
Brahms, Johannes: String Quintets op.88 & op.111 - New Zealand String Quartet
Ein Brahm'sches Auf und Ab
Label/Verlag: Naxos
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Das New Zealand String Quartet spielt gemeinsam mit Maria Lambos beide Streichquintette von Johannes Brahms ein und überzeugt dabei insbesondere durch eine akzentuierte Lesart beider Werke.
Johannes Brahms (1833-1897) wurde von vielen seiner Zeitgenossen als Nachfolger Beethovens gehandelt – ein schweres Erbe. Er verband traditionelle Form mit einer Originalität der Musiksprache, wodurch er die nachfolgenden Komponistengenerationen nachhaltig inspirierte. Seine beiden Streichquintette op. 88 und op. 111 orientieren sich bei der Besetzung am Vorbild Mozarts: Zwei Bratschen sorgen für mehr Texturreichtum und harmonische Tiefe. Die Streichquintette zählen zu den späten Meisterwerken des Komponisten und zeichnen sich – neben ihrer ungewöhnlichen Besetzung – durch einen zurückblickenden und reflektierenden Blick des Komponisten aus.
Das New Zealand String Quartet gründete sich 1987 und blickt nun bereits auf ein über 30-jähriges Bestehen zurück. Aktuell setzt sich das vierköpfige Ensemble aus Helene Pohl und Monique Lapins (beide Violine), Gillian Ansell (Viola) und Rolf Gjelsten (Violoncello) zusammen. Für die beiden Streichquintette von Johannes Brahms holen sie sich die Bratschistin Maria Lambos mit ins Boot.
Schwäche
Den Beginn der Einspielung macht das spätere der beiden Werke, das 2. Streichquintett in G-Dur op. 111, komponiert im Jahr 1890. Der erste Satz 'Allegro non troppo ma con brio' eröffnet das Quintett mit seinem aufbrausenden Charakter. Gut gelingen dem Ensemble die explosiven Passagen des Satzes, gespickt mit auslotender Dynamik. Dabei offenbart sich jedoch auch die größte Schwäche der Aufnahme: Der Klang ist von oben nach unten aufgebaut, so dass die hohen Streicher die Einspielung dominieren und die warmen Tiefen den Cellos kaum zum Tragen kommen. Die aufwärtsfliegende Cellomelodie, die vom tiefen Register des Instruments mehrere Oktaven aufsteigt und gegen die beharrlich tuckernde Begleitung in den Geigen und Bratschen vehement ankämpfen muss – für den Cellisten ist das ein Kampf, der sich leider auch in der (Klang-)Qualität der Tongebung widerspiegelt.
Ein ganz anderes Stimmungsbild zeigt sich erfreulicherweise zu Beginn des zweiten Satzes 'Adagio'. Das liebliche Zusammenspiel der einzelnen Stimmen gelingt traumhaft und klingt sphärisch-fasziniert. Der sparsame Umgang mit dem Vibrato tut der Klangentwicklung außerordentlich gut und durch die sensiblen Abstimmungen der einzelnen Stimmen merkt man, wie eingespielt das Ensemble aufeinander ist. Die warm ausgeleuchteten Mittelstimmen geben dem Satz eine angenehme Facette. Die stürmisch-anmutenden Passagen hingegen wirken – insbesondere in den hohen Streichern – auf einmal holzig und kalt.
‚Ein Frühlingsprodukt‘
Ist das zweite Streichquintett von Melancholie durchzogen, so ist das erste Quintett op. 88 voller positiver Stimmung. Brahms selbst nannte sein F-Dur-Quintett ‚ein Frühlingsprodukt‘. Der Eröffnungssatz ist geprägt von aufgehellter Stimmung, die in einem exponierten liedhaften Thema ihren Anfang nimmt. Doch auch hier dominieren die hohen Stimmen den Satz, so dass sich die Cello-Stimme kaum durchsetzen und keine Gesamtbalance entstehen kann. Der Klang der Violinen ist zudem sehr harsch. Je höher die Lange, umso schneidender, so dass sich die heitere Manier des Satzes nur in den ruhigen bis dynamisch mittleren Passagen des Satzes vollends entfaltet, dort aber die ganze Aufmerksamkeit des Hörers fesselt – bis hin zum dynamisch feinnuancierten Schluss.
Der zweite Satz enthält eines der bei Brahms seltenen Formexperimente: langsamer Satz und Scherzo sind zu einem Satz verschränkt. Der Satz beginnt im schwermütigen Duktus eines 'Grave ed appassionato' und in der weit entfernten Tonart cis-Moll. Die fünf Musiker zeichnen ein herrliches Stimmungsbild – getrübt durch ein paar intonatorische Ungenauigkeiten, dem jedoch noch ein Funken mehr sich entwickelnde, packende Intensität von Beginn an gut getan hätte. Diese bauen die fünf für mein Empfinden zu zaghaft auf, so dass der Zauber dieser Passagen sich erst gegen Ende des Satzes vollends entfalten kann. Die Scherzo-Einschübe hingegen kontrastieren die Stimmung und es gelingt dem Ensemble letztlich, den großen Bogen dieses Satzes zu spannen. Das Finale meistern die Musiker souverän und lassen sich durch die vielen rhythmischen Komplikationen nicht beirren. Insbesondere die heiteren Dialoge von Violinen und Bratschen kommen gut zum Tragen. Die aufbrausenden Passagen offenbaren jedoch Ungenauigkeiten in der Intonation, insbesondere merklich in den hohen Streichern.
Fazit: Das New Zealand String Quartet und Maria Lambos legen eine durchwachsene Einspielung der Brahmschen Streichquintette vor. Sowohl Ausleuchtung und Klanggestaltung der Mittelstimmen überzeugt wie auch die Interpretationen der Mittelsätze und ihre akzentuierte Lesart überzeugen – insbesondere des Streichquintett op. 111. Insgesamt kann man sich des Eindrucks jedoch nicht erwehren, dass die Liebe zum Detail (sei es in der tontechnischen Abnahme und Abmischung der Stimmen oder in den intonatorischen Ungenauigkeiten der Musiker) ausbaufähig ist.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Brahms, Johannes: String Quintets op.88 & op.111: New Zealand String Quartet |
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Label: Anzahl Medien: |
Naxos 1 |
Medium:
EAN: |
CD
747313345571 |
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