit lyrischer Klage in allen Tonlagen zuerst gelassen. Umso dramatischer wirken die folgenden schrillen Dissonanzen das Wechselspiel von Kriegsmaschinerie und menschlichen Elend. Unter den hohen Tonlagen tosen Feuer und Kampf. Die Piccolo-Flöte munter voran, in deren Gefolge die wuchtige Klangmaschinerie des Orchesters eröffnet sich in motivischen Wiederholungsschleifen nach jedem anklingenden Hoffnungsschimmer, hauchzarten Trillern, märchenhaft anmutender Weltvision und einem scheinbar endlosen Ton der Harmonie noch brachialer die Apokalypse. 

Ganz anders präsentiert sich Kollontays 'Erstes weißes Konzert für Klavier und Orchester' (1984/2010). Eine einfache, sehr charismatische Flötenweise, macht im ersten Satz 'Andante tranquillo' in auf- und absteigenden Harmonien die Ruhe einer Schneelandschaft spürbar, in die Alexei Kornienko durch die Klavierakkorde markante Kontraste setzt und andere Instrumente die Ruhe durch versetzte Wiederholungsmuster verstärken. Die Klangcluster oszillieren zwischen gelassenen Tempi, filigranen Tonkristallen, verdichten sich zu wilden Naturschauspiel. Bedrohliches Chaos und einzigartiges Erleben werden auch hier zur musikalische Metapher für die Höhen und Tiefen menschlichen Dramas.

Keck wie ein Kinderreim beginnt der zweite Satz 'Vivace capriccioso e leggiero'. Wieder verwandelt sich eine harmonische Melodie in raffinierte, sich kraftvolle steigernde Dissonanzen, in denen der Kinderreim kurz aufblitzt, wodurch sich ein narratives Perspektivspiel als spannendes Psychogramm zwischen erwachsenen Erlebens und kindlicher Vergangenheit entfaltet, das mit Dramatik in einem Happy-End kulminiert und in einer schlichten Weise endet. Egal wo und wie die russische Seele beleuchtet wird, sie ist immer hochdramatisch.

Interpretation:
Klangqualität:
Repertoirewert: 
Booklet:





Dieser Beitrag hat Ihnen gefallen? Empfehlen Sie ihn weiter!

Ihre Meinung? Kommentieren Sie diesen Artikel

Jetzt einloggen, um zu kommentieren.
Sind Sie bei klassik.com noch nicht als Nutzer angemeldet, können Sie sich hier registrieren.



Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:



Cover vergrößern

    Russian soul en route: Werke von Mikhail Kollontay (Viola- und Klavierkonzert)

Label:
Anzahl Medien:
Spielzeit:
TYXart
1
61:55
Medium:
EAN:
BestellNr.:

CD
4250702801290
TXA19129


Cover vergössern

"CD "Russian soul en route – Russische Seele unterwegs"

Neue Werke von und mit Mikhail Kollontay

Nai-Yueh Chang, Viola
Alexei Kornienko, Klavier/Dirigent
Mikhail Kollontay, Komponist/Dirigent
RTV Symphony Orchestra Moscow


CD-Programm /Trackliste:

Mikhail Kollontay (* 1952)

Konzert für Viola und Orchester, op. 8 (1980)
1. Andante con moto
2. Allegro
3. Adagio
[ dedicated to Yuri Bashmet ]
Nai-Yueh Chang, Viola • RTV Symphony Orchestra Moscow • Alexei Kornienko, Dirigent

Erstes Konzert für Klavier und Orchester (1984; 2010)
1. Andante tranquillo
2. Vivace capriccioso e leggiero
[ dedicated to Igor Shvedov ]
Alexei Kornienko, Klavier • RTV Symphony Orchestra Moscow • Mikhail Kollontay, Dirigent"


Cover vergössern

TYXart

TYXart - the musicART label

TYXart ist es ein besonderes Anliegen, die emotionalen, geistigen und intellektuellen Anforderungen von Musikliebhabern mit hochwertigen künstlerischen Einspielungen zu erfreuen - und dass Tiefsinn, Humor, Stille, Kraft, Nachdenklichkeit, aber auch Lebensfreude, Jubel oder Trauer, also alles, was die musikalischen Befindlichkeiten des Menschen erhebt und befriedigt, in unseren Veröffentlichungen enthalten ist.

