
Britten, Benjamin: Death in Venice - Teatro Real Chorus and Orchestra, Alejo Perez
Muerte en Venecia
Label/Verlag: Naxos
Detailinformationen zum besprochenen Titel
Willy Decker zeigte Brittens 'Death in Venice' 2014 im Teatro Real.
Unerbittlich zerteilt der Horizont die Bühne in ein Dies- und in ein Jenseits. Eine schwarze Rampe, die vom Schatten eines Gondoliere über eine düster spiegelnde Wasserfläche gesteuert wird, ist venezianische Gondel, Sarg und Todesbarke zugleich. In Willy Deckers Inszenierung von Benjamin Brittens Oper 'Death in Venice', die das Madrider Opernhaus 'Teatro Real' 2014 aus Barcelona übernahm, werden weder Canaletto noch die bekannten Postkartenmotive der Lagunenstadt beschworen. Stattdessen wird der Tod des alternden Schriftstellers Gustav von Aschenbach, der in Venedig der Ausstrahlung des jungen Tadzio erliegt und sich auch dann nicht von ihm losreißen kann, als die Cholera die Stadt fest im Griff hält, von Anfang ins Bild gesetzt.
In Thomas Manns Novelle 'Der Tod in Venedig' und Brittens musiktheatralischer Adaption beobachtet von Aschenbach den Sohn einer polnischen Familie immer nur aus der Ferne. Bei Decker hingegen findet eine konkrete Begegnung statt, selbst wenn sie sich nur im Fiebertraum ereignet. Dass sich in Szene 13 ('The Dream') eine Horde nackter Männer auf von Aschenbach stürzt wie Geier auf ein verendetes Aas, ist wohl als Ausdruck des dionysischen Rauschs zu verstehen, der den Schriftsteller überwältigt. Es ist der Punkt, ab dem die Hauptfigur, die bislang ausschließlich apollinischen Ordnungsprinzipien gehuldigt hatte, ihre ‚Tragödie einer Entwürdigung‘ (Thomas Mann) nicht mehr aufhalten kann.
Gereifte Schönheit
Alejo Pérez beleuchtet die langsam dahinfließende Musik mit ihren feinen Nuancen, ihren flirrenden Streicherklängen, ihrer schwülen Trägheit und fiebrigen Zweideutigkeit mit großer Liebe zum Detail. Der argentinische Experte für Kompositionen des 20. Jahrhunderts sieht die Partitur nicht nur als Spiegelung des unterschwelligen Seelenlebens der Hauptfigur. Er legt auch die ganze sinnliche Schönheit frei, die das Spätwerk Brittens auszeichnet. John Daszak macht von Aschenbachs zunehmenden psychischen und physischen Verfall genauso glaubhaft wie seine Schwärmerei. Im Vergleich mit der Einspielung von 1974 erreicht Daszak nicht die makellose Diktion und Textverständlichkeit, die Brittens Lebensgefährten Peter Pears in der Rolle auszeichnete. Dafür entfaltet er während der ersten Szene, in der von Aschenbachs nachlassende schöpferische Kräfte musikalisch fassbar werden, lyrische Schönheit. Das ariose 'Does beauty lead to wisdom, Phaedrus?' macht er zum berührenden Angelpunkt der Oper. Von der spanischen Presse wurde Leigh Melrose in den verschiedenen Bariton-Rollen der Oper kritisiert, weil er seine Charaktere überzeichnet hätte. In der Tat sind seine Portraits zugespitzt und geraten in ihrer scharfen Diktion streckenweise geradezu bedrohlich. Doch das passt zu einem Konzept, in dem letztlich sämtliche Figuren – allen voran die von Tomasz Borczyk verkörperte stumme Rolle des Tadzio – Verkörperungen des Todes sind.
Interpretation: Klangqualität: Repertoirewert: Booklet: Features: Regie: |
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Detail-Informationen zum vorliegenden Titel:
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Britten, Benjamin: Death in Venice: Teatro Real Chorus and Orchestra, Alejo Perez |
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Label: Anzahl Medien: |
Naxos 1 |
Medium:
EAN: |
DVD
747313557752 |
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Britten, Benjamin |
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