
Schubert, Franz: Music for Violin I - Ariadne Daskalakis, Paolo Giacometti, Die Kölner Akademie, Michael A. Willens
Elegant und im natürlichen Fluss
Label/Verlag: BIS Records
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Ariadne Daskalakis und ihre Partner schlagen eine neue Seite in der Schubert-Violininterpretation auf.
Der reichen Schubert-Diskografie einen weiteren Beitrag zuzugesellen, bedarf einiger Ambition. Die Geigerin Ariadne Daskalakis kommt von einer ganz besonderen Perspektive, die so bislang in der Tat noch nie eingenommen wurde – sie spielt in zwei Folgen sämtliche Werke für Violine und Klavier oder Orchester ein, in der ersten Folge die drei Konzertwerke D 438, 354 und 580 sowie die g-Moll-Sonat(in)e D 408 und die C-Dur-Fantasie D 934. Schon die drei Konzertwerke, das Konzertstück D-Dur D 345, das Rondo A-Dur D 438 und die Polonaise B-Dur D 580, erweisen den nachhaltigen Wert der Produktion – mit Leichtigkeit fegt Daskalakis, zusammen mit der Kölner Akademie unter Michael Alexander Willens, auf historischen Instrumenten und mit angemessener Spielpraxis viele ‚modernere‘ ältere Aufnahmen (auch Gidon Kremer) mit Leichtigkeit hinweg vom diskografischen Parnass. Endlich versteht man die Verortung der Musik an der Schwelle zwischen Klassik und Romantik. Daskalakis und das Orchester musizieren ohne Überdruck und mit feinem Gespür und erreichen so nicht nur einen natürlichen Fluss, sondern auch einen rundum überzeugenden Ausdruck. Nur für das A-Dur-Rondo gibt es schon beachtliche Konkurrenz im historisch informierten Bereich, eine kammermusikalische Fassung mit Vera Beths und den Smithsonians und eine Orchestereinspielung mit Elizabeth Wallfisch und dem Brandenburg Consort unter Roy Goodman, beide aus den 1990er-Jahren – höchste Zeit also für eine Neueinspielung, auch wenn die früheren Interpretationen kaum ‚gealtert‘ wirken.
Geistvolle Interpretation
Bei den Werken für Violine und Klavier gibt es naturgemäß weit größere Konkurrenz. Die C-Dur-Fantasie hat Paolo Giacometti selbst schon einmal eingespielt, in einer Einrichtung mit Cello (mit Pieter Wispelwey). Unter den historisch informierten Musikern sind Isabelle Faust mit Alexander Melnikov (unter Verzicht auf Hammerflügel, aber mit beeindruckendem Ergebnis) oder Anton Steck mit Robert Hill erwähnenswert. Leicht kann hier die Linienführung der Violine ein wenig ‚sauer‘ geraten, weil ohne oder mit wenig Vibrato jede Intonationstrübung (auch jede gefühlte) unmittelbar wirkt. An Daskalakis Spiel wie auch an den Hammerflügel von Salvatore Lagrassa (ca. 1815, aus der Sammlung Beunk) muss man sich hier erst ein wenig gewöhnen, auch weil der Hammerflügel im Mezzoforte und darüber hinaus über einen durchaus eigenen Ton verfügt, der von dem ansonsten herrlich warmen, silbrigen Anschlag im Piano etwas ablenkt. Doch Giacometti und Daskalakis nehmen schnell durch ihre geistvolle, lebendige Interpretation ein. Man darf nicht die emotionale Durchdringung ‚modern‘ spielender Musiker erwarten, die andere Qualitäten der Musik hervorheben können als die historisch informierten Musiker, die dafür ganz andere Gefilde erkunden können. Das zurückgehaltene Tempo der zentralen Variationen über das Lied 'Sei mir gegrüßt' mag nicht ganz das vorgeschriebene Andantino sein, auch der Hammerflügel nicht ganz so gut zur Geltung kommen wie anderswo, doch ist das eine vergleichsweise marginale Einschränkung.
In der Sonate g-Moll spielen die Musiker in den ersten beiden Sätzen (anders als viele andere) sämtliche Wiederholungen, und mehr noch als in den anderen Werken kommt hier eine Qualität der Produktion zum Tragen, die die Neueinspielung über die meisten vorherigen heraushebt – der ausgezeichnete SACD-Klang, der der Musik viel Platz zum Atmen lässt und den Aufnahmeort als wichtigen Faktor mit einbezieht. Ein äußerst vielversprechender Auftakt zu einer Gesamteinspielung, auf deren zweite Folge man sich freuen kann.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() |
Dieser Beitrag hat Ihnen gefallen? Empfehlen Sie ihn weiter!
