
Schubert, Franz: Symphony No. 1 & No. 6 - B'Rock Orchestra, René Jacobs
Schubert mit Sprengkraft
Label/Verlag: Pentatone Classics
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Barock trifft auf Romantik: René Jacobs dirigiert die Schubert-Sinfonien Nr. 1 und 6.
Die Schubert-Sinfonien zählen auf dem Gebiet der historisch informierten Aufführungspraxis zu längst erschlossenem Gebiet – und für die traditionelle Orchesterpraxis sowieso. Dass mit vorliegender hybrider SACD mit den Sinfonien Nr. 1 und 6 gleichwohl eine referenzwürdige Aufnahme daherkommt, hat mehrere Gründe. Denn zum einen bewegt sich diese Interpretation von René Jacobs mit dem B'Rock Orchestra auf einem ähnlich hohen Niveau wie die Mozart-Sinfonien mit Jacobs, auch wenn aus labeltechnischen Gründen diesmal also nicht das Freiburger Barockorchester zu hören ist. Zum anderen handelt es sich, wenn nicht alles täuscht, um die erste reine orchestrale Aufnahme von Jacobs im Mehrkanal-Format. Und das ist schon eine Besonderheit. Denn dank des ausgezeichneten Klangbildes fühlt man sich im Surround-Modus mitten in die Musik versetzt, sodass das für Jacobs typische Wirbelflirren der Streicher, der kernig federnde Tuttiklang mit Pauken und Trompeten und die betörenden Holzbläsersoli noch überwältigender daherkommen als sonst. Durch das maximal transparente Klangbild lässt sich so auch im wildesten Tutti vernehmen, wie subtil Jacobs hier die orchestrale Balance ausgestaltet. Wo anderswo die Hörner mit ihren ‚Fülltönen‘ gerne auch mal untergehen oder die Flöten von den Streichern übertönt werden, hört man hier wirklich jede, aber auch jede Klangfarbenmischung heraus.
Spannungsvolle Gewandtheit
Dass Jacobs die Wiener Klassik aus der Perspektive des Barock betrachtet, dabei aber zugleich auf die klangliche Sprengkraft gerade der Schubert-Sinfonien abhebt, ist ein kleiner Glücksfall. Auf diese Weise wirft im Finale der 'Kleinen' C-Dur-Sinfonie schon das Finale der 'Großen' C-Dur-Sinfonie mit seinen Blitzgewittern seine Schatten voraus. Im Andante dieser Sechsten hingegen entfesseln Pauken und Trompeten ein Kriegsgetöse, als wäre es für die Opernbühne gedacht. Insofern prallen hier barocker Gestenreichtum und die fantastischen, grenzüberschreitenden Klangwelten der Romantik aufeinander. Glücklicherweise erweist sich auch das B'Rock Orchestra für Jacobs als kongenialer Partner. Es würde ewig dauern, all die subtilen Details aufzuzählen, die hier bei Schubert zu hören sind. Alleine der leicht verzögerte Übergang zur Reprise im Kopfsatz der Ersten Sinfonie in den Flöten klingt zum Einrahmen schön. Wer hören möchte, wie sehr ein Gegenrhythmus beim frühen Schubert nach Swing klingen kann, sollte auf die Nebenstimmen im zweiten Thema des Kopfsatzes achten. Und wo das Hauptthema im ersten Satz der Sechsten aufgrund seiner häufigen Wiederholungen Gefahr läuft, banal zu klingen, vermeidet Jacobs dies hier gekonnt, indem er den Variantenreichtum jener Wiederholungen zum Vorschein bringt. Der Auftakt zu diesem Schubert-Zyklus ist also mehr als gelungen. Bleibt nur zu hoffen, dass die weiteren Teile bald folgen.
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Schubert, Franz: Symphony No. 1 & No. 6: B'Rock Orchestra, René Jacobs |
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Label: Anzahl Medien: |
Pentatone Classics 1 |
Medium:
EAN: |
CD SACD
827949070761 |
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Schubert, Franz |
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