Es geht uns dabei nicht in erster Linie nur um "Berühmtheit" oder "Perfektionismus", sondern ums Humane, Originelle, Individuelle und um die begeisternden und begeisterten Interpretationen ungewöhnlicher Musiker, auch der ganz jungen. Jede CD ein Unikat! Das soll unser Motto sein. Dass sich unserem Konzept bereits mehrere außergewöhnliche und berühmte Künstler spontan anschließen, beruht auf deren Überzeugung von der Richtigkeit unseres Anspruchs.

Herausragende Musiker und Ensembles der Veröffentlichungen: Giora Feidman (Klarinette), Elena Denisova (Violine), Yojo (Klavier), Liana Issakadze (Violine), Alexander Suleiman (Violoncello), Corinne Chapelle (Violine), Carmen Piazzini (Klavier), Franz Grundheber (Bariton), Matthias Veit (Klavier), Nathalia Prishepenko (Violine), Alexandra Sostmann (Klavier), Franz Hummel (Komponist), Masako Sakai (Klavier), Ensemble del Arte (Kammerorchester), Vardan Mamikonian (Klavier), Jakob David Rattinger (Viola da Gamba), Werner Schneyder (Musik-Kabarett), TRIO ZERO, Sojka Quartett, Deutsches Saxophon Ensemble, Moscow Symphony Orchestra ...

Wir stellen zusammen mit unseren Künstlern in Serien wie z.B. "Modern Classics", "Rising Stars" oder "Crazy Edition" Aufsehen erregende Musikaufnahmen unserer Zeit ungewöhnlichen Interpretationen aus mehreren Epochen gegenüber, um ein breites Publikum auf die Lebendigkeit, Schönheit und Kühnheit neuer Kompositionen im Fokus radikaler oder besonders individueller Interpretationen traditioneller Werke aufmerksam zu machen. Lassen Sie sich auch jenseits von Mainstream-Bewegungen begeistern von den sensationellen Einspielungen der Künstler bei TYXart!


Mehr Info...


Cover vergössern
Jetzt kaufen bei...


Weitere Besprechungen zum Label/Verlag TYXart:

  • Zur Kritik... Mehr Fanny als Felix: Eine verdienstvolle Doppel-CD stellt das Liedschaffen der Schwester Mendelssohn in den Vordergrund. Weiter...
    (Dr. Jürgen Schaarwächter, )
  • Zur Kritik... Rhythmisch bewegt: Die Gesamteinspielung von Émile Jaques-Dalcrozes Œuvre für Violoncello und Klavier wartet mit einigen Überraschungen auf. Weiter...
    (Dr. Jürgen Schaarwächter, )
  • Zur Kritik... Versäumnisse: Mit Max Regers Klaviertranskriptionen von Liedern Richard Strauss' wird hier wenig verständnisvoll umgegangen. Weiter...
    (Dr. Jürgen Schaarwächter, )
blättern

Alle Kritiken von TYXart...

Weitere CD-Besprechungen von Michaela Schabel:

blättern

Alle Kritiken von Michaela Schabel...

Weitere Kritiken interessanter Labels:

  • Zur Kritik... Pranken und Poesie: Garrick Ohlsson präsentiert einen bedenklichen Brahms. Weiter...
    (Dr. Kai Marius Schabram, )
  • Zur Kritik... Gibt es ein 'fast zu schön'?: Christian Zacharias spielt vier mittlere Haydn-Sonaten. Weiter...
    (Dr. Kai Marius Schabram, )
  • Zur Kritik... Geistvoll: Karel Valter und Hadrien Jourdan breiten gehaltvolle Sonaten des großen Carl Philipp Emanuel Bach mit dem notwendigen Gewicht aus, verbunden mit gestalterischer Raffinesse und Klangeleganz. Weiter...
    (Dr. Matthias Lange, )
blättern

Alle CD-Kritiken...

Magazine zum Downloaden

NOTE 1 - Mitteilungen (3/2023) herunterladen (5000 KByte)

Anzeige

Empfehlungen der Redaktion

Die Empfehlungen der klassik.com Redaktion...

Diese Einspielungen sollten in keiner Plattensammlung fehlen

weiter...


Portrait

Der Klarinettist Nicolai Pfeffer im Gespräch mit klassik.com.

"Auf der Klarinette den Sänger spielen, das ist einfach cool!"
Der Klarinettist Nicolai Pfeffer im Gespräch mit klassik.com.

weiter...
Alle Interviews...


Sponsored Links

Hinweis:

Mit Namen oder Initialen gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung des Verfassers, nicht aber unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.

Die Bewertung der klassik.com-Autoren:

Überragend
Sehr gut
Gut
Durchschnittlich
Unterdurchschnittlich