Ihre Meinung? Kommentieren Sie diesen Artikel
Jetzt einloggen, um zu kommentieren.
Sind Sie bei klassik.com noch nicht als Nutzer angemeldet, können Sie sich hier registrieren.
Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
![]() Cover vergrößern |
Schubert, Franz: Music for Violin I: Ariadne Daskalakis, Paolo Giacometti, Die Kölner Akademie, Michael A. Willens |
|||
Label: Anzahl Medien: |
BIS Records 1 |
Medium:
EAN: |
CD SACD
7318599923635 |
![]() Cover vergössern |
Schubert, Franz |
![]() Cover vergössern |
BIS Records Most record labels begin with a need to fill a niche. When Robert von Bahr founded BIS in 1973, he seems to have found any number of musical niches to fill. The first year's releases included music from the renaissance, Telemann on period instruments, Birgit Nilsson singing Sibelius and works by 29 living composers - Ligeti and Britten as well as Rautavaara and Sallinen - next to Purcell, Mussorgsky and Richard Strauss. A musical chameleon was born, a label that meant different things to different - and usually passionate - devotees. Mehr Info... |
![]() Cover vergössern |
Jetzt kaufen bei... |
Weitere Besprechungen zum Label/Verlag BIS Records:
-
Zwischen Spiel und Magie: Überzeugende Einspielung von Ballettmusik Claude Debussys. Weiter...
(Michael Pitz-Grewenig, )
-
Vertraute Klänge in neuem Gewand: Mit einem Ausschnitt aus Brahms' Kammermusik stellen die Musiker auf beeindruckende Weise unter Beweis, dass manche Transkriptionen mühelos mit dem Original mithalten können, wobei gleichzeitig die Wandelbarkeit und Vielfalt des Horns zur Geltung kommt. Weiter...
(Dr. Uta Swora, )
-
Grandiose 'Gran Partita': Es mangelt nicht an Einspielungen von Mozarts 'Gran Partita', doch diese Aufnahme mit Mitgliedern des Concertgebouw-Orchesters hat sich einen der ersten Plätze darunter verdient. Weiter...
(Dr. Michael Loos, )
Weitere CD-Besprechungen von Dr. Jürgen Schaarwächter:
-
Klangdokumente aus vier Jahrzehnten: Eine würdige Sammlung um Böhms Dresdner Schubert-Aufnahmen. Weiter...
(Dr. Jürgen Schaarwächter, )
-
Polyglottes Vergnügen: Durchgehend hohe Leistungen bei der Gesamteinspielung von Alphons Diepenbrocks Liedern. Weiter...
(Dr. Jürgen Schaarwächter, )
-
Nicht sprechende Farben: Vasily Petrenko und die Osloer Philharmoniker bleiben Alexander Skrjabin Entscheidendes schuldig. Weiter...
(Dr. Jürgen Schaarwächter, )
Weitere Kritiken interessanter Labels:
-
Klavierwerke von israelischen Komponisten. Kolja Lessing: Kolja Lessing widmet sich eindrücklich den Klavierwerken israelischer Komponisten. Weiter...
(Manuel Stangorra, )
-
All die schönen Märchen sind wahr: Die Sopranistin Rebecca Bromberg entdeckt die Lieder des Spätromantikers Erich J. Wolff. Weiter...
(Karin Coper, )
-
Klangdokumente aus vier Jahrzehnten: Eine würdige Sammlung um Böhms Dresdner Schubert-Aufnahmen. Weiter...
(Dr. Jürgen Schaarwächter, )
Portrait

Das Klavierduo Silver-Garburg über Leben und Konzertieren im Hier und Heute und eine neue CD mit Werken von Johannes Brahms
Sponsored Links
- klassik.com Radio
- Urlaub im Schwarzwald
- Neue Musikzeitung
- StageKit - Websites für Musiker, Veranstalter und Konzertagenturen
Hinweis:
Mit Namen oder Initialen gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung des Verfassers,
nicht aber unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.
Die Bewertung der klassik.com-Autoren:
Überragend
Sehr gut
Gut
Durchschnittlich
Unterdurchschnittlich