
Rihm, Wolfgang: Gesungene Zeit - Tianwa Yang, Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz, Darrell Ang
Rihm-Frauenpower
Label/Verlag: Naxos
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Tianwa Yang komplettiert 'ihren' Rihm.
'Gesungene Zeit (Musik für Violine und Orchester Nr. 2)' ist seit der Uraufführung durch Anne-Sophie Mutter 1992 nahezu ein Repertoirestücke der Violinkonzertliteratur geworden. Gleiches gilt noch nicht für Wolfgang Rihms spätere Konzertwerke für Violine und Orchester 'Lichtes Spiel – Ein Sommerstück für Violine und kleines Orchester' (2009) oder 'Coll‘arco (Musik für Violine und Orchester Nr. 4)' (2007/08), obschon die Uraufführungsinterpretinnen Anne-Sophie Mutter bzw. Carolin Widmann jeweils bereits Einspielungen vorgelegt haben (DG bzw. Hänssler).
Die chinesische Geigerin Tianwa Yang hat seit 2007 engen Kontakt zu Rihms Musik erlangt, seither zunächst die Werke für Violine und Klavier eingespielt. Ihre vorbildliche Gesamteinspielung von Rihms Werken für Violine und Orchester wird mit der vorliegenden Produktion komplettiert. In 'Gesungene Zeit' ist das Spinnen von Melodie in ferne und fernste Bereiche ein zentrales Element, teilweise bedingt durch die besonderen musikalischen Fähigkeiten Mutters. Rihm selbst schreibt in seiner Werkeinführung (die leider wie auch bei den anderen Werken bei der Naxos-Produktion nicht im Wortlaut wiedergegeben ist) unter anderem: ‚Besonders darin, wenn es um die Gestaltung des Entlegenen selbst geht, wünsche ich mir dessen Darstellung als Akt des Lebendigen.‘ Die Rückführung auf die Linie gerade in 'Gesungene Zeit' ist zentrales Element: ‚Eigentlich ist dies einstimmige Musik. Und immer Gesang, auch dort, wo Schlag und Puls den Atem kurz fassen, ihn bedrängen.‘
Dialog mit der Vergangenheit
'Lichtes Spiel' ist eine Art Gegenstück zu 'Dunkles Spiel' für kleines Orchester – gleichzeitig eine Assoziation zu ‚leichtem Spiel‘, ohne zu leichter Musik zu geraten. Hier mehr noch als in 'Gesungene Zeit' ist auch der harmonische Aspekt, der Kontrastreichtum, der Dialog mit der Vergangenheit von zentraler Bedeutung. Hier kann Yang nicht nur primär Fäden und Bögen in extremen Lagen spinnen, sondern auch in komfortableren Lagen die ganze Expressivität ihrer zahlreichen zur Verfügung stehenden Farben ausbreiten. Die Exuberanz der Musik als eine Art ‚Sommermusik‘ lädt ganz besonders zu wiederholtem Hören an, auch wegen der Vielschichtigkeit der Musik, des immer wieder aufblitzenden charmanten Humors.
Wie in 'Lichtes Spiel' verweist auch 'Coll‘arco' auf eine Spieltechnik auf der Violine. Außer in den drei eröffnenden Pizzicato-Akkorden verwendet der rhapsodische, gleichsam monologisierende Solopart ausschließlich verschiedenste Streich- und Bogentechniken. Man kann in der Komposition – gerade im Vergleich zu den beiden anderen Werken – geradezu die besonderen Qualitäten der Uraufführungsinterpretin unmittelbar ablesen. Das ist Musik der Versöhnung, Musik starker musikalischer Gestik, die intensiv im Dialog mit den Konzertwerken des 19. Jahrhunderts steht und gerade hieraus neue Wege beschreitet.
Sensible Sachwalterin
Das Entlegene ist für Yang fast das Naheliegende. Sie hat bekanntlich keinerlei Angst vor der schwierigsten Konzertliteratur und sich längst in die Weltelite vorgearbeitet, und sie kehrt für ihre Rihm-Aufnahmen immer wieder nach Baden-Württemberg zurück, wo sie seinerzeit ihre Ausbildung bei Jörg-Wolfgang Jahn an der Karlsruher Musikhochschule vertieft hatte. Sensible Sachwalterin der komplexesten Klänge, ambitioniert im musikalischen Zugriff, mit schier unerschöpflicher Vielfalt der Farben und technischen Möglichkeiten, vertieft Yang in gleich welcher Komposition das Verständnis für den Komponisten. Als Partner hat sie hier (wie in der ersten Folge der Produktion) die Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz, die sich, diesmal unter der Leitung von Darrell Ang, als eines der ersten Orchester des Landes beweist. Insgesamt kann man bei dieser Produktion wohl von einem Glücksfall sprechen, gelingt es doch Yang, in ihrem Spiel die unterschiedlichen Persönlichkeiten der Uraufführungsinterpretinnen durchaus zu ihrem Recht kommen zu lassen, ohne je zu imitieren, vielmehr der Musik einen ganz eigenen Stempel aufzudrücken.
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Rihm, Wolfgang: Gesungene Zeit: Tianwa Yang, Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz, Darrell Ang |
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Label: Anzahl Medien: |
Naxos 1 |
Medium:
EAN: |
CD
747313366774 |
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Rihm, Wolfgang |
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Naxos Als der Unternehmer Klaus Heymann 1982 für seine Frau, die Geigerin Takako Nishizaki in Hongkong das Plattenlabel Marco Polo gründete, war dies der Beginn einer beispiellosen Erfolgsgeschichte. Fünf Jahre später rief Heymann das Label NAXOS ins Leben, das in der Klassikwelt längst zur festen Größe geworden ist und es bis heute versteht, hohe Qualität zu günstigen Preisen anzubieten. Der einzigartige und sich ständig erweiternde Katalog des Labels umfasst mittlerweile über 8.000 CDs mit mehr als 130.000 Titeln - von Kostbarkeiten der Alten Musik über sämtliche berühmten "Klassiker" bis hin zu Schlüsselwerken des 21. Jahrhunderts. Dabei wird der Klassik-Neuling ebenso fündig wie der Klassikliebhaber oder -sammler. International bekannte Künstler wie das Kodály Quartet, die Geigerin Tianwa Yang, der Pianist Eldar Nebolsin und die Dirigenten Marin Alsop, Antoni Wit, Leonard Slatkin und Jun Märkl werden von NAXOS betreut. Darüber hinaus setzt NAXOS modernste Aufnahmetechniken ein, um höchste Klangqualität bei seinen Produktionen zu erreichen und ist Vorreiter in der Produktion von hochauflösenden Blu-ray Audios - Grund genug für das renommierte britische Fachmagazin "Gramophone", NAXOS zum "Label of the Year" 2005 zu küren. Auch im digitalen Bereich nimmt NAXOS eine Vorreiterrolle ein: Bereits seit 2004 bietet das Label mit der NAXOS MUSIC LIBRARY ein eigenes Streamingportal mit inzwischen über 1 Million Titel an und unterhält mit ClassicsOnline zudem einen eigenen Download-Shop. Mehr Info... |
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