
Elgar & Finzi Violin Concertos - Ning Feng, Royal Liverpool Philharmonic Orchestra, Carlos Miguel Prieto
Buchhalterisch
Label/Verlag: Channel Classics
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Trotz der offenkundigen Bemühungen aller Beteiligten will der Funken auf dieser Einspielung englischer Musik nicht überspringen.
Es gibt Tonträgerproduktionen, da fragt man sich: Was ist hier schiefgelaufen? Warum will der Funken schlussendlich nicht überspringen, trotz der offenkundigen Bemühungen aller Beteiligten? Manchmal ist es einfach eine Frage des Naturells. Der Mexikaner Carlos Miguel Prieto nimmt sich zwei Komponisten vor, an denen auch zahlreiche andere (und bekanntere) Interpreten grandios gescheitert sind. Dabei hat er ein Orchester zur Verfügung, das für britische Musik eine umfassende, jahrzehntelange Expertise vorweisen kann. Aber eben diese haben weder der Dirigent noch der Solist der vorliegenden Produktion, der chinesische Geiger Ning Feng. Aber Feng hat immerhin an der Londoner Royal Academy of Music studiert, wenn auch nicht bei einem britischen Professor.
Das Violinkonzert von Edward Elgar ist ein absolutes Repertoirewerk, und nicht nur britische Interpreten haben ihre Einspielungen vorgelegt, sondern auch Pinchas Zukerman und Itzhak Perlman (beide unter Daniel Barenboim), Kyung-Wha Chung (unter Georg Solti), Salvatore Accardo (unter Richard Hickox), Hilary Hahn (unter Colin Davis), Gil Shaham (unter David Zinman), Thomas Zehetmair (unter Mark Elder) oder Dmitry Sitkovetsky (unter Yehudi Menuhin). Ganz wichtig bei der Abstimmung innerhalb des Orchesters (noch jenseits der Implementierung des Soloparts) ist das Verständnis des Dirigenten; Elgars Orchesterfarben wurden lange kontrovers diskutiert, und genau die richtige Mischung zu finden (vieles davon steht in Details im Notentext, den man in dieser Hinsicht sehr genau nehmen muss), gelingt auch nicht jedem ‚großen Namen‘. Prieto wird sich – zumindest bislang – mit Elgar keinen großen Namen machen können, zu zusammenhanglos bleiben die einzelnen Orchesterstimmen, zu wenig werden die Emotionen erkundet. Auf diesem Feld bleibt Ning Feng eher allein, hat seinen Part sorgsam einstudiert (und wohl auch mit dem Orchester abgestimmt), dennoch bleibt der Orchesterpart ein Hemmschuh.
Merkwürdig uninspiriert
Erst zum zweiten Mal wird hier Gerald Finzis Violinkonzert (1925–27) auf Tonträger vorgelegt; seit der Erstaufführung 1999 und der Einspielung mit Tasmin Little und der City of London Sinfonia unter Richard Hickox haben sich keine Interpreten an CD-Einspielungen getraut. Der Grund besteht unter anderem darin, dass Finzi nur einen Satz – den langsamen – unter dem Titel 'Introit' zur Veröffentlichung freigegeben hat, während der Rest des Werkes zurückgehalten wurde. Entsprechend starke Persönlichkeiten brauchen gerade diese Ecksätze der Komposition. Leider bleibt die Interpretation abermals vor allem in den orchestralen Anteilen merkwürdig uninspiriert – und dass das Royal Liverpool Philharmonic Orchestra Finzis Orchestermusik spielen kann, hat es vor Jahrzehnten auf zwei CDs unter Vernon Handley hinlänglich bewiesen (auf EMI bzw. Chandos). Weder Feng. der seinen Part ohne wirkliches Verständnis für das Idiom Finzis abspult, noch Prieto, der die einzelnen Orchesterstimmen nicht zu einem Ganzen bündelt, gelingt in den Ecksätzen die Evokation von Finzis ganz besonderem lyrischen ‚Pastoralton‘ (nebenberuflich war der Komponist u. a. Apfelzüchter). Selbst die Interpretation des einzigen langsamen Satzes ist zwar besser gelungen, aber nicht jenseits der Konkurrenz angesiedelt, vor allem nicht in den Orchesteranteilen. Prieto ‚vertrocknet‘ Finzis Idiom (sollte es sein missglückter Versuch sein, es in der Musik der 1920er-Jahre zu verorten?) und spielt die herrlichen, typischen Finzi-Themen nicht aus, bietet sie vielmehr eher buchhalterisch dar. Schade um die eigentlich gute Leistung des Solisten und um das Orchester, das unter anderen Händen mehr gekonnt hätte. Da auch das Booklet mehr vor Enthusiasmus denn vor Kennerschaft sprüht, haben wir hier eine leider nicht wirklich gelungene Sache.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Elgar & Finzi Violin Concertos: Ning Feng, Royal Liverpool Philharmonic Orchestra, Carlos Miguel Prieto |
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Label: Anzahl Medien: |
Channel Classics 1 |
Medium:
EAN: |
CD
723385402183 |
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Elgar, Edward |
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Channel Classics Channel Classics Records is a quality record label based in Holland. Director, producer and recording engineer is C. Jared Sacks. Having grown up in Boston Massachusetts, schooled at Oberlin Conservatory and the Amsterdam Conservatory of music with 15 years experience playing French Horn, Jared decided to make his hobby of recording a profession in 1987. The label started in 1990 with the name Channel Classics coming from the street he lived on in Amsterdam. (Kanaalstraat).
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