
Bartok, Béla: Complete String Quartets - Arcadia Quartet
Explosiv, dissonant, introvertiert
Label/Verlag: Chandos
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Das Arcadia-Quartett hat Béla Bartóks Streichquartette eingespielt. Frühere Aufnahmen des Ensembles weckten hohe Erwartungen.
Bartóks Streichquartette gehören zu den Spitzenwerken der Gattung im 20. Jahrhundert. Das Arcadia-Quartett legt jetzt eine Gesamtinterpretation des staunenerregenden Korpus vor. Nach der vibrierenden, intensiven Einspielung von Leoš Janáčeks Werken jenes Genres, die die Formation vor einiger Zeit herausbrachte, dürfte der Neuerscheinung Aufmerksamkeit sicher sein.
Blieb jene Aufnahme mit dem Duktus der Entfesseltheit in Erinnerung, werden nun bei Bartók – neben allem Explosiven, Dissonanten dieser Werke – durchaus auch introvertiertere Töne hörbar. Fesselnd sind gerade die langsamen Sätze, die hier mit hoher Innenspannung und klanglicher Dichte vergegenwärtigt werden. Geradezu anderweltlich ruhen im zweiten Satz des fünften Quartetts die nur langsam wechselnden Akkorde unter dem unruhig flackernden, an Vogelgesang erinnernden Solo der ersten Geige. Frappant ist der Vergleich mit der Einspielung des Takács-Quartetts, das die akkordischen Parts bis fast zur Unhörbarkeit in den Hintergrund treten lässt. Das Arcadia-Quartett hört demgegenüber einlässlich und ohne Scheu vor Schönklang aus.
Zerbrechlicher Kern
Dem kommt, aufs Ganze gesehen, die Funktion des Kontrastes zu jenen Passagen zu, in denen dem Hörer Musik in Splittern um die Ohren zu fliegen scheint. Indessen zeigt sich auch in diesen die Suche nach der Intensität der Klanglichkeit und nach der Tiefe des emotionalen Gehalts als eine Eigenart dieser Interpretation. Erhellend wiederum der Vergleich mit dem Takács-Quartett: Klingen dort Sätze wie der zweite des zweiten Streichquartetts oder die Ecksätze des vierten hämmernd, stampfend, fast maschinell, so kommen sie beim Arcadia-Quartett vielleicht nicht weniger energisch, wohl aber biegsamer, elastischer daher. Der architektonische Bogen ist weniger straff gespannt, und in der relativen Lockerung offenbaren selbst diese so schroffen Stücke für Momente einen zerbrechlichen lyrischen Kern.
Der Interpretation des Arcadia-Quartetts steht in dem Beiheft dieser Produktion ein detaillierter, gehaltvoller Kommentar von Paul Griffiths zur Seite, der, ebenso wie die Biographie des Quartetts und dessen eigener kurzer Kommentar zu dieser Einspielung, in drei Sprachen (Englisch, Französisch, Deutsch) geboten wird. Das darf man getrost als vorbildlich bezeichnen. Schade, dass das Klangbild der Aufnahme nicht ganz befriedigen kann, da es im Großen und Ganzen etwas zu nüchtern wirkt und die Körperlichkeit des Klangs sich nicht voll entfalten lässt. Hörenswert ist die facetten- und kontrastreiche Einspielung dennoch allemal.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Bartok, Béla: Complete String Quartets: Arcadia Quartet |
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Label: Anzahl Medien: |
Chandos 2 |
Medium:
EAN: |
CD
095115199220 |
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Bartók, Béla |
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Chandos Chandos Records was founded in 1979 by Brian Couzens and quickly established itself as one of the world's leading classical labels. Prior to forming the label, Brian Couzens, along with his son Ralph, worked for 8 years running a mobile recording unit recording for major labels (including RCA, Polydor, CFP, etc.) with many of the world's leading artists.
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